Idealer Doppelwellen-Gleichrichter

Preis der ersten, aufwändig handgefertigten Module (10 Stück) noch Einführungspreis, kalkulierte Selbstkosten mit Einbau im Rahmen einer Revision/Reparatur RG9/10/11/14 >=MK3:
ab 178,-€**
danach in Serienfertigung ab 398,-€**
**bei Inanspruchnahme Skonto

der Erstling im vermutlich finalen Layout

Doppelwellengleichrichtung - was soll das sein?

Nun zunächst mal kann man in einem traditionellen Doppel-Spannungs-Netzteil, wie es die überwiegende Mehrheit der analogen Hifi-Verstärker verwendet, mit einem einzigen Grätz- oder Brücken-Gleichrichter für beide Spannungen auskommen. Das hat sogar Vorteile, im Grunde arbeiten die beiden Dioden wie zwei Zwei-Dioden-Zweiwege-Gleichrichter in Reihe, der Mittelpunkt (=Lautsprecher/Signal-Masse) wird aus der Mittenanzapfung der Trafo-Wicklung gewonnen. Bei guter Präzision des Trafos sind die so gewonnenen +/-Spannungen gleich groß und bei einem guten Gleichrichter (also mit möglichst gleichen Durchlass-Spannungen) ergibt sich auch kein Gleichfeld im Trafo, was diesen einseitig sättigen und zum Brummen bringen könnte. Ganz großer Vorteil ist allerdings, dass man auch nur zwei Dioden-Durchlass-Spannungen VERLIERT bei der Gleichrichtung gleich zweier Betriebsspannungen, das macht in dieser traditionellen Technik auch die größte Effizienz bzw. den geringsten Leistungs-Verlust. Man erzielt also bei einem Verstärker in traditioneller Bauweise so aus einer gegebenen Trafo-Doppelwicklung so auch die höchst-mögliche Nennleistung.

Doch was sind die Nachteile?
Die kommen besonders dann ins Spiel, wenn die verwendeten Teile eben nicht ganz so perfekt sind - also wie im richtigen Leben. Kleine Asymmetrien der Dioden und der Trafo-Wicklung erzeugen Schräglagen, die dann auch die Belastbarkeit einseitig machen. Zu brummenden Trafos gesellen sich dabei häufig auch Effekte durch den direkt in die Wicklung gezogenen Masse-Bezug - nichts ist wirklich potential-frei unabhängig, auch Störungen vom Netz oder die Wicklungs-Kapazitäten werden aus Schaltungs-Sicht unsymmetrisch.

Also hat man in Duisburg beschlossen: Doppelwelle ist besser.
Nun, in mancherlei Beziehung stimmt das. Mein klanglicher Eindruck war allerdings erst mal: es wird sauberer, aber auch gebremster. Und genau das liegt auch auf der Hand, denn jetzt hat man eben in jeder Versorgungshälfte vier Dioden, alle Unsymmetrien samt Bezugs-Punkt-Problemen sind zwar beseitigt, aber das Netzteil hat auch bei gleichem Trafo schlicht 2V weniger Spannung, die zusätzlichen Dioden haben auch einen differentiellen Innenwiderstand, der das Netzteil "aufweicht" - die Nennleistung des Verstärkers sinkt also mit dieser Ausrüstung und der Gesamt-Innenwiderstand des Netzteils steigt prinzipiell. Und außerdem waren die meisten Doppelwellen-Module in RG9 und RG10-Verstärkern, die mir bislang auf den Tisch kamen ...sagen wir "kein Ausbund von Schönheit", die Dinger hatten insbesondere auf der Lötseite mehrheitlich einen extremen Bastler-Charme.

von oben ist die Werks-Nachrüstung einigermaßen "schick"

Von unten hab ich leider kein schärferes Foto, lässt sich gelegentlich nachliefern. Das "exemplarische" wird aber deutlich.

