Vollverstärker

Symphonic Line RG3 MK3 ca. 1994

2014 verkauft für 2619,-€
mit zusätzlichen Netzteil-Elektrolyt-Kondensatoren (wie RG10),
komplett poliert und mit Schutz-Klarlack versehen.

Revision:

  • Erneuerung aller kleinen Elektrolytkondensatoren
  • neue Relais
  • Reinigung
  • Modifikation Vorstufen-Netzteil

Eigenschaften:

  • Vorstufen-Platine wie RG2, Endstufen-Platine wie RG11
  • isolierte WBT Lautsprecher-Buchsen
  • Original Symhonic Line Ladeelkos 4x16.000µF 63V 105°C
  • 8x 40MHz(PNP)/50MHz(NPN) Sanken-Endtransistoren
  • aufwändige Innenverkabelung
  • Phono MM/MC, hinten schaltbar - doppelte Cinch-Buchsen für Eingang und Anpassungs-Stecker
  • drei Line-Eingänge
  • eine Tape-Schleife
  • Vorstufen-Ausgang
  • Kopfhörer-Anschluß (vorn)
  • Netztrafo Ringkern, MU-Metall-gekapselt

ungeheuer schwer zu fotografieren... das Gehäuse ist zwar nicht frisch poliert, doch ansonsten in gutem Zustand

Was geht in Deutschland...

Die Aussagen von Rolf Gemein und Erwin Walter gehen da in die gleiche Richtung, wenn man das Thema Vollverstärker anschneidet:

Deutschland ist für Billig-Produktionen kein geeigneter Ursprungsort. Hat man sich zudem Maßstäbe und Anforderungen für so ein Gerät erarbeitet, dann ist das Ergebnis so etwas wie der RG9 - kein Sonderangebot, sondern die Erfüllung des Mindest-Standards seines Schöpfers. Gut, man hat nach einiger Erfahrung noch eine abgespeckte Version, den RG14, nach geschoben. Doch der RG9 war, als er in einer Zeit der handgebauten Briten-Amps Anfang der 90er Jahre auf den Markt kam, eine lange ausgebrütete Idee, wie man denn seine Vor-Endstufen-Erfahrung kompakt oberhalb all dieser zugegeben gut ausgewogenen Konstruktionen platzieren und für den unvermeidlich hohen, deutschen Preis einen ähnlichen Gegenwert bieten könnte.
Die erste Fassung bestand dann auch aus einem "Aranya"-beschichteten, ungewöhnlich massiven und schweren Messing-Gehäuse mit einer neu entwickelten Vorstufen-Platine. Am gleichen Ringkern, der die neue Vorstufe (einzeln auch als RG2 im eigenen Gehäuse zu haben) versorgt, hing dann noch eine Netzteil-Platine mit Brückengleichrichter und einer Batterie großer Elkos, die wiederum zwei einzelne Endstufen-Module speiste, die an sich nur eine in der Bauhöhe verkleinerte Variante der RG1 darstellten. In dieser ersten Fassung gab es natürlich noch Kinderkrankheiten, auslaufende Elkos auf der Endstufen-Netzteil-Platine gehörten dazu wie einige Routing-Fehler der Endstufen-Module. Dennoch laufen etliche Exemplare davon bis heute - benötigen vielleicht inzwischen eine Überarbeitung, doch mindestens nach einem Wieder-Aufbau schätze ich den seltenen Erstling unter allen RG9s immer noch als den aufwändigsten und besten ein - egal wie seine ebenfalls gelungenen Nachfolger gelobt werden.

Um ein paar der aus dem ersten Aufbau-Konzept resultierende Probleme zu beheben und um die Fertigung kompakter in den Griff zu bekommen, erschien mit dem RG9 MK2 dann die schrittweise bis heute weiter entwickelte Stereo-Endstufen-Platine, auf der die Gleichrichtung und Siebung sowie die Schutzschaltung (auch der optionale Kopfhörer-Anschluß) mittig integriert waren. Zwar war der MK2 durch seine Abstimmung durchaus ein würdiger Nachfolger des Erstlings, auch problemloser und dadurch günstiger zu bauen, doch die Endstufenschaltung wich stark von den vorigen Konzepten ab, wie sie in den Vor-Endstufen-Kombinationen parallel weiter lebten. Die Endstufe ab dem RG9/RG10 MK2 - ab da auch in RG11 und RG14 verwendet - ist hier eine total symmetrische Konstruktion, schon ab dem Eingangs-Differenzverstärker findet man alles in zwei gespiegelten Varianten für die beiden Halbwellen bzw. Polaritäten vor. Solche Konzepte minimieren vor allem lineare Verzerrungen der geraden Ordnungen, ohne dass man es mit Zwangsmaßnahmen wie Gegenkopplung Richtung instabiles Verhalten hin übertreiben müsste - umso mehr, wenn man gepaart ausgemessene Komponenten einsetzt (was vermutlich eher bei nicht so vielen dieser Geräte gemacht wurde).

