Vollverstärker

Myryad MXI 2080

Verkauft 2015 für 898,-€

Eigenschaften:

  • 2x80W@8Ohm, 2x120W@4Ohm (RMS)
  • Gehäusedeckel Strukturlack
  • Berühr-Schalter für ein-aus
  • getrennte Trafos für Standby, Vor- und Endstufe
  • 5 Line Eingänge
  • 1 Direct Line Eingang
  • 2 Tape Schleifen
  • Bi-Amping Ausgänge der Vorstufe
  • Endstufen-Eingänge
  • Vor und Endstufe ohne interne Verbindung, Patch-Kabel müssen gesteckt werden
  • komplett fernbedienbar
  • Original-Karton
  • Bedienanleitung, Fernbedienung, originale Vor-Endstufen-Kabel im Lieferumfang

..rauh beschichtete Oberflächen wirken in meinem Blitzlicht immer verstaubt, in Wirklichkeit sieht das Gerät absolut sauber und unzerkratzt aus. 

Das Neue noch nicht weg...

Für meine Verhältnisse ist das Gerät nahe an "Fabrik-neu", das genaue Alter habe ich nicht, aber es gibt einzelne Händler, die das Modell noch neu anbieten. Mein Exemplar kommt zwar nicht mehr direkt aus der Fertigung, dafür ist es eingespielt und die Kinderkrankheiten sind beseitigt und vorbei.
Der Vorbesitzer hätte sich von dem Gerät auch gar nicht getrennt, ohne mit seinem Händler bzw. dessen Werkstatt schlechte Erfahrungen gemacht zu haben.
Dieser MXI 2080 ist keineswegs ein "Montags-Gerät", er hatte nur bereits im zarten Alter einen seltenen, statistisch zufälligen Fehler, den die Werkstatt wohl in mehreren Anläufen nie gefunden und nie beseitigt hat: Ein Kanal hat ausgesetzt.

So was gibt es immer mal, bei allen Herstellern, besonders bei neuen Geräten kommt häufiger mal so etwas vor.

Umfangreiche Ausstattung

Jedenfalls hatte der Vor-Eigentümer ein paar erfolglose Nachbesserungs-Versuche über sich ergehen lassen und konnte nun im Rahmen der Gewährleistung/Garantie nichts mehr erreichen - und das Problem war immer noch da. Dann wollte er gegen einen meiner HK1400 tauschen - nur dass dessen (uneingespieler) Charakter in seiner Kette auch nicht das richtige war. Und so habe ich ihm den Myryad  einfach mit dem Fehler abgekauft.
Inzwischen bin ich dazu gekommen, mir das Phänomen mal anzusehen, vordergründig war erst mal alles in Ordnung, was mir auffiel, war nur eine ungewohnt starke Reaktion auf Klopfen in der Nähe der Lautsprecher-Relais. Ein wenig Recherche ergab: von der TE/Schrack low-profile-Serie, die hier verwendet wurde, hatte sich der Einkäufer das preisgünstigste heraus gesucht (RTD14024), der Einzel-Kontakt aus einer Silber-Nickel-Legierung. Das im linken Kanal hatte man auf Verdacht wohl schon mal erneuert.

Mein erster Ansatz: das Relais musste generell besser werden, grundsätzlich sind in Sachen Verschleiß-Verteilung und Abnutzung zwei einzeln gefederte, parallel geschaltete Kontakte insgesamt gleicher Belastbarkeit besser. Ebenfalls von Vorteil ist eine inerte Kontakt-Beschichtung. Gold leitet zwar schlechter als als sauberes Silber, doch die Verhältnisse bleiben weit stabiler, gerade für Kleinsignale sind vergoldete Kontakte daher eine auf Dauer wesentlich Verzerrungs- und Verschleiß-ärmere Variante. Also wurden zunächst zwei Relais der gleichen Bauserie, komplett wasch-dicht (damit zusätzlich vor Atmosphären-Einfluß geschützt) und nun mit zusätzlich vergoldeten Doppel-Kontakten beschafft (RTE25024), ca. dreimal teurer - aber durchaus noch bezahlbar.

