Fachmesse für Audio

Händlertag 18.5.2017

Ein paar waren wieder dabei...

Nachdem der letztjährige Ausflug unter dem Strich interessanter als vorher vermutet war und man auch mal Luftveränderung braucht, haben sich auch dieses Jahr wieder ein paar Teilnehmer zur Fahrt in den Süden versammelt - vor allem aus dem Kreis rund um Audiovideum.

Noch entspannter hätte man die Sache angehen können, wäre es nicht recht warm und drückend gewesen und nicht eine leichte Tendenz zu Durst und Kopfschmerz mit gefahren. Wobei ich mir dieses Jahr absolut nichts fest vorgenommen hatte, als Augen und Ohren offen zu halten, vielleicht mal den "Lampizator" zu treffen, der zwischenzeitlich von einem meiner Kunden eine sehr gute Kritik bekommen hatte und meinetwegen den Bryston-Stand zu finden, um irgendwie eine Einschätzung zu gewinnen. Doch weder beim Lampizator hat sich was ergeben (der war immer im Gespräch oder weg), noch hatte ich z.B. Lust auf Symphonic Line bei Föhn.

Sugden

Über deren Stand bin ich als erstes wirklich ernsthaft "gestolpert", da stand dein offener A21SE, der gleich meinen Blick gefangen nahm. Es waren auch kundige Mitarbeiter anwesend und ich konnte ein wenig von meinem letzten Kunden-Auftrags-Gerät schwärmen. Denn nur ein paar Wochen zuvor hatte ich einen A21a in der Werkstatt, der das komplette Programm zur Verschleiß-Beseitigung bekommen hatte - der war im Probelauf wirklich allererste Sahne gewesen. Und gerade am Vortag hatte ich in eine Veröffentlichung von Linsley Hood aus der "Wireless World" 1969 hinein gelesen, die mir ein Kollege aus Berlin als weiterführende PDF-Datei mitgebracht hatte, enthalten auch etliche Folge-Projekte. Da war mir recht klar geworden, auf welchen Forschungen das Sugden-Class-A-Design ursprünglich beruht hatte. Der Probelauf des A21a hatte mir mal wieder klar gemacht, warum man bei diesem Konzept geblieben war, trotzdem es verschwenderisch und völlig unsymmetrisch ist. Es kamen am Stand auch noch andere Punkte zur Debatte: trotz großer Hitze am Kühlkörper halten diese Geräte oft Jahrzehnte ohne jeden Eingriff durch. Das eine wie das andere sind Ergebnis einer gewissen Einfachheit und Geradlinigkeit in Schaltung und Aufbau. Und was mir mit dem aktuellen Gerät ins Auge stach:

Die Verarbeitung ist klar besser geworden, kleine Schwachpunkte wie die waagrechten Kühlrippen des A21a sind beseitigt, die Gehäuse-Qualität wirkt um Welten besser aus als früher - wobei ich mir die Bemerkung nicht verkneifen konnte, dass das auf Fotos nicht so gut ankommt, wie am echten Gerät. Dicke Alu-Fronten gibt es inzwischen an jedem China-Böller, wenn man also nur eine Abbildung des neuen A21SE sieht, beschleicht einen leicht der Eindruck, hier könnte es sich um einen ebensolchen "Blender" handeln. Hat man dagegen den Einblick ins echte Gerät und die griffige Haptik vor sich, gewinnt man einen rundum soliden Eindruck.

Wobei erkennbar an der Schaltung kaum geändert wurde, gutes Material, gute Entkopplung der Platinen von den heißen Kühlkörpern, weit logischere Verschraubung als früher, klar reparabel aufgebaut, keine Eintagsfliege, sondern ein nachhaltiges Produkt. Auch der erfragte Preis ist angemessen. Denn was bei diesem Konzept auffällt (so kenne ich es vom Vorgänger), ist die völlige Abwesenheit von hörbaren Endstufen-Verzerrungen - das hat das Gerät mit jeder guten Röhre und vielen Musical-Fidelities gemeinsam. Hier allerdings kommt noch eine Selbstverständlichkeit ins Spiel, die viele Mitbewerber nur schwer erreichen.

