Vollverstärker

Audiolab 8000a erste Version
(baugleich Camtech VT100)

zuletzt verkauft für 459€

Revision:

  • Erneuerung aller kleinen Elektrolytkondensatoren (bis auf die Lade-Elkos des Endstufen-Netzteils, hier Austausch nur auf Wunsch)
  • Zerlegen/Reinigen/Versiegeln aller Bedienelemente
  • Nacharbeiten Lötstellen, Platine Reinigung, Ruhestrom kalibrieren/korrigieren

Eigenschaften:

  • 4 Lautsprecher-Anschlüsse, davon 2 schaltbar (Zweitgruppe oder für Kopfhörer-Betrieb)
  • Kopfhörer-Buchse 6,3mm
  • Phono MM/MC schaltbar mit jeweils eigenen Cinch-Buchsen, für MM ein Paar Cinch-Buchsen zusätzlich zum Anstecken von Anpassungs-Impedanzen vorgesehen.
  • 2 Line-Eingänge "CD"/"Tuner"
  • Eingangs-Wahlschalter
  • 2 Tape-Schleifen
  • Record-Wahlschalter
  • Vor-Endstufen-Trennung, Cinch Buchsen Vorstufen-Ausgang und Endstufen-Eingang vorhanden.
  • Klangregelung (abschaltbar)
  • Balance

Das Gerät

es waren meines Wissens rechtliche Gründe, warum es die Firma Audiolab auf dem europäischen Festland auch noch unter dem Label "Camtech" gab, prinzipiell sind aber die Camtech-Geräte aus der gleichen Fertigung und mindestens sehr ähnlich, wenn nicht identisch aufgebaut, oft liegt der Unterschied nur im Aufdruck.
So auch hier bei diesem 8000a der ersten Generation, der entspricht einem Camtech VT100 - wobei ich jetzt einschränkend zugeben muss: bei diesem Gerät sind ein paar Komponenten gemischt, wieder mal eine Art "Reste-Essen", mehr dazu später.

Die Art des Aufbaus unterscheidet Audiolab sowohl klar von anderen "Briten", als auch von japanischen oder amerikanischen Konzepten. Dieses Gerät ist dafür recht beispielhaft.
Zu den britischen Konzepten würde ich den 8000a in Sachen Netzteil-Auslegung und Kühlung sowie in Anbetracht des zumindest in der Höhe recht klein gehaltenen Gehäuses.
Auch die einteilige, durchgehende Platine würde eher für die Insel sprechen.
Doch mehr noch als einem Cyrus-Verstärker würde ich diesem auch z.B. ein paar sehr japanische Züge zuschreiben, dazu zählt unter anderem die Auslegung des Phono-Teils, insbesondere die Schaltungsart - und das gleiche gilt auch am anderen Ende, der Plan der Endstufe könnte prinzipiell auch in einem japanischen Industrie-Gerät auftauchen.

Die Ausstattung bewegt sich ebenfalls zwischen diesen Welten, keine riesige Spielwiese mit 25 Bedienelementen, die doch nur vermehrt vorzeitige Ausfälle provozieren, sondern konzentriert und aufgeräumt - doch für Puristen immer noch reichhaltig - ausgestattet.

 

Was es hier immer zu tun gibt

Auch dieses Gerät hat bereits ca. ein Viertel Jahrhundert hinter sich, da sind, wenn man es ernsthaft, störungsfrei und mit optimalem Klang weiter nutzen will, einfach die üblichen Verschleisspunkte zu beseitigen. Das sind einerseits die Elektrolytkondensatoren und andererseits die Bedienelemente (genauer: deren meist versilberten, inneren Kontaktflächen).

Bei diesem Gerät erneuere ich die Elkos sogar mit besonderer Freude, man hat im Stil der Zeit mit Elna-Audio-Kondensatoren bestückt, die in meinen Augen wegen ihrer inneren Dämpfungsmaßnahmen in Sachen Analytik stets über's Ziel hinaus schießen - wenn die aus Altersgründen ohnehin weichen müssen, bevorzuge ich als Ersatz mindestens gleicher Qualität meine immer wieder verwendeten Panasonic-Typen der Baureihen FC und FM. Im Ergebnis verliert das Gerät keinen Deut an klanglichen Details, doch wechselt aus der Liga "analytisch" in die Liga "musikalisch".

Weil die Kontakte der Bedienelemente nicht nur aussetzen können, sondern auch verzerren, muss, die ganze Front weg, alles dreh- und drück-bare ausgelötet und angemessen von Korrosion befreit und vor neuer geschützt werden - die Drehschalter werden mit Politur gereinigt, dann samt den Potentiometern und Druckschalter im Ultraschall-Bad von allen restlichen Belägen und Rückständen befreit. Das blanke Silber erhält ein spezielles Schutz-Öl als dauer-stabile Abschirmung gegen die Luft. 

