Vollverstärker

Sugden A28a

Verkauft Frühjahr 2020 für ~600,- €

Revision:

  • Potentiometer gereinigt/versiegelt, Quellwahlschalter zerlegt/gereinigt/nachgelötet/versiegelt und beide Druckschalter neu
  • alle Elektrolytkondensatoren gegen hervorragende Auswahl der Marken Panasonic, Nichicon, Rubicon und Evox-Rifa (Kemet) ausgetauscht
  • Fehlerbeseitigung an den Endstufen-Modulen, Folgen einer Beschädigung und einer Vor-Reparatur beseitigt 

Eigenschaften:

  • Gehäuse gut erhalten mit ein paar wenigen Gebrauchsspuren - schwarze Front und Deckel lackiert mit blass-golden aufgedrucktem Schriftzug
  • Phono MM/MC auf Phono-Board intern umsteckbar
  • 3 Line Eingänge
  • eine Tape Schleife
  • ca 2x 45W bei ca. 36W Leistungsaufnahme in Ruhe - hoher Class-A-Bereich

Ein typischer Brite?

Gemeinsam mit seinen Mitbewerbern von der Insel haben die Sugden-Produkte oberflächlich betrachtet einige stilistische Merkmale. Die britische Gegenwehr gegen die Anfang der 80er einsetzende industrielle Überschwemmung mit immer minderwertigerer Massenware voller ausufernder Ausstattungsmerkmale hat in kleinen Firmen einfache, durchdachte Geräte hervorgebracht. Es wurden sparsame, ja puristische Konstruktionen geschaffen, die verhältnismäßig lange Entwicklungs- und Erprobungsphasen absolvierten, meist auf der Initiative eines engagierten Chef-Tüftlers aufgebaut und definitiv stets durch Anhören iterativ verbessert (was man nicht von vielen aktuellen Konstruktionen vermuten will). Da der britischen Kleinindustrie keine komplexen Fertigungsmöglichkeiten oder Materialien zur Verfügung standen bzw. für kleine Stückzahlen kaum anwendbar oder rentabel waren, war eine handwerkliche Fertigung aus hochwertigen Standard-Teilen eine genauso logische Folge, wie ein schlichtes Design, einfache Bedienung und auf lange Sicht gute Reparatur-Möglichkeit.

In jedem dieser Punkte kann man Sugden als nahezu archetypisch bezeichnen, auch was die Eigenwilligkeit seiner Konstruktion angeht, steht er anderen Briten nicht nach.
Doch dieser britische Eigensinn unterscheidet den Aufbau auch von radikal von jedem anderen, frei nach Monty Python:
Brian: "Ihr seid alle völlig verschieden..." Volk: "Wir sind alle völlig verschieden!" Einzelner: "Ich nicht!" Volk: "PSCHssssst!".

Äußerlich also alles wie bei anderen Briten. Innerlich ist nur die Ungewöhnlichkeit an sich typisch, sonst nichts.

Die Technik

Nun gehört Sugden im bitischen Hifi-Boom keineswegs zu den "Newcomern", zählt wohl eher zu den traditionellen Familienbetrieben. Und man ist konservativ in Bezug auf einmal selbst entwickelte und positiv erprobte Schaltungsentwürfe. Ein solches war bei Sugden das Konzept der ersten Class-A Voll- und Endverstärker. Eine einzelne Stromversorgung, Lautsprecher-Koppel-Kondensator, hoher Arbeitspunkt, völlig asymmetrische Grundschaltung.

Auffällig ist in den Sugden-Endstufen allgemein schon mal, dass mehrere Stufen nacheinander folgen, die ganz schlicht und simpel, ohne komplexe Verschaltung mehrerer aktiver Verstärker-Elemente und - pfui Teufel - mit Elkos kapazitiv gekoppelt einfach nur vorwärts verstärken - Einfachst-(Emitter-)Grundschaltung, weder DC-tauglich, noch mit gigantischem Bandbreite-Verstärkungs-Produkt. Und natürlich auch ohne jede Neigung zur Instabilität.
So sieht es in den Eingangsstufen des Leistungs-Moduls aus, so wird es bis zur Lautsprecher-Klemme fortgesetzt - schlichte Emitterschaltung, wobei der "Lastwiderstand der Leistungs-Stufe dann etwas mehr "tricky" ausgelegt ist, so wird in der Class-A-Endstufe des A21a als Partner des Quasi-Eintopf-Entransistors eine Konstant-Stromquelle mit nochmals dem gleichen Transistor-Typ verwendet (so was verhält sich unter dem Stich geradezu wie der Lautsprecher-Übertrager im "Dampfradio").
Unter anderem beim A28b ist man dagegen auf einen Komplementär-Transistor umgestiegen und hat hier erst im Lastbereich des Signalpfads eine einigermaßen symmetrische Schaltung verwendet. Die letzten Stufen besitzen dann auch eine Schleifen-Gegenkopplung, eine Ruhestrom-Einstellung und einen Symmetrie-Abgleich.

