Vollverstärker

Revox A78 ca. 1970

Komplett revidiert verkauft für 398,-€

Eigenschaften:

  • Klangregel-Schalter für beide Kanäle immer auf einer Achse - vorne und hinten
  • Phono MM
  • zwei Line-Eingänge (Tuner/AUX), 1x DIN, 1xCinch(RCA)
  • eine Tape-Schleife mit Tape-Record-Umschalter
  • Mikrophon-Eingang
  • 2 Kopfhörer-Ausgänge, 6,3mm Klinke
  • Mode-Schalter
  • 3 Filter-Schalter
  • Gehäuse mit mittleren Gebrauchsspuren, kleine Macken an den Kanten, oben nur wenig Kratzer (Gehäuse mit Möbelpolitur behandelt), eine Schramme an der Front/Klappe oberhalb Netzschalter.
  • Schrift, Schalter und Knöpfe gut erhalten
  • Vor-Pegel-Steller und Lautsprecher-Schalter unter Frontklappe (oben)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

....Hier ist die Front leider mal gestreift worden...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei dem Gerät bin erst mal vom hundertsten ins tausendste gekommen, bis ich alle relevanten Kleinigkeiten aufgespürt hatte. Ich hatte schon früher mal einen defekten A78 gekauft, der war aber in so schlechtem Zustand, dass ich mich entschlossen habe, ihn nur noch als Basisgerät für Modul-Tausch-Reparaturen zu verwenden.

Nach der Überarbeitung
Die Module sind jetzt
allesamt überarbeitet und neu abgeglichen.

An diesem weit schöneren Stück habe ich dann für diese Variante üben dürfen (einen A78 II hatte ich bereits vor längerer Zeit zu überarbeiten). Im Prinzip zerfallen erstens die internen Einstellregler (Endstufen-Treiber-Module, Netzteil) und zweitens gibt es zwei Sorten unzuverlässige Kondensatoren in dieser Serie. Beides induziert andere Ausfälle. Es müssen daher zumindest an allen kritischen Punkten die kleinen Elektrolytkondensatoren, vor allem die weißen, in Kunststoff vergossenen Roedersteine und die Tantaltypen erneuert werden. Die zweiten wären nicht so kritisch, wenn sie zwischenzeitlich regelmäßig unter Spannung gestanden hätten. Liegen sie allerdings lange Jahre spannungslos brach, ent-formatieren sie sich und neigen zu Prasseln oder gar Kurzschluss - so auch hier.

Das Gehäuse ist nicht einwandfrei, aber nach 40 Jahren auch nicht wirklich schlecht erhalten.

Es sind letztendlich alle Elkos und Tantal-Kondensatoren im Gerät erneuert, inzwischen habe ich sogar die beiden 220µF-Elkos auf der Verbindungsplatte der Vorstufen-Steckmodule in einer Schlüsselloch-Operation ausgetauscht sowie die Netzteil-Lade-Elkos durch neue, hochwertige BC-Elkos mit Bolzenmontage ersetzt.
Das Vortufen-Netzteil, was ich wegen des schwierigen Aus- und Einbaus nicht als Tauschmodul anbiete ist ebenfalls komplett überarbeitet, neuer Gleichrichter, neuer Sicherungshalter, 2200µF Panasonic FC Lasekondensator (angelehnt an die letzten Varianten, die ersten Ausgaben waren hier immer mit 1000µF bestückt), neuer, gekapselter Piher-Einstellregler, exakt auf 24V abgeglichen. Es ist also wirklich alles neu, was Ärger machen könnte.

Die Endtransistoren unter den Isolier-Abdeckungen sind noch alle die Original RCA-Typen.

