Plattenspieler

Thorens TD124 erste Version
komplett mit gebrauchtem Ortofon-System auf Ortofon-Arm

verkauft 2013 für 698€

Revision:

  • Nach Bedarf und Möglichkeit
  • Montage eines Wunsch-Systems möglich

Eigenschaften:

  • Laufwerk aus Druckguß
  • Ortofon-Tonarm mit Wechsel-Headshell, Tonarmlift
  • gebrauchtes Ortofon-System
  • Zweiteiliger Plattenteller
  • Gummi-gelagertes Subchassis
  • Riemen- und Reibrad-Antrieb mit Netz-Synchron-Motor.
  • Geschwindigkeits-Umschaltung 16/33/45/78 rpm
  • originale Holz-Zarge
  • teilrevidiert, Lager, Motor und Arm o.k.

Plattenspieler mal anders

Angeschleppt hat mir das Gerät ein Kunde, der ihn zusammen mit seinem Micro-Seiki DQX 1000 repariert haben wollte. Nebenbei hat er noch einen Yamaha A700-Vollverstärker und einen noch älteren, MELF-bestückten Sony-Receiver dabei gehabt. Mit dem Micro-Seiki war ich relativ schnell fertig, der hatte schlußendlich nur schwer auffindbare Kabelbrüche zwischen Motor und Steuereinheit. Dem A700 und dem Sony konnte man den Aufwand regelrecht anmerken, der Thorens sah leichter zu handhaben aus - auf den ersten Blick jedenfalls.

Bei der Prüfung des Plattenspielers fiel sofort auf:
das Tellerlager hing.
Schwergängig ist untertrieben, es hatte sich regelrecht "gefressen". Also mal im Netz recherchiert - ja, die ersten TD124 hatten ein Nylon-Lager und das neigt dazu, sich im Maß zu ändern und zu "klemmen", insbesondere, wenn es mal falsch behandelt wurde, z.B. mit ungeeigneten Schmierstoffen.
Ob daran mit dem falschen Öl gearbeitet wurde oder nicht, konnte ich nicht nachvollziehen. Den Schaft und die Hülse habe ich versucht zu reinigen und zu polieren, irgendwann drehte das Lager auch wieder leichter - doch nach einer Weile Probelauf und etwas Erwärmung klemmte es wieder, es ging nur im Kaltzustand gut. Hier geht es ganz offensichtlich um Hundertstel Millimeter, aber weder an dem Nylon noch an der gehärteten Achse ließ sich mit meinen Mitteln genügend Material schonend und gleichmäßig genug abtragen, davon habe ich die Finger gelassen und erst mal aufgegeben. Inzwischen wusste ich, dass dieses Gerät komplett revidiert in der Schweiz in einer Preislage von um die 5000€ angeboten wird, dass es einen Freundeskreis besitzt, dass alle möglichen Metall- und Gummiteile dafür gehandelt werden, Zargen gebaut, dass Motor-Umbau-Sätze existieren und auch originale Sinterlager und Nachbau-Edelstahl-Lager erhältlich sind.
Ein eigener Neu-Aufbau ohne geänderte Zarge, aber unter Einsatz aller benötigten Gummi-Teile und eines neuen Teller-Lagers hätte jetzt erst mal eine Material-Investition von einigen hundert Euro erfordert, wollte man im Stil meiner Verstärker-Revisionen alles wesentliche wieder top-fit haben - so hat sich mir das dargestellt.

Druckguß-Chassis "aus dem Vollen geschnitzt"

Auch die beiden verbliebenen Geräte warteten nun zusammen mit dem TD124 lange Zeit auf eine Lösung, dann nahm ein Freund den Plattenspieler zu einem Kollegen, einem reinen Plattenspieler-Spezialisten mit. Der wiederum erklärte:
Die grundsätzliche Funktion wieder herstellen kostet vor allem Zeit!

- wir haben dann eine Basis-Revision seinerseits vereinbart, den Eigentümer habe ich durch Revision des A700 und Reparatur des Sony ausgezahlt und den nun mir gehörenden Thorens erst mal gängig machen lassen.