Eine doppelte Betriebsspannung jedoch mit einer Gleichstrom-Kopplung des Lautsprechers - so weit ging die Liebe nicht, hier wird weiter eingleisig gefahren und lieber klassisch über einen großen Elko ausgekoppelt.
...hat ja auch Vorteile, beispielsweise wird es hier auch im Defektfall garantiert keine zerstörerischen DC-Angriffe auf die Basstöner-Schwingspulen geben.

Und so erinnert der Aufbau irgendwie an die Schritt- für-Schritt-Signalbearbeitung in Braun CSV13 Röhrenverstärkern oder ähnlichen, historischen Konstruktionen, vom gekonnt-kompakt angelegten Phono-Board bis zur Ausgangs-Polklemme geht alles schön eines nach dem anderen.
Erstaunlich ist nun allerdings das Ergebnis, was z.B. die Schnellprüfung per Rechteck-Wiedergabe betrifft, da offenbart sich entgegen jeder hämisch-bösen Erwartung am Oszilloskop eine perfekte Signal-Übertragung. An der CD-Buchse eingespeist, sieht alles exakt aus wie es soll, nicht die geringsten Schwächen erkennbar, keine Überschwinger, keine Asymmetrie oder irgendwelche Anstiegs-Probleme, zwar keine unlimitierte Bandbreite, aber eben bis in den Übersteuerungs-Bereich hinein so gut man es sich nur wünschen kann.

Auf so ein Verhalten am Signalgenerator war ich nach Begutachtung der Schaltung nicht unbedingt gefasst. Und hier zeigt sich meines Erachtens auch, wie lange an den Sugden-Verstärkern über etliche Entwicklungs-Generationen hin am immer gleichen Grundprinzip gefeilt wurde. Ich gehe davon aus, dass die Einzel-Verzerrungen der einzelnen Stufen sich hier auch ohne aktive Korrektur (=Gegenkopplung) derart ausgewogen gegenseitig aufheben, dass unter dem Stich auch ohne die dynamischen Probleme langer, kräftiger Gegenkopplungs-Schleifen eine mustergültige Linearität ergibt.

Und die wird dann auch in der Leistungsstufe der AB-Version nicht billig preis gegeben, der A28b arbeitet mit immerhin 300mA Ruhestrom, an 8 Ohm genug für ca. ein Drittel Watt reinen A-Betrieb. An meinen "BEAT" -Lautsprechern erzeugt der A28b also immerhin bereits klar über 85dB, bevor jeweils unauffällig der gerade nicht benötigte Strompfad abschaltet.
Man zahlt das allerdings auch mit der Stromrechnung, jeder Kanal setzt in Ruhe bereits 18W elektrische Leistung in Wärme um.

Den für große Lautsprecher- Koppelkondensatoren typischen Einschalt-Blopp gibt es übrigens beim Sugden nicht, die Schutzschaltung vertauscht für die erste Zeit nach dem Einschalten nämlich den Lautsprecher per Relais mit einem Entlade-Widerstand, der an Stelle des Schallwandlers die Energie des Ausgleichsvorgangs aufnehmen muss.

Was es am A28b zu tun gab

Erreicht hat mich das Gerät durch eine Tausch-Aktion - ein paar Reparatürchen und Hilfestellungen gegen ein defektes Gebraucht-Gerät. Ganz hinüber war er eigentlich nicht, aber er hatte ein typisches (angeborenes) und ein atypisches (erworbenes) Problem:

  • der Eingangs-Wahlschalter zeigte die üblichen Aussetzer und
  • die linke Endstufe hatte mal unter einer doppelten Versuch-und-Irrtum-Behandlung gelitten, erst hat nämlich der Eigentümer ganz offensichtlich die Lautsprecher-Anschlüsse im Betrieb kurz geschlossen und dann hat das jemand repariert, der nicht so recht wusste, wie man so was zu einem guten Ende bringt.

Und da das Gerät einerseits bereits das passende Alter für eine Revision hatte, ich andererseits auf das machbare Optimum gespannt war und auch noch einen passenden CD-Spieler da hatte, hat das Gerät das übliche Programm mit ein paar Anpassungen bekommen. Für den Wechsel aller Elektrolyt-Kondensatoren war die Auswahl nicht ganz einfach, es kamen hier gezielt vier verschiedene Hersteller (Panasonic, Nichicon, Rubicon, Kemet/Rifa) zum Einsatz. Raus mussten auch minderwertige Einstell-Trimmer und angebrutzelte  Emitterwiderstände.

