Vollverstärker

Revox A78 ca. 1973

Komplett revidiert verkauft für 478,-€

Eigenschaften:

  • Klangregel-Schalter für beide Kanäle immer auf einer Achse - vorne und hinten - Mittenstellung = abgeschaltet
  • Phono MM
  • vier Line-Eingänge (Tuner/AUX/Tape/Tape-Monitor), 1x DIN, 1xCinch(RCA)
  • Tape-Ausgang 1x hinten (RCA),1x vorne (Klinke 6,3mm)
  • Mikrophon-Eingang DIN
  • 2 Kopfhörer-Ausgänge vorn, 6,3mm Klinke
  • Mode-Schalter
  • 3 Filter-Schalter
  • Gehäuse in Schreinerei überarbeitet,  das eine Gerät hat nur einen Haar-Kratzer über den Kopfhörerbuchsen, die Anschluß-Beschriftungen sind bei der Gehäuse-Bearbeitung ausgebleicht, aber lesbar.
  • Schrift, Schalter und Knöpfe gut erhalten
  • Vor-Pegel-Steller und Lautsprecher-Schalter unter Frontklappe (oben)

eine Spiegelung oben im Plastik - guter bis sehr guter Allgemeinzustand

Nicht unerwähnt gelassen: die Front hat einen unbehandelten Kratzer im Lack, lässt sich möglicher Weise auspolieren

Das Gehäuse nach dem Besuch in der Schreinerei - alle Flächen makellos, eventuell noch einer Politur bedürftig - auf den Beschriftungs-Aufkleber sitzt noch das bei der Behandlung schützende Klebeband

Die Endtransistoren unter den Isolier-Abdeckungen sind noch alle die Original RCA-Typen.

Kurz und knapp diesmal im Text: ich habe zwei weitere Geräte nach dem bereits ausgearbeiteten Konzept generalüberholt, die Fotos hier stammen noch von dem noch verbliebenen Gerät, das andere wurde mir nach kurzer Hörprobe bereits aus der Vorführung weg gekauft.
Immerhin sind sie noch mal 60€ teurer, als die letzten Exemplare - die Preiserhöhung ist aber nur ein durchlaufender Posten, weil der Schreiner die Gehäuse ja auch nicht kostenlos aufarbeitet.
Dafür bekommen Sie aber auch was hübsches...

Nach der Überarbeitung Die Module sind jetzt allesamt überarbeitet und neu abgeglichen.

Alle vorhergehenden Erfahrungen sind jedenfalls in diese Exemplare eingeflossen, das Ergebnis bei beiden überragend - wenn man überlegt, dass die Geräte 40 Jahre auf dem Buckel haben und sich möglicherweise von jetzt an noch mal genauso lange nutzen lassen, ist vor allem der frappierend gute Klang überraschend. Eine einfache Schaltung zweiter Generation (der erste in der Entwicklungs-Serie war der A50).

Was ich übrigens nicht angefasst habe

die Einstell-Trimmer mögen ja kaputt gehen, die Trimmer für die Vorpegel-Justage unter der Klappe sind aber von wesentlich massiverer Qualität und zeigen fast nie Ausfall-Erscheinungen - und wenn, dann sind das nur Verschmutzungen. Ähnlich robust sind auch die Lautstärke- und Balance-Regler ausgelegt, Gleichlauf ist hier zwar offensichtlich noch kein Thema gewesen - muss man akzeptieren - aber bis auf leises Räuspern, wenn man zu knapp nach dem Einschalten herumdreht (da liegt nämlich wegen des langsam hoch laufenden Vorstufennetzteils eine Weile ein Gleichspannungsanteil an den Reglern, das Geräusch ist normal) gibt es bei diesen Reglern fast nie ein Problem, sie sind erstaunlich zuverlässig, ich traue Ihnen gut noch ein paar weitere Jahrzehnte zu und hüte mich da unnötig einzugreifen. Die Umschalter und Klangregelschalter sind in Sachen Robustheit übrigens erst recht der Abschuß: die Platinenkontakte und - wenn ich es recht erinnere sogar die bewegten Kontakte - sind vergoldet, alles im Detail von Revox selber gemacht, extrem langlebig und gut. Auch hier gilt für mich: ohne Not - Finger weg.