Und dann kam mir der Zufall beim Probelauf zur Hilfe, plötzlich war der linke Kanal wieder weg. Während das Gerät offen auf dem Messplatz stand, ein Glück! Und die eigentliche Ursache ließ sich binnen einer Minute lokalisieren: der Eingangs-Koppel-Kondensator, elektrisch direkt nach der Cinch-Eingangs-Buchse der Endstufe, wies am Buchsen-Ende Signal auf, auf der Seite des Verstärker-Eingangs war nichts mehr zu messen. Unterbrechung, wohl ein Anschluss-Bein innerlich ab, das andere Endstufen-Modul hatte an dem gleichen Kondensator beidseitig Signal (und natürlich auch am Ausgang).

unter dem neuen, grauen Koppel-Kondensator sitzt das hochwertigere Relais

Ein paar weitere Minuten später waren die Folien-Kondensatoren beide erneuert, ein mehrtägiger Probelauf folgte, es ist seitdem keinerlei Problem mehr aufgetreten.

die ausgebauten Teile, der untere blaue Epcos-Kondensator war der Böse.

Den Vorbesitzer habe ich erst mal kontaktiert, ob er ihn vielleicht wieder haben möchte. Nein, er traut dem Gerät nicht mehr.

Ich dagegen würde dem Gerät, weil bereits eingespielt, nach Beseitigung eines einzelnen, eindeutig messbaren Fehlers weit mehr Vertrauen entgegen bringen, als jedem nagelneuen Karton-Kandidaten. Das habe ich ihm auch geschrieben, ich zitiere hier mal Ausschnitt-weise die Mail:

 

Zweite E-Mail an den Vorbesitzer

Hallo Herr ...,

Nun, der Teil ist allerdings reine Psychologie...
Der Händler hat das Gerät halt immer in der eigenen oder der Myryad-Vertragswerkstatt gehabt und dort wurde das eigentliche Problem gar nicht erfasst: der aussetzende Koppel-Kondensator ist schlicht unentdeckt geblieben (ist aber auch ein blöder Fehler, insbesondere, wenn er nicht auftritt, während man das Gerät auf dem Tisch hat).
Und es handelt sich bei dem Haupt-Problem definitiv um einen rein zufälligen/statistischen Ausfall, ein Problem genau der Sorte, der Ihnen mit eigentlich jedem Gerät, aber ganz besondere mit einem neuen passieren kann.

In Wirklichkeit ist es so:
Sie vertrauen zwar (irgendwie verständlich) jetzt dem Gerät nicht mehr, liegen damit aber komplett falsch.
Denn stattdessen lag das Problem nur bei der Werkstatt und deren mehr oder weniger normalen Unvermögen zum Auffinden des zufälligen Aussetzers. Das Gerät kann da gar nichts dafür und ist meiner Meinung nach von dem Problem jetzt auch endgültig geheilt. Es ist jetzt statistisch sogar weit ZUVERLÄSSIGER als jede Neuerwerbung.
Sehen Sie mal hier nach:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausfallrate
Die sogenannte "Badewannen-Kurve" (unterer Teil der Grafik) sagt dazu eigentlich alles aus. Sie hatten mit dem Myryad einen zufälligen Früh-Fehler kombiniert mit einer nicht ausreichend kompetenten Werkstatt - das eine Aussetz-Problem wurde nur einfach nie behoben, Sie haben das natürlich als Wiederholung erlebt.
Die von mir jetzt eingebauten, wertigeren Ersatzteile (bei den Kondensatoren eines anderen Herstellers, bei den Relais die hochwertigere Variante des Originals) haben nun für sich genommen eine absolut minimale eigene Ausfall-Wahrscheinlichkeit, die man in Grunde fast vernachlässigen kann - nochmals um eine Größenordnung unwahrscheinlicher, als es zu Beginn der Lebensdauer schon das bisher nie behobene Problem war (und das wurde auch genau aus diesem Grund nicht gefunden: extrem unwahrscheinlich, Folien-Kondensatoren setzen eben fast nie aus...).

Jedenfalls ist es eher der Myryad, der jetzt in einem sicheren Hafen ist und hat seine minimale Ausfall-Rate jetzt bereits erreicht hat. Und Sie begeben sich mit einem Neukauf wieder an den Anfang der statistischen Ausfall-Kurve und haben damit das weit höhere Risiko, sich mit einem anderen Gerät frischen Ärger ins Haus zu holen...