Wie Sie vielleicht bemerkt haben: Es wurde an sich nichts an dem Gerät geändert, jedenfalls bin ich nirgends ohne Not von der originalen Bauteile-Auswahl abgewichen, weder in der Bauteile-Art noch im Wert, alles stimmt mit den von Revox eingesetzten Werten überein. Was anders ist: die Tantal-Kondensatoren sind aus Gründen der Zuverlässigkeit entweder zu Long-Life-Elkos geworden oder wurden bei ganz kleinen Werten sogar durch Folien-Kondensatoren ersetzt. Man bekommt natürlich auch nicht die Original-Elkos von 1970 nachgekauft, und wenn, dann wären die durch die Lagerung fast schon genauso unbrauchbar wie die ausgebauten Exemplare. Aber prinzipiell wurde eben ein Elko durch einen gleich großen Elko bester Qualität ersetzt wo immer das vertretbar war, ich bin auch kein Freund von Bypass-Folienkondensatoren, um den Elkos im HF-Bereich auf die Sprünge zu helfen. Solche Änderungen greifen nämlich deutlich in den Charakter des Geräts ein und machen, wo sie nicht ganz gekonnt und berechnet eingesetzt werden klanglich oft mehr kaputt als besser - meine Erfahrung sagt mir, dass man durch solche Maßnahmen generell leicht ungewollte Effekte herauf beschwört, zumal der Impedanz-Übergang vom relativ hochohmigen Elko auf den oft eine Zehnerpotenz niederohmigeren Folienkondensator oft mitten im Hörbereich erfolgt. Das Gerät verändert sich mit neuen Elkos nach aktueller Fertigungtechnologie ohnehin schon, durchaus zum Positiven gegenüber seiner Erstbestückung - so gut hat das Gerät mit Sicherheit nie vorher geklungen...
...mit einer Einschränkung: Sie müssen ihn einspielen. Am Anfang wirkt gerade in so einer einfachen Konstruktion alles besonders kopflastig und aggressiver als gewohnt. Die neuen Bauteile haben sich noch nicht gesetzt, das ist bei Neugeräten nicht anders. Ist auch kein Voodoo, sondern Elektrochemie und Physik. Messtechnisch können Sie das außer am einzelnen Bauteil kaum erfassen, aber das Ohr ist in seiner spektralen Wahrnehmung für diese Veränderungen sehr empfindlich. Und an langlebigen Bauteilen ist der Nachteil der, dass sie auch lange brauchen, bis sie ausgeglichen klingen. Sie können sich bei diesem Gerät auf ca. ein halbes Jahr wachsender Ausgeglichenheit, zunehmender Dynamik, besseren Grundton- und Bassverhaltens gefasst machen, am Anfang schneller, dann in immer kleineren Schritten, bis sich alles für die nächsten Jahre stabilisiert hat - sofern das Gerät jedenfalls regelmäßig genutzt wird, in langen Spielpausen lässt es wieder nach und braucht auch dann wieder eine Weile bis zum Optimum.

Wie klingt denn so ein Alterchen nach der Überarbeitung?

Dieser A78 wird bei sachgerecht eingestelltem Ruhestrom nicht recht warm, spielt lebendig, farbig, räumlich, alles um so besser, als er sich mit meinen neu eingebauten Panasonic-Elkos bestens arrangiert. In dem Konzept geht das Signal ja ohne lange "feedback"-Schleifen in Einzelschritten vorwärts, selbst die Endstufe wendet für ihre Über-alles-Gegenkopplung nur einen Einzeltransistor als Vergleicher an und besitzt eine weitaus niedrigere open-loop-Verstärkung als später üblich. Damit ist natürlich auch der Gegenkopplungs-Grad relativ klein, die Vorgänge in der Regelschleife klingen recht schnell ab.
Wobei die Endstufen-Platine noch aus der Vorgängerversion A50 die Bestückung einer Miller-Kapazität zulässt, die ich bei manchen Modulen auch ab Werk bestückt vorgefunden habe. An sich messtechnisch bei den meisten Platinen nicht nötig, weist dieses Detail darauf hin, dass die Gegenkopplung die Schaltung in die Nähe der Stabilitätsgrenze führt, messbar instabile Module wurden hier anscheinend individuell kompensiert. Inzwischen habe ich festgestellt, dass die durch diese Maßnahme erzwungene Stabilität generell zu geringeren dynamischen Verzerrungen führt und rüste hier durchgehend nach, damit ist zwar die Anstiegszeit vergrößert, aber auch die Phasendrehung und die HF-Verstärkung begrenzt, was die Zahl der Umläufe verringert und sozusagen die Bahn schneller für neue Signale freigibt - es gilt auch hier eine mehr oder weniger optimale Balance zwischen widerstrebenden Parametern zu erreichen.