Für mich kommt noch dazu, dass ich die verwendeten "Snubber-Kondensatoren" parallel zu den Dioden für grundsätzlich eher schädlich als nützlich halte, das Trafo-Klingeln, das sie verhindern sollen, kann man mit einer Parallel-Kapazität zur Wicklung im Grunde viel wirkungsvoller beseitigen - und das, ohne permanent einen zusätzlichen Hochfrequenz-Störung-Pfad vom Netz an den Dioden vorbei Richtung Versorgung zu öffnen. Und dann muss ich auch noch ganz hart dazu bemerken: einen guten Teil des positiven Effekts beim RG9/10/11-Endstufen-Doppelwellen-Modul beruht in meinen Augen gar nicht auf den Dioden und der doppelten Gleichrichtung, sondern schlicht auf der Auswahl der gleich am Gleichrichter platzierten kleineren Elkos - die liegen resonatorisch betrachtet elektrisch wie mikrophonisch nämlich im Grundton- und Mittenbereich und wirken hier am Gleichrichter einerseits Störungs-mindernd, weil sie weiter fließende Ladungsströme unterbinden und andererseits "Lockerheit spendend", weil sie als Stromquelle gerade im musikalisch wichtigen Zentrum das unterstützen, was beim RG9/10/14 seit der MK1-Version ja keinen kleinen Puffer-Elko mehr in der Topologie hatte, dieses Feature war bei den 90er-Jahre RG1-basierten Endstufen noch vorgesehen, aber nicht bestückt - erst sicherlich nur wegen eines Layout-Fehlers, dann vermutlich aber auch, um den Abstand zur RG1/4/7 zu wahren. Ein wenig wird das hier dann mit Panasonic-M/AMX-Typen nun wieder verbessernd ins Spiel gebracht und macht die Geräte tonal ausgeglichener.

Zusammenfassend kann man sagen: die originalen Doppelwellenmodule kosten in den Endstufennetzteilen ein klein wenig Leistung und Punch, dafür klingt das Gerät dennoch Störungs-freier, sauberer, besser abgestimmt. Und eingebaut werden die im Grunde nur im Rahmen einer ansonsten nicht allzu umfangreichen Endstufen-Überarbeitung hin zum letzten Stand MK3, MK4 oder MK5 (das durchschaue ich anhand der Preisliste nicht ganz, doch ist ja auch Ermessens-Sache) - Listenpreis bei 1000€.

Und hier kommt jetzt die Nachrüstung, die bei Einbau genau der gleichen Maßnahme NUR Vorteile und keinen der Nachteile hat.

Gesehen bei Abacus

Eine Abacus-Endstufe hatte ich hier. Und die konnte Preis-Leistungs-mäßig unglaublich gut punkten. Nebenbei habe ich mich mit deren Netzteilen befasst (wobei es in deren Topologie auf das Netzteil weit weniger ankommt als bei Symphonic Line) und erstaunt festgestellt, dass manche Modelle Gleichrichter nicht aus Dioden, sondern aus MOSFETs besitzen, angesteuert von Markt-gängigen Mini-ICs. Genauer nachgelesen, chinesische Gleichrichter-Ersatz-Platinen analysiert, Datenblätter von Analog Devices gewälzt und die Idee super gefunden.

Wir haben hier im Grunde einen Ableger der Technik, die auf Computer-Boards die lokale Versorgung von Prozessoren mit unglaublich hohen Strömen bei extrem niedriger Spannung ermöglicht, ohne dass etwas "überkocht".
Eine Diode mag unkomplizierter Weise von sich aus nur in eine Richtung leiten, doch sie hat dabei immer eine Material-abhängige Schwellspannung zu überwinden. Bei Standard Silizium-NP-Übergängen sind das ab ca. 0,6V in Durchlassrichtung, bei (in Gleichrichtern empfindlicheren) Schottky-Dioden aus einer Silizium- und einer Metallschicht immer noch mindestens die Hälfte. Das macht bei großem Strom auch große (Verlust-)Hitze. Da ist das Symphonic-Line-Netzteil keine Ausnahme, gibt man Gas, wird der Gleichrichter warm, was immer er dabei weg heizt, erreicht zudem nicht den Lautsprecher.

Und wenn man statt vier Dioden vier MOSFETs benutzt? Nun, die verhalten sich fast wie reine Schalter. Die haben voll durchgesteuert/eingeschaltet je nach Typ nur ein paar wenige Milliohm Rest-Widerstand und erwärmen sich dadurch so gut wie nicht - selbst bei gigantischen Strömen tun es dabei fast ungekühlte winzige SMD-Knöpfchen.