Nylon-Teller-Lager und Motor

Der größte Aufwand lag wie erwartet im Lager, dass hat der Kollege tatsächlich durch Hand-Politur in einigen Stunden(!) Arbeit so weit maßhaltig bekommen, dass es nun nachläuft, wie es für ein gutes TD-124-Tellerlager im Netz beschrieben steht: hat der Teller vorher mit 78rpm gedreht läuft er über eine Minute nach, bei 33rpm sind es nach meiner letzten Messung auch zwischen 45 und 50 Sekunden - und das mit dem vorher klemmenden, jetzt völlig sanft und spielfrei laufenden Nylon-Lager der ersten Generation. Die Meinung des Experten war nämlich:
auf keinen Fall ein neueres Lager, die Nylon-Lager waren die besten...
keine Ahnung, ob diese Meinung einhellig geteilt wird, aber dieses läuft jetzt jedenfalls vorbildlich - im Gegensatz zu seiner ersten Lebensphase ist nach dieser Nacharbeit auch auf Dauer nicht mehr mit Verschlechterung zu rechnen.

Des weiteren hat er sich des Ortofon-Arms angenommen und des am Ansatz gelockerten Headshells, das ist jetzt alles wieder spielfrei, fest und gerade. Den montierten Ortofon-Abnehmer habe ich später selber noch gegen einen fast baugleichen ausgewechselt, der hatte eine unterbrochene Spule.

Kabel, Riemen, Reibrad, die Subchassis-Lager-"Pilze" und die Gummi-Motor-Aufhängungen sind bis jetzt alle noch original. Zu denen hieß es, die seien dem Alter entsprechend sogar in sehr gutem Zustand. Hier kommt es nun meines Erachtens darauf an, ob man das Gerät als möglichst original erhaltenes Sammlerstück betrachtet oder das Machbare (und das ist hier extrem viel) heraus holen will. Diese Entscheidung wollte ich eigentlich noch nicht treffen, solange der Plattenspieler nicht auf Dauer mein eigener werden sollte. Eine Voll-Revision bedeutet erst mal viel Geld in Material zu stecken, ohne zu wissen, ob der Nachbesitzer denn alles auch genau so haben möchte - meist wird so was ja entweder von Sammlern oder von selber draran arbeitenden High-End-Freunden gekauft, mein Exemplar ist recht gut in Schuß und in meinen Augen unverbastelt.

Ebenfalls sehr gut erhalten sei der Motor, meinte mein Experte. Und in dem Zusammenhang fiel mir beim Probe-Hören etwas auf, was ich im Netz zum TD124 auch sofort nachlesen konnte: die Motore, insbesondere die der ersten Generation, übertragen sehr viel Laufgeräusch auf das Subchassis, insbesondere, wenn es sich um ein frühes Gerät der Serie wie dieses handelt, bei dem noch einfache Gummi-Hülsen an den drei Motor-Aufhängungen verwendet wurden (später waren die Aufhängungen länger und mit je zwei Dämpfern versehen).

Also: ja es gibt ein Rumpel-Geräusch vom Motor (schaltet man im Betrieb den Motor ab, ist das Geräusch völlig weg, der restliche Antrieb wie auch das Tellerlager sind "totenstill"), hier zu muß ich allerdings sagen:
"this is by design"

Das Motor-Geräusch kann durch Umbau der Aufhängung (also Abweichung von Sammlerzustand) weitgehend behoben werden, es werden verschiedenste Umbausätze aus unterschiedlichen Materialien angeboten, vermutlich wird der Motor z.B. in Sorbothane-Aufhängungen oder mit anderen Schwingungsdämpfern geschickt umgelagert völlig unhörbar - ist aber halt nicht original...
Der Motor selbst ist meines Erachtens tatsächlich ein gutes Exemplar, bekannt ungünstig ist nur die Aufhängung, die auch geringste Spuren einer Unwucht eher per Resonanz einkoppelt denn weg dämpft.

Die einzigen Punkte, die bei diesem Exemplar wirklich kleine Beschädigungen aufweisen, sind folgende:

  • Der obere Plattenteller - also die Alu-Abdeckung - ist nicht mehr 100%ig plan, zeigt einen minimalen "Schlag"
  • die originale Holz-Zarge hat durch Schrumpfung aufgerissene Leim-Stellen und feine Haar-Risse im Lack
  • das Armboard weist eine Kerbe an der Kante auf, kleine Lack-Kantenschäden gibt es auch am Holz.