Die Vorstufen-Platinen vor der linken Endstufe

Der folgende Text ist wiederverwendet, trifft aber auf das hier behandelte Exemplare voll und ganz zu:

Es sind letztendlich alle Elkos und Tantal-Kondensatoren im Gerät erneuert, inzwischen habe ich sogar die beiden 220µF-Elkos auf der Verbindungsplatte der Vorstufen-Steckmodule in einer Schlüsselloch-Operation ausgetauscht sowie die Netzteil-Lade-Elkos durch neue, hochwertige BC-Elkos mit Bolzenmontage ersetzt.
Das Vortufen-Netzteil, was ich wegen des schwierigen Aus- und Einbaus nicht als Tauschmodul anbiete, ist ebenfalls komplett überarbeitet, neuer Gleichrichter, neuer Sicherungshalter, 2200µF Panasonic FC Ladekondensator (angelehnt an die letzten Varianten, die ersten Ausgaben waren hier immer mit 1000µF bestückt), neuer, gekapselter Piher-Einstellregler, exakt auf 24V abgeglichen.
Es ist also wirklich alles neu, was Ärger machen könnte.

Nicht nur Trimmer, Ladeelko und Gleichrichter sind neu - auch der gekapselte Sicherungshalter

Wie Sie vielleicht bemerkt haben: Es wurde an sich nichts an dem Gerät geändert, jedenfalls bin ich nirgends ohne Not von der originalen Bauteile-Auswahl abgewichen, weder in der Bauteile-Art noch im Wert, alles stimmt mit den von Revox eingesetzten Werten überein. Was anders ist: die Tantal-Kondensatoren sind aus Gründen der Zuverlässigkeit entweder zu Long-Life-Elkos geworden oder wurden bei ganz kleinen Werten sogar durch Folien-Kondensatoren ersetzt. Man bekommt natürlich auch nicht die Original-Elkos von 1970 nachgekauft, und wenn, dann wären die durch die Lagerung fast schon genauso unbrauchbar wie die ausgebauten Exemplare. Aber prinzipiell wurde eben ein Elko durch einen gleich großen Elko bester Qualität ersetzt, wo immer das vertretbar war. Ich bin auch kein Freund von Bypass-Folienkondensatoren, um den Elkos im HF-Bereich auf die Sprünge zu helfen. Solche Änderungen greifen nämlich deutlich in den Charakter des Geräts ein und machen, wo sie nicht ganz gekonnt und berechnet eingesetzt werden klanglich oft mehr kaputt als besser - meine Erfahrung sagt mir, dass man durch solche Maßnahmen generell leicht ungewollte Effekte herauf beschwört, zumal der Impedanz-Übergang vom relativ hochohmigen Elko auf den oft eine Zehnerpotenz niederohmigeren Folienkondensator oft mitten im Hörbereich erfolgt. Das Gerät verändert sich mit neuen Elkos nach aktueller Fertigungtechnologie ohnehin schon, durchaus zum Positiven gegenüber seiner Erstbestückung - so gut hat das Gerät mit Sicherheit nie vorher geklungen...
...mit einer Einschränkung: Sie müssen ihn einspielen. Am Anfang wirkt gerade in so einer einfachen Konstruktion alles besonders kopflastig und aggressiver als gewohnt. Die neuen Bauteile haben sich noch nicht gesetzt, das ist bei Neugeräten nicht anders. Ist auch kein Voodoo, sondern Elektrochemie und Physik. Messtechnisch können Sie das außer am einzelnen Bauteil kaum erfassen, aber das Ohr ist in seiner spektralen Wahrnehmung für diese Veränderungen sehr empfindlich. Und an langlebigen Bauteilen ist der Nachteil der, dass sie auch lange brauchen, bis sie ausgeglichen klingen. Sie können sich bei diesem Gerät auf ca. ein halbes Jahr wachsender Ausgeglichenheit, zunehmender Dynamik, besseren Grundton- und Bassverhaltens gefasst machen, am Anfang schneller, dann in immer kleineren Schritten, bis sich alles für die nächsten Jahre stabilisiert hat - sofern das Gerät jedenfalls regelmäßig genutzt wird, in langen Spielpausen lässt es wieder nach und braucht auch dann wieder eine Weile bis zum Optimum.

Neue 4700µF FT-Schraub-Becher-Elkos vor der rechten Endstufe

Wie klingt denn so ein Alterchen nach der Überarbeitung?