Die Endstufe besitzt auch, was in den reinen Endstufen nie zum Einsatz kam: eine Strombegrenzung. Und zwar eine, die sogar jeden einzelnen Endtransistor kontrolliert, eine Maßnahme, die vor allem der Zuverlässigkeit in Grenz-Situationen (sprich: Kabel-Kurzschluss) zugute kommt. Klanglich ist eine solche Begrenzung allerdings eher negativ zu sehen, daher kommt es extrem auf eine Auslegung genau an der Grenze des Zulässigen an, wo sie dann dennoch die Schaltung zuverlässig so lange schützen muß, bis die Schmelzsicherungen das ihre tun. Nur so hat eine solche Schaltungs-Maßnahme unter High-Endern überhaupt einen Sinn.
- gut, immerhin wäre ich aufgrund des klanglichen Verhaltens nie auf die Idee gekommen, dass hier eine solche Maßnahme verwirklicht ist - andererseits mußte ich auch noch nie (!) einen End-Transistor bei einem Symphonic Line -Gerät wechseln (!) - spricht ja für die Geräte. Nun, allerdings war in meiner Werkstatt auch bei keiner Endstufe (die ja keine Begrenzung haben) jemals ein Endtransistor kaputt - und ich habe schon einige gesehen. Mag vorkommen, aber vermutlich muss man es auch wirklich darauf anlegen, was Besitzer dieser Preisklasse ja gewöhnlich nicht tun.

Mu-Metall-geschirmter Netz-Trafo, ein TEURES Teil

Der Zahn der Zeit

Rolf Gemein hat stets zurecht mit der Langlebigkeit seiner handgebauten Ware geworben, doch es handelt sich bei Audio-Elektronik mitnichten um ein wartungsfreies Produkt. Verschleiß gibt es genauso wie bei einem hervorragend konstruierten Automobil - auch ein Bentley, ein Flügeltür-SL 300, ein Porsche der 60er - alle brauchen Sie von Zeit zu Zeit neues Öl, neue Reifen, neue Keil- oder Zahn- Riemen bzw. Ketten. Lager verschleißen, Sitze auch, Stoßdämpfer sowieso - doch niemand würde so ein richtig gutes Fahrzeug wegen diesem Standard-Aufwand auf den Schrottplatz fahren.
Bei Elektronik gibt es dazu einige Parallelen, Bedienelemente, (Nass-)Elektrolyt-Kondensatoren, Relais-Kontakte, anderen Orts auch Lötstellen - das ist das Spektrum der Verschleißteile. Und wo einerseits Energie umgesetzt wird und andererseits chemische Korrosion nicht völlig auszuschließen ist, das muss man gelegentlich mal alles am Gerät vom Verschleiß befreien. Die Wartungs-Zyklen sind bei so etwas denkbar lang, ich gehe bei guter Bauteile-Wahl und normalem Gebrauch (also ohne Standschäden oder Überlastung) von ca. 15Jahren Haltbarkeit aus, bevor es angezeigt erscheint, ohne direkte Ausfall-Erscheinungen etwas zu unternehmen - all das (wie hier) unter dem Vorbehalt, dass das Gerät auch einen gekonnt konstruierten Wärme-Haushalt hat, denn große Hitze beschleunigt den Verschleiß enorm.

Was man bei Symphonic Line allerdings bei den Haltbarkeits-Prognosen absolut nicht wissen konnte, weil es auch kein Bauteil-Hersteller durch Alterungs-Tests wirklich vorhersagen kann, sind "nichtlineare" Vorgänge. Eines dieser Probleme ist in der gesamten Produkt-Palette eingeschlagen, allerdings mit einer Verzögerung von gut einem Jahrzehnt: die klanglich bevorzugte Bauserie von Panasonic-Elkos erwies sich als undicht, läuft an der Dichtung nach Jahren aus und gibt so Elektrolyt-Flüssigkeit auf die Platine. Am meisten betroffen ist natürlich immer das jeweilige Anschluss-Bein bzw. dessen Lötstelle und Leiterbahn.