Die Bedien-Elemente nach dem Wieder-Einbau

Die Endstufen: schnelle, japanische Zweiloch-Typen von Sanken, ab der Spannungs-Verstärker-Stufe total-symmetrisches Schaltungs-Konzept mit Compound-Leistungsstufen

Das Gerät hat drei Geschichten

begonnen hat das ganze bei einem Händlerkollegen. Der hat einem seiner Kunden einen Camtech VT101 verkauft und ihm wenig später den Tipp gegeben, er solle für noch besseren Klang seine Anlage mal "entmagnetisieren". Zu diesem Zweck hat er ihm eine Test- und Einbrenn-CD mit nach Hause gegeben (vermutlich XLO...) und angewiesen, er solle:

  • die Lautsprecher mit den Fronten gegeneinander stellen und einen verpolen
  • den entsprechenden Entmagnetisierungs-Track in Wiederholung abspielen und
  • dabei voll aufdrehen.

Die Lautsprecher-Maßnahme war dafür gedacht, den nach außen dringenden Pegel möglichst gering zu halten, doch hat der Kunde unter "voll" aufdrehen vermutlich etwas anderes verstanden als der Händler, nämlich den Rechts-Anschlag des Lautstärke-Reglers. Er meinte, das sei so unerträglich laut gewesen, dass er den Raum verlassen habe, doch was tut man nicht alles für den guten Klang...

...als er wieder kam, war es still.

Hätte ich ihm voraussagen können, doch mich hat ja keiner gefragt. Abgesehen davon, dass ich den ganzen Vorgang auch bei richtiger Durchführung für Humbug halte - das Kühlkonzept und die Hifi-Auslegung des Geräts ist nicht für andauernde Total-Übersteuerung unter Last gedacht, so was können Sie vielleicht ungestraft mit einer Bühnen-Profi-Endstufe voller Schutzmaßnahmen machen, aber grundsätzlich mit keinem Hifi-Gerät.

Wie die CD jetzt in der Anlage irgend etwas besser "magnetisieren" oder "entmagnetisieren" können sollte, als beliebige andere Signale ohnehin tun, bleibt das Geheimnis des Herstellers der CD. Ich glaube ja, das so manches sich einer messtechnischen Erfassung allein schon aufgrund seiner Komplexität entzieht und noch lange entziehen wird, doch bei technischen Geräten schadet ein technischer Denkansatz nicht, künstlerische Ambitionen sind dadurch ja nicht ausgeschlossen und sollen es auch nicht sein. Es gibt so eine gewisse "halb-wissenschaftlich-esoterische" Grenze, auf deren einen Seite ich gerne drüber nachdenke, ob so etwas eventuell sein könnte und jenseits derer ich von eindeutiger Scharlatanerie ausgehe. Sollen meinetwegen die Leute an Entmagnetisierungs-CDs glauben, die auch ihre CDs entmagnetisieren (...Polycarbonat, dass sich zudem permanent am Magnetfeld des Linsen-Antriebs vorbei bewegt...). Und im konkreten Fall: so gut wie jeder Audio-Verstärker geht per Definition nur mit Wechsel-Spannungen und -Strömen um, nennenswerte unerwünschte (Gleich-)Magnetfelder, die man z.B. in Bildröhren und Kapstanwellen überhaupt nicht brauchen kann, baut ein Lautsprecher-Stromkreis daher nur im Defektfall (zuviel DC/Offset) auf und wird daher auch mit hohen Wechselstrom-Durchsätzen kaum in der Lage sein, so etwas wieder abzubauen. Und wo immer ein magnetisches Gleichfeld in der Nähe des Lautsprecher-Kreises liegt, was soll es da schaden? Teils ist es ja sogar volle Absicht, z.B. beim Lautsprecher-Dauermagneten. Den zu entmagnetisieren wird erstens nicht gelingen - und könnte es dennoch gelingen, wäre es zweitens keine gute Zielsetzung. Ich lege daher mehr Wert drauf, den DC-Offset des Verstärkers zu kontrollieren und ggf. zu korrigieren - das bringt nämlich WIRKLICH was.

Die Platine war verbrannt, der Händler hat das Gerät angeblich "auf Garantie" eingeschickt. Der Blick auf die Platine, die nach Jahren mehr schlechten denn rechten Betriebs wieder ausgefallen war, hat aber weniger nach einer Werks-Reparatur, sondern nach einem heillosen Gefrickel in braun-schwarzer Kohle ausgesehen - das Gerät habe ich ihm umgehend für tot erklärt, weil die verbrannte Platinenfläche einerseits riesig war und andererseits zentral in der Platine saß.