Manger

Diese Firma hatte mir seit letztem Jahr keine Ruhe gelassen. Auch dieses Jahr habe ich mich vom Wesen dieser Schallwandler wieder faszinieren lassen - und einmal mehr kam der Wunsch auf, da mal an der Kombination mit entsprechender Wandlung und Verstärkung zu experimentieren. Ein kurzes Gespräch mit der Chefin kam auch zustande - mich hatte interessiert, wie denn eigentlich der Impedanz- und Phasengang dieser Struktur aussieht, also wie mehr oder weniger problematisch sich das Chassis aus Sicht des treibenden Verstärkers verhält. Was ich vermutet hatte, wurde bestätigt: im vorgesehenen Spektrum verhält sich der Wandler weitgehend als reiner Widerstand ohne Phasen-versetzte Blind-Ströme. Zahmer geht es für einen daran angeschlossenen Verstärker eigentlich nicht. Ein Grund mehr, damit mal das Mögliche zu versuchen. Und ich vermute, dass ein solcher Lautsprecher auch ein wesentliches Werkzeug zur Erprobung und Demonstration für mich werden könnte. Frau Manger hat angedeutet, sie könne mir da nach der Messe für ein Einzel-Projekt eventuell sogar eine kleine Hilfestellung anbieten.

Soekris

Das war am Nachmittag mein "Zufallstreffer", eigentlich der Tagesordnungspunkt, für den sich die gesamte Anreise gelohnt hat. In den Stand bin ich nur so rein gestolpert um staunend festzustellen, dass der Untergang der Parallel-Audio-DACs in Form von Industrie-ICs hier vielleicht nicht die erste Gegenwehr hervor bringt, aber dieses Mal eine bezahlbare und sehr sehr ausgefeilte. Ausgestellt waren ein paar unscheinbar kleine Fertig-Geräte, ich durfte mal in einen DAC1541 hinein hören und war von der Sauberkeit schlicht begeistert (und nach dem Kopfhörer muss ich noch mal fragen, der war genauso überzeugend). Der anwesende Entwickler war äußerst kompetent, umgehend waren wir bei der Motivation für derartige Entwicklung - das Aussterben sämtlicher R2R-DACs in integrierter Form. Als ich ansprach, dass ich PCM1704 bunkere, kam gleich ein Hinweis auf die Datenblatt-Darstellung der Kleinsignalfähigkeiten :-)

Überragend ist, dass dieser Hersteller auch eine OEM- und eine DIY-Platine ohne Gehäuse anbietet und dazu sogar umfassend Information und Quellen zur Verfügung stellt, um nahezu jede denkbare Variante der Digital- und Analog-Filterung zu verwirklichen (oder weg zu lassen).

Mein ganz persönlicher "HighEnd-Award" geht an Soekris, so bald wie möglich werde ich mir mindestens ein Board kommen lassen.

Bryston

wie ich immer wieder von verschiedenen Kunden gehört hatte, sind diese Kanadier irgendwie anders, exorbitant lange Garantie aus Überzeugung und weil es sowieso kaum Ausfälle gibt. Vor allem wurden mir die Verstärker als extrem musikalisch beschrieben - doch bei mir war nie einer zur Reparatur, ich hatte auch sonst nie eine Test-Gelegenheit.

Und dann bemerkte am Telefon ein etwas tiefer eingestiegener Kunde, dass bei Bryston auch keine Scheu herrsche, sämtliche Schaltungsunterlagen frei zur Verfügung zu stellen. Nachgesehen, stimmt, noch ein dickes Plus. Und Anlass, mal in den Schaltungen zu schmökern. Und da fällt etwas sehr ungewöhnliches auf, die Leistungsstufen sind nämlich nicht wie sonst immer entweder als Emitter- oder Kollektorfolger ausgeführt, die Frage "Darlington oder Sziklay" wird hier mit "Ja" beantwortet, man macht einfach beides. In beiden Halbwellen-Zweigen arbeitet der Treiber sowohl auf einen NPN-, als auch auf einen PNP-Leistungs-Transistor. Das hat vor vielen Jahren Bryston damit begründet, dass dabei ein sogenannter "Super-Transistor" mit optimaler Linearität entstünde. Mag sein, doch ich war sofort von einem ganz anderen hörbaren Zusammenhang überzeugt, der bei der Untersuchung von Detail-Schwächen der Endstufe meines Symphonic-Line-RG10 in den Fokus gerückt war:

lokal gegengekoppelte Emitterfolger-Leistungs-Transistoren wie beim RG10 machen prinzipiell kaum vollständig zu unterdrückende Artefakte im Lautsprecherkreis, weil sie gerade bei komplexer Last im Übernahmepunkt interne verzerrende Schwingneigung aufweisen, durch die sie zeitweise auch "taub" gegen jede Korrektur per Über-alles Gegenkopplung werden. Allerdings haben sie auch die besten "Führungsqualitäten", wo Dämpfungsfaktor gefordert wird. Kollektor-Folger dagegen verzerren im Lautsprecher-Kreis kaum intermodulierend, höchstens harmonisch (siehe z.B. Sugden und Musical Fidelity) - nur haben sie recht fordernde Lautsprecher wiederum nur unzureichend im Griff.
Wenn man jetzt beide Varianten kombiniert, bekommt man erst mal die Griffigkeit des Emitterfolgers samt seiner Effekte - die in Standard-Schaltungen besonders deshalb harsch auffallen können, weil während ihres Auftretens das Gerät auf keinem Weg korrigieren kann. Ist nun aber wie hier ein leistungsstarker Kollektor-Folger parallel geschaltet, dann wird dieser durch lokale Gegenkopplungs-Effekte seines Partners nicht mit blockiert, kann den Korrekturen der Gegenkopplungsschleife während der Selbst-Beschäftigung seines Mitstreiters weiter folgen und die Scharten auswetzen, also den korrekten Signal-Verlauf an der Blockade vorbei losten und diese dabei auch schneller zum Abklingen bringen.

Ob dieser gedankliche Ansatz so nachzuvollziehen sein würde, da war ich sehr gespannt, würde eine aktuelle Bryston-Endstufe eher einen Verzerrungs-Eindruck wie ein Emitterfolger-Transistor oder eine Anoden-gekoppelte Röhre hinterlassen?

Nun war der Vorführ-Raum ein wenig klein für die verwendeten Boxen, diese waren zudem sehr Höhen-betont abgestimmt. Weiterhin fällt mir natürlich jeder Delta-Sigma-Digitalwandler aus Gewohnheit schon mal negativ auf - auch hier hätte ich getippt, einen DAC mit Flaggschiff-ICs aus aktueller Fertigung zu hören. Immerhin kann man es nicht Bryston zuschreiben, wenn man keine guten Wandler-Chips mehr bekommt, dafür ist eher das Management z.B. von Philips und Texas Instruments verantwortlich. All diese Vorführ-Bedingungen abgezogen muss ich aber bestätigen: die Bryston-Endstufen-Schaltung kombiniert die Vorteile, nicht die Schwächen ihrer beiden Grundschaltungen. Sehr packend einerseits, blitzsauber, durchaus "warm" ohne nervig-falsche Glanzlichter. Und überhaupt ist es interessant, dass man die klanglichen Probleme des DAC-ICs damit so eindeutig heraus hören konnte, mit schlechten Verstärkern ist so eine präzise Zuweisung nämlich unmöglich. Das Bryston-Endstufen-Prinzip kann ich nur empfehlen und werde da auch selbst weiter dran forschen.

Und auch ein großes Lob für die Bryston-Mannschaft, sehr nett und mit den richtigen Schwerpunkten. Man hatte eine große, amtliche Espresso-Maschine aufgebaut und auf der Tafel dahinter notiert, was man auf dieser Messe nicht mitmachen würde. Alles sehr nach meinem Geschmack! Bei Bryston ist der Tag vollends gut geworden.

Danke!
...nicht nur mir fällt auf, was auf der Highend seit Jahrzehnten dudelt...