Für den Einbau neuer Panasonic HA 100V Lade-Elkos im Netzteil mussten ein paar kleine Bauteile dem größeren Durchmesser weichen und auf die Unterseite der Platine wandern. Alle Kondensatoren sind bei der Bearbeitung möglichst langlebigen und erprobten, Audio-tauglichen Typen gewichen - die jetzt auch durchgehend mindestens 105°C ertragen können.

Und der Quellwahlschalter wurde ausgebaut, zerlegt, mit Pappstreifen vorsichtig im Detail poliert, an den Anschluss-Pins nachgelötet, im Ultraschall-Bad vollends gereinigt und von Politur-Resten befreit, um schließlich mit einem Cramolin "Schutz"-Öl-Überzug wieder in Position zu gehen. Weniger Glück hatten die beiden Druck-Schalter, deren Qualität war zu schlecht, so dass ihre Versilberung schon bei vorsichtiger Behandlung teilweise verschwand. Sie wurden durch leicht modifizierte  "Schadow"-Druckschalter (Umbau auf individuelle Rastung) aus einem NOS-Tasten-Aggregat ersetzt, hier ist nun wieder eine intakte, glänzende Silber-Kontakt-Schicht im Einsatz.

Die Phono- Platine und das Basis-Board erhielten genauso einen neuen Satz Elkos, wie die Leistungs-Stufen, bei denen wurde zudem der Ruhestrom und die Symmetrie mit den neuen Bourns-Trimmern neu eingestellt. Die Vorstufen-Versorgung und die Lautsprecher-Ankopplung haben übrigens extra langlebige und hochwertige Evox-Rifa-Elkos übernommen (inzwischen "Kemet"), deren geringer Innenwiderstand einen guten Teil zur neuen "Festigkeit" des Klangbildes beitragen.

Klang

Wo ich schon am Messplatz Eskapaden erwartet hätte, die ausblieben, bin ich in den ersten Hörtest ebenfalls zu voreingenommen gegangen - den A21a hatte ich bereits als einen wunderbaren Feinzeichner kennen gelernt, doch stellte ich mir im A28b eben eher ein paar Nachteile kombiniert vor: geringeren Ruhestrom und ein ungünstigeres "Leistungs-Gewicht"  - dass also bei größeren Verzerrungen auch noch das "Drehmoment" leiden würde, weil aus einem nahezu identisch großen Netzteil hier ca. die vierfache Maximal-Leistung gezogen wird.

Muss ich zurück nehmen. Mag sein, dass der A28b in Sachen "sich strahlend absetzende Klarheit" ein Tüpfelchen seines viel heißeren Geschwisters missen lässt, aber "lahm" kann man sein Verhalten jedenfalls nicht nennen. An meinen Lautsprechern und nach meinem Empfinden wird ein Exposure X nur nach Punkten Sieger, wobei die unterschiedliche Gewichtung der beiden einen umfassenden Vergleich gar nicht zulässt. Kraft haben beide, der Exposure setzt dabei mehr auf den "Kick", der Sugden mehr auf die "gegenständliche Malerei", beide eröffnen viel Raum, der eine baut das auf seine Agilität auf, der andere auf seine Ehrlichkeit. Denn was den Sugden auszeichnet ist, dass er Unterschlagung hasst. Mag er innerhalb seines Budgets keine Bäume ausreißen können, gut. Aber man merkt ihm jederzeit an, welchen Wert er darauf legt, einem das anvertraute Klang-Geschehen vollständig zu vermitteln. Und damit lädt er zum Entdecken ein, das macht großen Spaß.
Würden Sie mich fragen, welcher mir bekannte Transistor-Verstärker meinem Idealbild eines Röhrengeräts am nächsten kommt, die Sugdens wären neben den Musical Fidelity A-Typen mit von der Partie:
der schwächere A21a als ein idealer Ersatz für "single-ended-Trioden-Verstärker", der A28b im Tausch für Push-Pull-Endstufen mit mächtigeren Pentoden.
Die Schaltung zeigt Gedankengänge aus der Röhrentechnik, die Umsetzung klingt nach Röhrentechnik - die Vor- und Nachteile der Bestückung mit bipolaren Transistoren täuschen darüber nicht hinweg, ich finde sogar, man hat hier für sein Geld überwiegend das Beste aus beiden Welten.