Dieser A78 wird bei sachgerecht eingestelltem Ruhestrom nicht recht warm, spielt lebendig, farbig, räumlich, alles um so besser, als er sich mit meinen neu eingebauten Panasonic-Elkos bestens arrangiert. In dem Konzept geht das Signal ja ohne lange "feedback"-Schleifen in Einzelschritten vorwärts, selbst die Endstufe wendet für ihre Über-alles-Gegenkopplung nur einen Einzeltransistor als Vergleicher an und besitzt eine weitaus niedrigere open-loop-Verstärkung als später üblich. Damit ist natürlich auch der Gegenkopplungs-Grad relativ klein, die Vorgänge in der Regelschleife klingen recht schnell ab.
Wobei die Endstufen-Platine noch aus der Vorgängerversion A50 die Bestückung einer Miller-Kapazität zulässt, die ich bei manchen Modulen auch ab Werk bestückt vorgefunden habe. An sich messtechnisch bei den meisten Platinen nicht nötig, weist dieses Detail darauf hin, dass die Gegenkopplung die Schaltung in die Nähe der Stabilitätsgrenze führt, messbar instabile Module wurden hier anscheinend individuell kompensiert. Inzwischen habe ich festgestellt, dass die durch diese Maßnahme erzwungene Stabilität generell zu geringeren dynamischen Verzerrungen führt und rüste hier durchgehend nach, damit ist zwar die Anstiegszeit vergrößert, aber auch die Phasendrehung und die HF-Verstärkung begrenzt, was die Zahl der Umläufe verringert und sozusagen die Bahn schneller für neue Signale freigibt - es gilt auch hier eine mehr oder weniger optimale Balance zwischen widerstrebenden Parametern zu erreichen.

Transistoren waren damals fast noch genauso teuer wie Röhren, gewaltige Nichtlinearitäten gewaltiger Silizium-Materialschlachten mit gewaltiger Gegenkopplung niederzumähen war schon finanziell gar nicht drin. Auch kamen die Studer-Ingeneure ja aus der Studio-Technik, wo man seit eh und je mit geringstmöglichem Aufwand besten Materials versucht, dem Ohr der Tonmeister gerecht zu werden. Genau SO klingt der A78. Ich wage sogar zu behaupten, dass Revox bei späteren Modellen den Nagel selten so gut auf den Kopf getroffen hat.

Rein äußerlich, zumindest bei einem Blick auf die Rückseite, fällt die Ähnlichkeit mit Geräten der Marke QUAD (oder mit später ähnlich konstruierten Mission-Cyrus-Geräten) auf, der gegossene Kühlkörper-Block erinnert stark an die zeitgleich gebaute QUAD 303-Stereo-Endstufe. Auch die interne Steckmodul-Technik weist in die gleiche Richtung. Und sowohl schaltungstechnisch, als auch klanglich gehen die Geräte durchaus ähnliche Wege.
Der Endtest gestaltete sich daher wie ein angenehmes Déjà-vu-Erlebnis. Schon bei meiner Forschungs-QUAD 303, die ich mir aus Neugierde vor Jahren defekt gekauft und zum wieder-Erklingen gebracht hatte, war das Ergebnis ähnlich.

Mir drängt sich folgendes auf:
Hifi-Zeitschriften standen zur Grundsteinlegung dieser Geräte vor allem wirtschaftlich noch ganz am Anfang. Seit jener Zeit hat man alle Jahre die Geräte der Nachfolge-Generation stets besser bewertet als ihre Vorgänger. Selbstverständlich hüte ich mich hier, irgendwelche Verquickungen der Redaktionen mit den Herstellern zu behaupten. Es gab jedenfalls im Durschschnitt immer nur mehr Bewertungs-Punkte, die "Audio" war sogar eines Tages in der Zwickmühle, dass ihr die Ohren ausgingen. Sie mussten den Maßstab ändern, weil sie beim Start ihrer Bestenliste keine nach oben offene Skala angelegt hatten, nun waren die 100 Punkte erreicht, die fünf Ohren vergeben, was kann noch besser werden? Also Maßstab ändern, die Konkurrenz haut sonst nach oben ab...Ganz logisch, so schreitet der Fortschritt voran.
Man hat sich in den letzten vierzig Jahren an immer besser bewertete Geräte gewöhnt, an sich müsste man sich vor lauter Qualität inzwischen nur noch in Wonneschreien ergehen. Zieht man dann so einen alten Quad 303 oder Revox A78-Verstärker aus der Versenkung, Urgestein der "solid state"-Technik, stellt man erstaunt fest, dass man inzwischen im Durchschnitt der heute bewerteten Ware unterhalb des damaligen Niveaus angekommen ist. Das ganze erinnert fatal an die Tretmühlen-artige Treppengrafik von Escher...
...alles eine Frage der Einbildung!?
Wie auch immer, die damaligen Geräte sind teilweise ganz schön klasse!