Und auch in diesem RG9 gab es an den entsprechenden Stellen bereits wieder Spuren, das bekannte Fußbad, der beim Löten aufsteigende Elektrolyt-Dampf.
Das Gerät steht an sich in Kommission bei mir, inzwischen bin ich wegen vermehrter Nachfrage ungeduldig geworden und habe das als "einwandfrei" bei mir eingestellte Gerät auf den Tisch genommen. Und es zeigte sich weit mehr Verschleiß, als nur die Fußbäder:

Potentiometer kaputt und andere Knackpunkte

Beim Test firel mir nämlich auf, dass das Poti beim Drehen krachte, beim Nachmessen fand sich ein sehr ungenauer Gleichlauf bei 8:30 Uhr Drehwinkel.
Das geöffnete Poti zeigte dann auch warum, da war vermutlich mal rein gespüht worden, jedenfalls zeigte die Kohleschicht Auflösungserscheinungen. Da hilft keine Reinigung mehr, als Ersatz wurde ein neues 10kOhm Alps HighGrade eingebaut, das klingt in diesem Zusammenhang mindestens gleich gut und hält besser bzw. lässt sich gegebenenfalls überarbeiten. Wobei: in das "Noble" kommt man viel besser rein, servicefreundlicher ist es wohl, dieses Exemplar bräuchte dennoch neue Widerstands-Scheiben...

verschlissene Kohle-Schicht im Noble-Potentiometer

Natürlich habe ich zunächst mal alle kleinen Elektrolyt-Kondensatoren erneuert, und zwar wie so oft hin zu den Panasonic-Serien FM, FC und BP - in der Schutzschaltung kam zudem ein Long-Life-Nichicon zum Einsatz, im Vorstufen-Netzteil Long-Life Kemets (vormals Evox-Rifa), zu letzteren unten mehr.

Nach der Umrüstung der Vorstufen-Spannungsregelung und einem kleinen Hinein-Hören, was merkwürdig scharf daher kam, zeigte sich im ersten Mess-Test allerdings deutlich ein weiterer Fehler: einer der Spannungsregler war fernöstliche Billig-Ware aus dem falschen Entstehungsjahr - und zeigte eine "verseuchende" Schwingneigung, die negative Versorgung war mit heftigen Sägezähnen versehen - zwei neue ON-Semi-Typen beendeten das Dilemma.

Auch der Lautsprecher-Ausgang gefiel mir nicht, die 2x5A-Siemens Relais sahen an den Kontakten stockfinster aus - das kamen einfache, aber bewährt gute 2x8A Finder-Relais hinein - damit wären auch die Ausgänge wieder langfristig Verzerrungs-arm angekoppelt.

Die Trimmpotis der Endstufe allerdings waren bereits von höchster Qualität, auch die Einstell-Werte stimmten noch - daher blieb hier alles beim alten.

Das Stereo-Endstufen-Modul, bereits überarbeitet - auf Panasonic BP-Koppel-Elkos umgerüstet (klingen immer noch am besten, habe jetzt vier Sorten durch) und mit vergrößerten Stütz-Kondensatoren für die Eingänge

Vorstufen-Versorgung aufgewertet

Das Vorstufen-Netzteil hat von mir einen kürzlich herausgefundenen "Kniff" bekommen, der auf ganz entscheidenden Hinweisen eines anderen Liebhabers beruht. Die Vorgeschichte war, dass mir mein eigener "Stage" (die BluesLine-Variante des RG9/RG10) im Quervergleich mit einer Kombination aus Exposure-Vorstufe und RG1-Endstufe, aber auch im Verhältnis zur RG3-Vorstufe bei weitem zu "wattig" (also von "Watte", nicht von "Watt") vorkam.