Gesamt-Übersicht

soviel zur Vorgeschichte. Und nun die eigentliche

Beschreibung

Es kommt in letzter Zeit nicht allzu häufig vor, dass ich mich für Verstärker neuerer Bauart erwärmen könnte. Da gibt es eine allgemeine Tendenz zur Nivellierung beherrschter Technik zum immer gleichen, breitbandig-hochauflösend-analytischen Einheitsbrei, fein, ja raffiniert und völlig charakterlos und nichtssagend. Aalglatt und Profil-los, lauter Schönheiten, die man mit ihrem Durchschnitts-Gesicht andauernd miteinander verwechselt und von denen aber keine in ganzen Sätzen zu sprechen vermag...

Das Schlimmste in letzter Zeit war in meinen Ohren ein Class-D-MicroMega-Vollverstärker der 2000€-Klasse, die perfekte Negativ-Synthese zwischen nervtötend aggressiver Klangfarbe und einschläfernd schleichender Gangart, ein Kunststück so viel Unerträgliches auf so geringer Bauhöhe zusammen mit so viel Nominal-Leistung unterzubringen.

Und vom äußeren Stil genau wie von einigen Aufbau-Details her würde sich dieses Gerät an sich auch einreihen in der Sammlung der Beliebigkeit.

Hier muss man allerdings ein wenig genauer hinsehen, ich bin an das Gerät wegen einer sehr angenehmen Hör-Erfahrung mit einem älteren Myryad-Modell immerhin ohne vorgefasste Meinung heran gegangen.
Und siehe da, man kann Standard-mäßig ausgeführte Details auch durchaus so gestalten, dass ein negativer Einfluss unterbleibt.

In der Übersicht fällt einem bereits eine gewisse Ähnlichkeit mit der Topologie eines Sugden A28b oder A21a auf, alles etwas vereinfacht und verkürzt, doch das ist kein Nachteil. Man hatte bei aller erkennbarer Sparsamkeit immer ganz genau darauf geachtet, nichts wesentliches zu streichen, allein die drei unabhängigen Netz-Trafos sprechen da Bände.

Die Konzeption erlaubt dadurch nämlich einen hohen Grad der Modularisierung und den Betrieb in einer 100%igen Vor-Endstufen-Konfiguration, die von HighEnd-Ketten mit Vorstufe und und Mono-Blöcken eigentlich nur durch die Zusammenfassung in einem Gehäuse abweicht.

die eigentliche Vorstufe besteht aus den drei kleinen ICs in der Mitte

Da wäre zunächst mal

die Vorstufe

Die Platine in der Mitte der Rückseite trägt eine Versorgung, eine vom Bedienfeld gesteuerte Umschalt-Einheit der üppigen Menge an Cinch-Buchsen und lässt die eigentliche Vorverstärkung und Lautstärke-Regelung vom Platzbedarf her absolut winzig wirken. Denn die eigentliche Vorstufe, das sind nur die drei ICs in der Mitte. Zwei Burr-Brown-Doppel-OPs, nicht vom Teuersten, aber vom Feinsten, kombiniert mit einem BUS-gesteuerten Regel-IC, dessen DA-Wandlung ein Paar interne Widerstände pro Kanal präzise verstellt. Da diese beiden Widerstände jeweils mit einem der Operations-Verstärker wie ein Potentiometer verbunden ist, der andere OP pro Gehäuse den Puffer spielt, hat man hier Preis-Leistungs-mäßig vermutlich eine der effektivsten Vorstufen-Varianten nach dem Stand der Technik vor sich. Masse-arm und damit u.a. mit niedrigen Wirbelstrom-Verzerrungen, geringste räumliche Signal-(Laufzeit-)Verteilung, Verzerrungs-, Anstiegs- und Gleichlauf-Verhalten mindestens theoretisch um Welten besser, als das ein traditionelles Potentiometer je könnte, vor allem nicht nach jahrelangem Verschleiß und Korrosion.

Selbstverständlich geht es auch noch besser, doch garantiert nicht im gesteckten Technik-, Design- und Preis-Rahmen.
An der damit verbundenen teuren Relais-Umschaltung erkennt man auch sofort, dass diese Entwicklungs-Abteilung durchaus traditionell gedacht hat und sich der erwähnten Eigenschaften durch und durch bewusst war.

Minimalistisch, durchdacht, gut gemacht!

Standby-Netzteil vor einem Endstufen-Modul

Die Endstufen-Module...