Transistoren waren damals fast noch genauso teuer wie Röhren, gewaltige Nichtlinearitäten gewaltiger Silizium-Materialschlachten mit gewaltiger Gegenkopplung niederzumähen war schon finanziell gar nicht drin. Auch kamen die Studer-Ingeneure ja aus der Studio-Technik, wo man seit eh und je mit geringstmöglichem Aufwand besten Materials versucht, dem Ohr der Tonmeister gerecht zu werden. Genau SO klingt der A78. Ich wage sogar zu behaupten, dass Revox bei späteren Modellen den Nagel selten so gut auf den Kopf getroffen hat.

Rein äußerlich, zumindest bei einem Blick auf die Rückseite, fällt die Ähnlichkeit mit Geräten der Marke QUAD (oder mit später ähnlich konstruierten Mission-Cyrus-Geräten) auf, der gegossene Kühlkörper-Block erinnert stark an die zeitgleich gebaute QUAD 303-Stereo-Endstufe. Auch die interne Steckmodul-Technik weist in die gleiche Richtung.
Und sowohl schaltungstechnisch, als auch klanglich gehen die Geräte durchaus ähnliche Wege. Der Endtest gestaltete sich daher wie ein angenehmes Déjà-vu-Erlebnis. Schon bei meiner Forschungs-QUAD 303, die ich mir aus Neugierde vor Jahren defekt gekauft und zum wieder-Erklingen gebracht hatte, war das Ergebnis ähnlich.

Mir drängt sich folgendes auf:
Hifi-Zeitschriften standen zur Grundsteinlegung dieser Geräte vor allem wirtschaftlich noch ganz am Anfang. Seit jener Zeit hat man alle Jahre die Geräte der Nachfolge-Generation stets besser bewertet als ihre Vorgänger. Selbstverständlich hüte ich mich hier, irgendwelche Verquickungen der Redaktionen mit den Herstellern zu behaupten. Es gab jedenfalls im Durschschnitt immer nur mehr Bewertungs-Punkte, die "Audio" war sogar eines Tages in der Zwickmühle, dass ihr die Ohren ausgingen. Sie mussten den Maßstab ändern, weil sie beim Start ihrer Bestenliste keine nach oben offene Skala angelegt hatten, nun waren die 100 Punkte erreicht, die fünf Ohren vergeben, was kann noch besser werden? Also Maßstab ändern, die Konkurrenz haut sonst nach oben ab...Ganz logisch, so schreitet der Fortschritt voran.
Man hat sich in den letzten vierzig Jahren an immer besser bewertete Geräte gewöhnt, an sich müsste man sich vor lauter Qualität inzwischen nur noch in Wonneschreien ergehen. Zieht man dann so einen alten Quad 303 oder Revox A78-Verstärker aus der Versenkung, Urgestein der "solid state"-Technik, stellt man erstaunt fest, dass man inzwischen im Durchschnitt der heute bewerteten Ware unterhalb des damaligen Niveaus angkommen ist. Das ganze erinnert fatal an die Tretmühlen-artige Treppengrafik von Escher, oder vielleicht an den ständigen wirtschaftlichen Aufschwung im real existierenden Sozialismus...
...alles eine Frage der Einbildung!?
Wie auch immer, die damaligen Geräte sind teilweise ganz schön klasse!