Was ich schon immer für dafür verantwortlich hielt, ließ sich im Versuch auch als der Schuldige nachweisen. Vor Jahren hatte ich mit Erwin Walter schon an einem kompletten, ausgelagerten Netzteil für die Vorstufe geforscht, das Ergebnis war durchaus überzeugend, was hier jetzt heraus kam aber noch mehr:
die Lade-Stufe des Vorstufen-Netzteils war einfach zu "dünn" ausgelegt. Das erste Experiment darüber hinaus wies die Richtung und auch die Probleme. Als ich nämlich die 6800µF-Lade-Elkos meines Stage aus der Panasonic HA-Serie gegen 10.000µF Evox-Rifa-LongLife-Elkos getauscht habe, war plötzlich alles da - mehr "Kick", mehr Raum, mehr Luft. Und der dazu gehörige Pferdefuß natürlich auch, in Form eines unangenehmen Flirren und Klirren in den Stimmen - ganz klar hatte man bei der Entwicklung genau an dieser Stelle Halt gemacht, Platz wäre für größere Elkos schon immer gewesen, auch in den 90er-Jahren gab es zudem Lade-Elkos mit geringerem ESR. Nur überschritten diese die Erträglichkeits-Grenze bei den störenden Ladeströmen. Bei meinem ersten Versuch wurde zwar alles besser versorgt, doch auch alles besser verseucht. Denn mit dem gedrittelten Innenwiderstand der Rifas zusammen mit einer um die Hälfte gesteigerten Kapazität ergibt sich schon im grob gepeilten Schnitt die vierfache Ladestrom-Spitze, die Wirklichkeit kann sogar noch drastischer aussehen. Da hatte man es also vorgezogen, auf der Beladungs-Seite nicht allzu fordernde Teile einzubauen und lieber Abstriche in der erreichbaren Lebendigkeit und Räumlichkeit in Kauf genommen (nicht vergessen: ich jammere hier auf hohem Niveau).

die ausgefeilte Line-Treiber-Stufe im Original-Zustand - der Vorstufen-Ausgang besteht aus einem Operationsverstärker mit nachgeschalteter Transistor-Endstufe

Und jetzt kommt ein Tipp aus Bielefeld ins Spiel, wo es um die Stör-Freiheit von Gleichrichtern ging. Genauer gesagt um die Störungen, die die Dioden selbst im gepulsten Schaltbetrieb hervorrufen - teils Bauart-bedingt, teils durch unterschiedlich gute Außen-Beschaltung. Der Kern der Aussage waren zwei Punkte: die Auswahl der Diode ist extrem wichtig und es gibt nur wenige sinnvolle Entstör-Maßnahmen.
Die sogenannten "snubber"-Kondensatoren, parallel zu jeder Diode eines Brückengleichrichters gehören dabei nicht zu den sinnvollen Maßnahmen, die können nur bei schlecht gewählten Dioden die Folgen mildern, bedeuten im Normalbetrieb aber auch einen regelrechten Hochfrequenz-Kurzschluß der während der gesamten Gleichricht-Periode stets auf "Durchzug" steht und Netz-Störungen in die Schaltung durch winkt. Diese Kondensatoren seien bei gut gewählten, schnellen Dioden allerdings ohnehin überflüssig, da sie nur Nachschwinger abfiltern sollen, die an besseren Dioden gar nicht erst so leicht entstehen (Der RG9 hat gute, schnelle Dioden im Vorstufen-Netzteil...).
Sinnvoll sei einzig ein Eingangs- und oder höchstens noch ein Ausgangs-Kondensator, stets quer zum Gleichrichter geschaltet, um Störungen kurz zu schließen.

Aus dem Gehörten einerseits und aus dieser Empfehlung heraus habe ich die Zuleitung zum Gleichrichter hochohmiger und minimal induktiv ausgelegt, mit zwei Draht-Wickel-Widerständen aus dem Bereich der Emitter-Widerstände, wie man sie in handgebauten britischen Verstärkern vorfindet. Zwischen diesen beiden Zuleitungs-Widerständen mit zusätzlich durch ihre Wicklung ansteigender Hochfrequenz-Impedanz sitzt nun ein relativ großer Folien-Kondensator am Gleichrichter-Eingang. Und die "Snubber" wurden entfernt. Die dicken "Kemet-Rifas" nicht.

Genau getroffen würde ich sagen, denn das Flirren ist komplett verschwunden, der Raum und die Dynamik aber blieben.

das modifizierte Vorstufen-Netzteil für mehr "Kick".

Kompensation der Vorstufe

Ein weiterer Stein des Anstoßes ergab sich beim ersten Test des Geräts nach der vollständigen Grund-Überholung:
Nach oben hin im Spektrum schien mir alles etwas übertrieben, das Gesamtbild war etwas zu dünn und aggressiv, auch gemessen an dem absolut un-eingespielten Zustand des Geräts.