Für einen High-End-Einsatz ständen folgende (Verschleiß-)Teile möglicher Weise auf der Austausch-Liste:

  • Tonarm-Board (Tausch oder Überarbeitung)
  • Tonarm (der Ortofon ist gar nicht schlecht, das Niveau des Plattenspielers ist aber vermutlich höher)
  • Alu-Plattenteller(-Auflage) - denn erstens hat der vorhandene einen kleinen "Schlag", den man eventuell auch vorsichtig ausgleichen/wuchten könnte, doch vor allem ist es beim Einsatz einer anderen Arm/System-Kombination insbesondere bei einem MC-Abnehmer ratsam, die Abtast-Ebene etwas zu erhöhen, denn der Unter-Plattenteller ist aus Gußeisen. Sie können sich vorstellen, was passiert, wenn der extrem starke Magnet eines MC-Abnehmers zu nahe an Gußeisen verwendet wird...
  • Die Lagerpilze für das Subchassis - die sind gut für ihr Alter, doch es gibt bessere neue, bzw. auch besseren Ersatz
  • der Antriebsriemen - der vorhandene ist auch schon relativ alt und hart, zudem nicht schön geschliffen - ein hochwertiger neuer Riemen bringt da etwas
  • das Reibrad: wenn Sie da ein Exemplar nicht zu alter Fertigung auftreiben können, was wirklich noch richtig "weich" und ohne alle Risse ist, wäre das auch ein Fortschritt gegen dieses gut erhaltene Exemplar
  • die Motor-Lager - die hatte ich schon oben erwähnt, eine bessere Entkopplung hier verbessert den Rumpel-Abstand, der ist im Originalzustand noch nie überragend gewesen
  • die Verkabelung - je nach Arm und Abnehmer kann man da ja beliebig viel Aufwand treiben, was im Moment montiert ist, funktioniert, ist vermutlich Original - aber ist auch mit jeglichem Marken-Kabel im Ergebnis leicht zu übertreffen

Alles oben erwähnte sollte der Nachbesitzer in seinem Gesamtkonzept in Erwägung ziehen, was dabei heraus kommen soll, kann ich nicht bestimmen.

Was allerdings dabei heraus kommen KANN, zeigt das Gerät schon ohne Eingriffe.

Wie klingt so ein TD124?

einem Rega-, Project,- oder Dual-gewöhnten Hörer (um mal ein paar willkürliche Nennungen zu machen) wird das hier vermittelte Klangbild genauso "anders" vorkommen, wie einem Besitzer eines späteren, Feder-gelagerten Thorens, eines Linn oder gar einem Masse- oder Acryl-Laufwerk-Besitzer. Kennt jemand vielleicht noch einen gut hergerichteten 70er-Jahre Dual, mag die Tendenz schon eher in eine ähnliche Richtung gehen. Noch näher kommt man mit einem originalen (oder umgebauten) Garrad.
An sich aber wäre ein (klanglich) verwandtes Gerät bzw. "die Nummer größer" nur noch ein alter Studio/Profi-Plattenspieler, z.B. ein noch größerer Thorens oder ein EMT aus der gleichen Entstehungszeit - mit denen wird einem dann auch klar, in welcher Liga sich die Konstrukteure hier getummelt haben und woher die Eigenschaften kommen.

Man merkt das z.B. an konstruktiven Merkmalen:
auf Gleichlauf wurde extremer Wert gelegt, insbesondere schnelle Schwankungen werden extrem wirkungsvoll unterdrückt, unter anderem durch die Masse des Guß-Tellers, aber auch z.B. durch das Alu-Zwischenrad das den Riemenantrieb an das Reibrad weiter gibt - es läuft durch das Feld eines Dauermagneten und wird damit einer ständigen, geschwindigkeitsabhängigen Wirbelstrom-Bremsung unterworfen - schnelle Abweichungen in der Laufgeschwindigkeit dämpft so eine Maßnahme weit stärker als die langsame Grund-Bewegung - und das bei wenig bewegter Masse - schlaue Maßnahme, muss ich da schon sagen.