Für mein Doppelwellen-Modul habe ich momentan MOSFETs mit ca. 3,5mOhm ON-Widerstand im Einsatz, die über 120A aushalten und 80V. Die Steuer-ICs vertragen maximal 72V, man käme bei einem RG9 mit seinen +/-54V also ohnehin nicht mit einem gemeinsamen "ideal rectifier" hin, man MUSS Doppelwellen-gleichrichten. Nur dass das hier auch völlig egal ist, da es ja keine Dioden-Verluste, keine Erwärmung und nicht mal Schalt-Geschwindigkeits-Probleme gibt. Gleichrichter mit "superschnellen" selbst schaltenden Dioden - fein. Sanft ein- oder ausgeschaltete MOSFETs - viel besser.
Die MOSFETs schalten nämlich nicht wie Dioden vom Erreichen- oder Unterschreiten der Ladespannung durch die Trafospannung "reaktiv unsauber" aufgrund den Last-Kreis-Verhältnisse. Nein, es wird gezielt gesteuert. Und damit entfallen auch nahezu alle spektralen Probleme, die sonst von der Dioden-Geschwindigkeit abhängen. Zusammenfassend leicht überspitzt: Dieser Gleichrichter produziert einfach keine Störungen. Und er hat als Doppelwellen-Modul durch fehlenden Verlust und fehlenden Widerstand auch keine Einbußen in Dynamik oder Maximalleistung, im Gegenteil steigt die Leistung eines nachgerüsteten Verstärkers bei mir im gleichen Maß, wie sie bei einer Nachrüstung in Duisburg fällt.

Ein kleiner Effizienz-Nachteil bei großzügiger Dimensionierung der Schalt-MOSFETs geht aus der Empfehlung Datenblatts hervor, bevorzugt die kleinst-möglichen Leistungselemente einzusetzen. Denn die "dicksten" MOSFETs haben auch die größte Gate-Kapazität und schalten damit noch langsamer (=sanfter), aber eben auch Verlust-reicher, eben "bedämpft". Im vorliegenden Anwendungs-Fall ist jedoch der eventuell zu erwartende Spitzenstrom beim Einschalten oder bei großer Last an niedriger Lautsprecher-Impedanz deutlich wichtiger, als ein paar Milliwatt mehr Verlustwärme, alle MOSFETs sind auf Kupferflächen montiert und somit sogar verhältnismäßig gut gekühlt. Hohem Spitzen-Strom und niedrigem Rest-Widerstand ist also in der Audio-Verstärker-Anwendung der Vorzug zu geben.

Das abgebildete Prototyp-Board ist noch Hand-bestückt, bei diesen Bauteilen extrem schwierig und Zeit-aufwändig.

Hörtest-Bericht

Doppelwellen-Modul in meinem Bluesline Stage (~RG9)

Das ist jetzt schwer. Schwer auseinander zu halten, was von was kommt. Denn gleichzeitig habe ich die neueste Version (9) des Mindestruhestrom-Moduls eingebaut und die gesamte Schaltung auf MK5 umgestellt. Und nach Anfangs-Unzufriedenheiten die Korrektur-Maßnahmen für die vorige MK3-Version entfernt, einen präzisen Ruhestrom-Abgleich unter Berücksichtigung letzter Klirrfaktor-Messungen und der gewünschten (Körper-)Temperatur für die MLYTIC-Elkos - also 37°C unter der Haube.