Er wollte seinen Camtech in seinem Gehäuse wieder haben, funktionstüchtig, also wurde ein dem VT101 baugleicher Audiolab 8000a (also jünger als der hier) gebraucht aus Italien beschafft und dessen Platine komplett revidiert in das VT101-Gehäuse gebaut. Jetzt hatte er einen "neuen", die verbrannte Platine und das übrige, recht hübsche 8000a-Gehäuse blieben bei mir - das waren die beiden ersten Vor-Geschichten.

Schließlich habe ich in ebay Polen einen alten 8000a ohne Trafo entdeckt, bei dem zwar eine Endstufe defekt, doch die Platine im Prinzip unbeschädigt war - einen Trafo hatte ich ja.
Und so ist unter Revision und Reparatur dieser intakten Platine (mit Einsatz auch der zu den Schaltern passenden Front, der Aufdruck passt sonst nicht zu den Schalterstellungen) im Gehäuse und mit dem Trafo des neueren 8000a ein tip-top revidierter, neuwertig funktionierender 8000a der ersten Generation entstanden.
Sie merken: die verbrannte Platine und ein komplettes Gehäuse ohne Trafo sind noch übrig...

Das Gerät hatte ein Stammkunde eine Weile, bis er seine Sammlung aufgelöst hat, dann habe ich es liebend gern zurück gekauft. Der 8000a ist also schon ein wenig eingespielt, es sind natürlich jetzt auch keine Früh-Ausfälle durch Material- oder Verabeitungsfehler mehr zu erwarten - umso weniger Bedenken habe ich, das Gerät erneut mit 3 Jahren Garantie anzubieten, denn das ist nur ein kleiner Bruchteil der noch zu erwartenden Lebensdauer.

Der Phono-Eingang nimmt gut ein Drittel des Geräts ein und ist sehr aufwändig gemacht

Die Anschlüsse lassen für ein reines 2-Kanal-Gerät keine wichtigen Wünsche offen

Klangliche Einschätzung

Das was das Gerät konzeptionell ganz offensichtlich sein sollte, ist es auch von der akustischen Seite: ein flexibler Allrounder.
Mittlere Leistungsklasse, nicht zu hoher aber durchaus kontrollfähiger Dämpfungsfaktor, durch die Compound (Quasi-Darlington)-Endstufen ist auch die Lautsprecherkopplung ein Kompromiss zwischen der festen, lokal gegengekoppelten Lautsprecher-Anbindung amerikanischer Konzepte und der Röhren-gleichen, nur über die Gesamtschleife korrigierten eines Musical Fidelity A-Geräts.
Entsprechend vielseitig lässt sich das Gerät in kleinen bis mittelgroßen Anlagen einsetzen.
Der 8000a kommt durchaus glatter und störungsfreier rüber, als das z.B. ein Onix tut, ist dabei auch messtechnisch viel weiter optimiert.
Dass er nun auch rund, locker, ja rotzig daher kommen kann, macht er erst seit der Revision - analytischer, japanischer als die meisten Briten mag er ja noch ein wenig sein, doch das kann einem bei diesem Gerät auch sehr gefallen.
Die "Zugkraft" ist nicht so "grobmotorisch" wie beim erwähnten Cyrus2 - der bringt am PSX ja stets alles zum Wackeln - aber das Gerät wirkt kräftig und tritt überzeugend auf, es staffelt mit seinem großzügig ausgelegten Netzteil auch der Preisklasse angemessen hervorragend das Musikgeschehen, immer mit Detailfreude, rockt dabei weniger (aber sauberer) als ein OA21, unterschlägt z.B. mehr Hall-Anteile als ein Exposure X, kommt dann aber auch mit Lautsprechern zurecht, die für den einen oder anderen der Genannten eine fatale Fehlanpassung wären. Insofern kann er auch beide schlagen, denn da, wo denen der passende Partner fehlt, gehen sie ziemlich unter, er dagegen geht einfach mehr auf den vorhandenen Lautsprecher ein und bietet ein sehr gleichmäßig gutes Ergebnis.

Wenn Sie für Ihre Stereoanlage einen Wanderer zwischen den Welten in allen Belangen suchen, mit diesem hier haben Sie in den unterschiedlichsten Kombinationen eine gute Chance, ihn zu Klingen zu bringen.

Und so was behaupte ich selten von einem Gerät, es gibt viele Geräte, die in ganz bestimmten Kombinationen mehr erreichen, doch wenige, die so viel so gut in so vielen unterschiedlichen Umgebungen darbieten können - auch bei völlig unterschiedlichen Musikrichtungen.

Nur bitte nicht wieder "entmagnetisieren"!
(aber das gilt für jeden Verstärker...)