Und so spielt der Thorens auch extrem "stabil", ruhig und druckvoll, ohne jegliche falsche Vibrato-Modulation in Klavier-Anschlägen, wie sie vor allem schlecht eingestellte Drei-Feder-Subchassis machen, ohne Dynamik-Limitationen aus billig konstruierten Plattentellern auf schlechten Tellerlagern, er spielt wie er aussieht: "aus dem Vollen geschnitzt", glaubwürdig, fest, ausgeglichen. Selbst mit seinem gebrauchten Alt-MM drückt er mit Leichtigkeit die unteren Lagen aus den Lautsprechern, dass man sich um das Fundament wundert, zumal ich ihn nur auf einem IKEA-Tisch mit einer etwas Masse-erhöhenden Marmor-Platte darauf betrieben habe.

Derart suboptimal aufgestellt und ausgestattet macht er bereits eine Figur, dass manche hochgelobte Neukonstruktion blass werden muss. Ich wage gar nicht dran zu denken, wie er meinetwegen mit einem passend ausgesuchten 12"-Arm in einer optimierten Neu-Zarge mit einer verbesserten Teller-Auflage nach Überarbeitung sämtlicher Gummi-Teile spielt. Dass man genau diesen Typ auch revidiert für etliche tausend Euro kaufen kann, ich kann es nachvollziehen, denn er macht so schon Spaß. Dieses Gerät als Basis und dazu auch nur einen Bruchteil davon investiert, was ein aktueller, voll ausgebauter LP12 kostet - da sehe ich vom Gesamtergebnis schon wenig Luft für den Schotten, vom Preis-Leistungs-Verhältnis her sieht es dann vollends düster aus (ich habe einen LP12 - und ich bin auch kein Linn-Hasser...)

Wer sich also einen nahezu "naturbelassenen" TD124 der ersten Generation in die Sammlung holen und nur die paar Holzteile überholen will - dieser hier lässt sich gut zum Vorzeige-Original-Objekt machen, er hat ein unverändertes Innenleben, an den lackierten und emmaillierten Metallteilen keinen einzigen Kratzer und mit etwas vorsichtiger Anstrengung bekommt man sogar den (unverkratzten) Alu-Ober-Teller wieder komplett plan (das wollte ich nur nicht unvorsichtig anfassen). Armboard und Zarge beim Schreiner bearbeiten und eventuell neu lackieren lassen und er steht da wie neu - die alten Gummi-Teile sind für ein "Original-Exemplar" bestmöglich in Schuß.

Doch auch für den Hobby-Feinmechaniker und Musik-Liebhaber, der aus ihm etwas neues machen will: die robuste Mechanik ist in allen Bestandteilen komplett, die Lager alle fit, einzig die "Weichteile" funktionieren nach einem Wechsel verständlicher Weise besser. Dem Bastler würde ich empfehlen, den originalen Alu-Teller außer Betrieb zu nehmen und einen zum eigenen Konzept passenden Ersatz einzusetzen, Zarge, Armboard, Arm - sind alles Ansatzpunkte, an denen man auf dieser Basis noch Qualität hinzu fügen kann.

Für beide Arten von Interessenten wird es vermutlich nicht mehr so häufig die Gelegenheit geben, ein Basis-Chassis im beschriebenen Zustand zu bekommen, was so gut oder gar besser erhalten ist, wird seltener und seltener.

Mein Einsatz an Zeit- und Material für das Gerät war die Erstbearbeitung, ein Tag Revision an einem Yamaha A700 mit einem kompletten Satz neuen Elkos, dazu die Reparatur des Sony-Receivers (auch ein halber Tag) mit Speicher-Akku und einigem mehr, der Rest lief über ein Dreiecks-Tauschgeschäft. Dafür habe ich auf eine Revisions- und Reparatur-Rechnung von einigen Hundert Euro verzichtet, daher muß der Plattenspieler den hier geforderten Preis einspielen - den ist er aber locker wert, wenn ich mir die (steigenden) TD124-Handelspreise so ansehe.

noch eine Anmerkung:
Die Berabeitung des Plattenspielers habe ich genau da abbrechen lassen, wo ein optimaler Sammler-Basis-Zustand erreicht war, darüber hinaus wollte ich nicht investieren. Wer beim weiteren Aufbau Hilfe brauchen sollte, dem empfehle ich den Kollegen, der das bereits das Lager derart optimiert hat (Hut ab!) - der kann Ihnen so ziemlich jeden weiter führenden Wunsch daran erfüllen, denn er hat die Erfahrung von einigen 124ern, hat Zugriff auf feinmechanische Mess- und Fertigungs-Mittel, von denen ich nur träume - wenden Sie sich einfach an den Lauschgoldengel.