Nachdem am Vortag nämlich noch ein komplett übertriebener oberer Grundton hervor trat, der alles nach vorn gespielt und damit auch die Plastizität komplett nieder gebügelt hatte, bin ich davon ausgegangen, dass der wesentlich gleichmäßigere Dämpfungsfaktor der MK5-Anpassung meine Leitwert-Anpassungen in den oberen Registern einfach nicht verträgt. Dazu muss man wissen, dass man mit MK5 in Duisburg wohl erst mal sowohl die MK4-Ausfälle abstellen wollte, als auch längerfristig beschaffbare Teile ins Spiel bringen - vielleicht hat man ja auch meine Kritik hierzu gelesen. Das Ergebnis habe ich erstmals bei einem neuen RG14 Edition gehört, fand das von Vornherein endlich wieder einen richtigen Schritt und guten Griff - und weit besser als die MK4-Varianten abgestimmt. Man hat leistungsfähigere (bessere Wärme-Abgabe) Transistoren in die ersten zwei Stufen genommen und sich dabei von obsoleten japanischen Typen verabschiedet. Die Leistungs-Einstellungen wurden hier gleichzeitig zurück genommen und auch noch massiv gekühlt - in dieser Form sogar völlig übertrieben - bei größeren Transistoren und deutlich gedrosselter Leistung. Was nicht warm wird, muss man nicht kühlen. Die Maßnahmen haben den Spannungsverstärker linearisiert und die Über-alles-Gegenkopplung verringert, damit den Dämpfungsfaktor etwas gesenkt und ihn zudem stark linearisiert. Begleitend wurden die Kompensationen überarbeitet, viel teure Glimmer-Kondensatoren und an anderen Stellen Wima FKP. In Summe ist damit auch der Frequenzgang der Endstufe im fernen Ultraschall-Bereich zugunsten der Schaltungsstabilität reduziert - die Abhängigkeit der Stabilität vom Lautsprecher-Kabel dürfte also ebenfalls deutlich reduziert sein, MK5 ist hier vielseitiger als die Vorgänger-Variante. Und das erste Probe-Exemplar klang mir von vornherein gelungen abgestimmt, wenn auch nach meinen Erfahrungen mit Mindestruhestrom immer noch zu unsauber und wenig packend, noch etwas nichtssagend. Vor allem wohl, weil die Schaltung mit abschaltenden Endstufen-Transistoren halt keine Leiterbahn-Verstärkungen verträgt, die ich inzwischen in jedem SL-Vollverstärker gewohnt bin. Die Entwicklungs-Richtung in Duisburg ist jedenfalls gut und richtig, die Haltbarkeit gegenüber MK4 von "schlimm" auf "quasi unkaputtbar" verbessert.
Und was auch noch Einzug gehalten hat, sind die Tugenden guter Engländer, sich nicht zwingend nur um "ich kann und zeige alles" zu kümmern, sondern je nach Aufnahme ganz locker und frisch "aus der Mitte" zu spielen, die etwas zu flache Rhythmik bei kleinen Kombos und Kammermusik in Kombination mit kleinen, einfachen Lautsprechern. Da ist eindeutig viel dazu gekommen, ohne den Rest zu kompromittieren. 
Eine absolut klare Empfehlung. MK4 war Mist, MK5 ist ein großer Wurf.

Und jetzt kam bei mir der Durchzug-starke, Störungs-freie Gleichrichter mit seinen Zusatz-Elko-Maßnahmen dazu, da musste erst mal alles weg, was ich der MK3 ausgleichend zur Seite gestellt hatte. Viel gebracht hat aber eben auch, den Ruhestrom neu festzulegen und das Verhältnis zum Mindestruhestrom exakt 2 zu 1. Denn hiermit sinkt radikal der Klirrfaktor weit unter das Original . Wohlgemerkt ohne sonstige Änderung von Schaltungs-Parametern, nur durch die genau definierte Signal-Übergabe zwischen den nicht mehr abschaltenden Leistungs-Transistoren. Klirr, der vorher durch doppelte Verstärkung im Class-A-Bereich zusätzlich zu chaotischen Schaltfahnen vorhanden war. Dabei noch die Elkos schnell, präzise und stabil auf die gewünschte Temperatur gebracht um eine breitbandig gleichmäßig niedrige Quell-Impedanz durch angewärmte Ionen in der 125°C-Elektrolyt-Soße zu erreichen

Alles was mir am Vortag noch nicht gefallen hatte und das Gerät noch zu einem von vielen nicht ganz korrekten Kandidaten gemacht hatte, war nach den Maßnahmen weg, alles kohärent, gleichzeitig räumlich, präzise zum Signal passender Hall-Anteil, Tiefe, nach vorne spielen, Mitte, Stimmen korrekt, alles vom Lautsprecher gelöst, Bassdrum am Boden, unglaublich farbig und gut verfolgbare Linien in allen Stimmlagen.

Der Anteil des neuen Gleichrichters drückt sich in der lockeren Macht des Geschehens aus - ich hatte aus meinem Stage wegen einer gewissen "Mulmigkeit" ohnehin bereits die bei Bluesline in Gefrees aufgedoppelten F&T-Elkos wieder entfernt und einen eher festeren, tieferen Bass erhalten. Die MOSFETS zeigen nun, dass "leises, aber ungebremstes" Nachladen einen Wert für sich darstellt, der mit immer größeren Kapazitäten klanglich nicht aufzuholen ist, weil diese Medaille die Kehrseite von immer mehr Mikrophonie und erhöhten Ladestrom-Störungen hat.

Im resultierenden Ensemble hat sich der "ideale Doppelwellen-Gleichrichter" innerhalb nur eines Tags unentbehrlich gemacht und wiegt mit seinem Fliegen-Gewicht zig teurere Elko-Kapazitäts-Orgien leicht und locker auf. Bei mir bleibt das drin. Am liebsten würde ich mein Gerät so mal in einem Hifi-Magazin-Test gegen so einen von oben bis unten gravierten größten Neu-RG10 aus Duisburg antreten lassen, rein informativ...