...und dass ich mich bei deren Aufbau gleich an Sugden-Verstärker erinnert fühle, liegt an mehr als einer Ähnlichkeit.
Lang gestrecktes, auf der Längs-Seite stehendes Modul mit bipolarer Transistor-Technik, bei der verschiedene Stufen sich auch durchaus erwärmen. Sicherungen, Kanal-unabhängige Gleichrichter und Lade-Elkos auf dem Modul, versorgt mit eigenen Wechselspannungs-Wicklungen direkt vom Trafo, Ausgangs-Relais.

Alles keine zufälligen Ähnlichkeiten. Und gute Voraussetzungen, wenn man's richtig macht.

Auch dass man als Eingangs-Koppel-Kondensator einen 1µF-Folien-Typ verwendet, ist an sich eine sehr zuverlässige, dauerhafte und Verzerrungs-arme Lösung. Ein Versagen ausgerechnet an dieser Stelle kann der Hersteller nicht auf dem Zettel gehabt haben, zumal auch die ursprünglich verwendeten Teile keine Billig-Ware gewesen sind.

Gut, bei den Relais hätte man mehr investieren können, doch die waren's ja am Ende gar nicht. Und dieses Exemplar hat ja jetzt auch bessere...

Jedenfalls habe ich keine Elkos gewechselt oder sonst welche Maßnahmen ergriffen, die Erwärmung ist gleichmäßig mäßig, also stimmt der Ruhestrom aller Wahrscheinlichkeit nach perfekt - selbst Nachmessen bringt da nichts, das kann man in 10 oder 15 Jahren mal alles kontrollieren und dann nach Bedarf eingreifen.

Dann hören wir uns das mal an...

an den Bluesline Beat mit dem modifizierten Philips CD753
- und?

...wirklich angenehm! In meinen Ohren (nach momentan dauerndem Hören auf den Symphonic Line RG4-Endstufen) vielleicht kein erschütterndes Dynamik-Wunder. Doch es war bei kaltem Verstärker sofort alles präsent. Nicht dass er sich nicht auch noch ein wenig warm spielen und nach Laufzeit noch besser klingen würde, doch bereits aus dem Stand würde ich sagen "Hut ab".

Andere Tester haben das Gerät als "luftig" beschrieben, dem würde ich mich anschließen. Er spielt deutlich in die Tiefe, lässt Phantom-Schallquellen klar unterscheiden und umsäuselt sie auch mit einem ordentlichen "Atem", will sagen, dass auch die zugehörigen Reflektionen nicht in einem allgemeinen Matsch untergehen. Zu verdanken hat das Gerät das meines Erachtens der schlichten, traditionell britischen 2-Transistor-Topologie der Ausgangs-Stufe mit ihrem genau austarierten Grad an Gegenkopplung und Ruhestrom. Gläserne, nervige Übernahme-Verzerrungen wie bei Leistungs-MOSFETs sind diesen bipolaren Transistoren fremd. Die mögen sich meinetwegen leichter per Überlast zerstören lassen (ganz großer Kritikpunkt: die blanken Lautsprecher-Klemmen laden zum kurzschließen geradezu ein, dem Käufer würde ich das Gerät mit einer schützenden Schrumpfschlauch-Umhüllung an dieser Stelle übergeben). Doch sie haben ein minimales, völlig unaufdringliches, warmes Klirr-Spektrum und lassen damit Klangfarben hervorragend passieren. Da die Abstimmung auch auf übermäßige Selbst-Beschäftigung per Gegenkopplungs-Schleife verzichtet, ohne den "grip" dabei völlig außer Acht zu lassen, ist ein "luftiges" Verhalten bei diesem Gerät durchaus logisch.
Ich für meinen Teil hätte vielleicht eine etwas geringere Maximal-Leistung mit einem "festeren" Netzteil kombiniert, doch wie er ist, ist er dennoch ausgewogen und absolut vielseitig ausgelegt.

Ganz offen gesprochen: einen besseren bezahlbaren Vollverstärker mit einem Alter von unter 10 Jahren habe ich seit Jahr und Tag nicht gehört. Endlich mal was neues, mit dem man es mehr als aushalten kann!

Richtig Spass macht er mit kleinen Ensembles und als Bestandteil einer "kleinen" Kette - keinesfalls sollten Sie hier übrigens an der Quelle sparen, er lässt so unverzerrt gut durch, dass Sparen oder Investieren am Frontend wirklich einschlägt.

Zubehör vorhanden