Meine Vermutung zur Ursache war die Ausgangs-Stufe des Vorverstärkers. Hier arbeitet ein bipolarer Operationsverstärker als Treiber zweier schneller End-Transistoren. Die Kompensation (also die Hochfrequenz-stabilisierende Schaltungs-Auslegung) ist minimalistisch optimiert auf schnellste Anstiegszeiten - und vielleicht einen Tick ZU heftig für einen OP mit bipolarem Vergleicher-Eingang...
...zur Erklärung: die Arbeit der kompletten Gegenkopplungsschleife an einem Operationsverstärker, ob mit oder ohne Zusatz-Endstufe ist schwer an jedem Punkt messtechnisch erfassbar, weil unter Umständen gar nicht zugänglich. Eine extrem schnelle und zudem "ungebremste" Schaltungs-Auslegung kann daher leicht unbemerkt zu internen Übersteuerungen einzelner Stufen führen, vor allem verschiedene Typen von Ansteigs-Verzerrungen sind die Folge. In diesem speziellen Fall fällt mir auf, dass ein zusätzlicher Kompensations-Kondensator von ein paar zehn Piko-Farad direkt vom Ausgang zum invertierten Eingang verläuft - eine Variante, die ich inzwischen aus Erfahrung eher vermeiden würde, denn hierin liegt die Möglichkeit, dass (im Anstieg für extrem kurze Zeiten) völlig ungebremst Strom durch die Basis des einen Eingangstransistors fließt. Eine Kleinigkeit möchte man meinen, doch andere Schaltungen zeigen, dass man das bei bipolaren (=stromgesteuerten) Einganstransistoren vermeiden sollte. Entsprechende Kompensations-Kondensatoren werden bei vielen Verstärkern mit Bipolaren Eingangs-Transistoren nur in Reihe mit einem Widerstand betrieben, das hat einerseits den Hintergrund, dass die Maßnahme auch im Wirkungsbereich des Kondensators stets eine Verstärkung über 1 besitzt, andererseits der Eingangs-Basis-Strom stets begrenzt ist.

Mein erster Versuch hatte die Grenzfrequenz der Vorstufe deutlich herabgesetzt, auf "nur" noch ca. 200kHz...
...das Wichtigste daran aber ist ganz einfach der Einsatz eines Vorwiderstands in Kombination mit der Anpassung des Kompensations-Kondensators.

An dem genauen Wert besonders für den Kondensator war ich allerdings noch dran, an sich wollte ich ja nicht die Verarbeitungsgeschwindigkeit verringern, sondern nur unangenehm falsche Komponenten aus dem Signal entfernen, in erster Näherung gefiel mir bereits die erste Variante deutlich besser als das Original. 'Nun bin ich mit der Grenzfrequenz wieder hoch gegangen, der bislang beste gefundene Kompromiss ist erfolgreich eingebaut - immer unter dem Vorbehalt, die Maßnahme nach einiger Betriebszeit noch mal zu überprüfen.

Das Ergebnis war auch zunächst verblüffend eindeutig: Messtechnisch sieht der Rechteck-Verlauf mindestens so gut aus wie schon vorher, mit komplexen Signalen aber wirkt in der Hörprobe alles gelöster. Zwar ist diese Änderung bisher nur empirisch entwickelt, doch ich vermute schwer, dass auch eine Messung der Intermodulation hier deutlich bessere Ergebnisse bringen würde.

Nach einer gewissen Einspielzeit schmolz dieser Vorteil aber wieder dahin, es hatte sich wohl doch eher um eine Fehler-Kompensation entgegen dem anfangs noch etwas aggressiven Klangbild der neuen Elkos gehandelt - und so sind an dieser Stelle nun wieder 22pF Glimmer-Kondensatoren im Einsatz, während sich der RG9 mit den Betriebsstunden dennoch immer sanfter und ausgeglichener darstellt.

Die Übersicht
oben: Eingangs-Zustand
unten: revidiert

Ergebnis und Klang

Der RG9 steht im Probelauf und zeigt nach ein paar Stunden "weich kneten" durchaus beste Manieren - so wie man sich das Gerät eben im Neuzustand vorstellt und durchaus auch ein bisschen darüber hinaus zeigt der RG9 wieder, wofür er gemacht war:
Den Weg weisen vom der vernünftigen Wiedergabe mit Preis-begrenzten Geräten hin zum Machbaren. Sicher sind die großen Kombis bei Symphonic Line eine noch ganz andere Schau für sich, doch der RG9 liegt, zumindest gebraucht, schon im Bereich der Erreichbarkeit für "ganz normale" Musik-Liebhaber. Und die bedient er bestens, in der Preisklasse dieses Angebots müssen sich Mengen von schlechten Vor-End-Kombis vor diesem Monolithen verbeugen, denn hier klingt alles so einfach und leicht, dass man an einer guten Signalquelle gut die Technik vergessen kann und sich auf den Inhalt einlässt. Gerade an meinem jüngst revidierten Symphonic Line CD-Spieler (der mit diesem Gerät gleichzeitig kam) fällt mir das Aufstehen vom Probe-Hörplatz oft schwer, ich bekomme die beiden nicht satt.