Vollverstärker

Arcam Delta 90

Verkauft 2023 mit 3 Jahren Garantie*
*Erläuterung siehe Garantiebestimmungen
für 610,-€** (Mitnahmepreis)
**bei Inanspruchnahme Skonto

Revision:

  • Alle Elektrolytkondensatoren und Trimmer erneuern
  • Bedienelemente zerlegt und gereinigt/versiegelt.

Eigenschaften

  • matt schwarz lackiertes Gehäuse - verschlissener Zustand
  • Phono MM/MC mit Umschalter rückseitig, je ein Paar Eingangsbuchsen, Masse-Rändelschraube 
  • Klangregelung, per "direct" abschaltbar
  • Mono-Schalter
  • 2 Paar Lautsprecher-Buchsen, davon ein Paar an der Front abschaltbar
  • Kopfhörer-Anschluss
  • Balance durch 2-Ebenen-Lautstärke-Regler
  • 4 Line Eingänge
  • davon 2 Tape Schleifen
  • Quellwahlschalter und Record-Schalter

Frontansicht (die Reflektion auf dem Deckel kommt von der Chromfront des Geräts dahinter)

hinten

innen

Außen Pfui...

Mein Kollege hat sich einen "großen Bruder" des hier bereits ausführlich beschriebenen Alpha der ersten Generation gekauft und ihn schon mal durch und durch fit gemacht - weil er einen unserer Kunden in einem Punkt falsch eingeschätzt hat. Der hat sich für das Gerät interessiert und hat auch eine gute Urteilskraft, was das Gehör angeht. Doch niemals würde er sich mit einem Gerät zufrieden geben, das äußerlich nicht wenigstens "near mint"-Eigenschaften aufweist. Ich hatte ihm bereits einen meiner Exposure CD-Player zugeschickt, klanglich das größte Lob erhalten. Nur dass die Schublade aus Plastik ist und bei der Benutzung auch so klingt, das ging eben gar nicht. Dabei zählt überhaupt nicht, dass es genau diese billigen Schubladen und Laufwerke sind, die einerseits keinerlei klangliche Nachteile bringen, andererseits das Gerät erst richtig nachhaltig machen - weil es sie "im Feld" zu hunderttausenden noch gibt, in weit verbreiteten Philips-Playern, die man als Ersatzteilspender für einen Apfel und ein Ei bekommt, wo Edel-Teile aus Spezial-Fertigung einer Sonder-Reihe ausfallen, ist dagegen Schluss, egal wie "edel" das vorher gewirkt hat.
Hätte ich dem Kollegen jedenfalls gleich sagen können, dass der Delta göttlich (oder eben gar nicht, also perfekt) klingen kann wie er will, mit leicht abgestoßenen Kanten und leichten Knicken im Deckel der einfachen, robusten Gehäuse-Konstruktion, braucht er bei DEM Kunden gar nicht antreten, den bekommt er zurück. Da kann er seine Arbeitszeit sinnvoller investieren, als das Gerät dann mit dem rein gesteckten Aufwand herum stehen zu haben bis sich ein Käufer findet, der die jetzt absolut neuwertige Technik und die zu erwartende lange Lebenszeit und Wartbarkeit zu schätzen weiß und ihn tatsächlich nach dem akustischen Verhalten einstuft.
Man muss dazu sagen: Wären wir andauernd mit übervoller Kriegskasse unterwegs, könnten wir das durch weitere Investition auch noch beheben: die Beschriftung in Ordnung ist und ein Lackierer das Gerät sicher auch noch in einen tip-top äußeren Zustand bringen könnte. Ist aber nicht so, wir müssen unsere Kosten zeitnah wieder einspielen, wollen das jetzt ohne Auftrag nicht auch noch investieren, nur um bei knapper Kasse und einem Gerät mehr im Regal auf das Weihnachten warten, zu dem sich die- oder derjenige findet, die/der den Schatz hebt.

Genau so sieht die Vorgeschichte jetzt aus, das Gerät steht hier innerlich neu, als Musterbeispiel einer gelungenen Anfang-90er-Jahre-Konstruktion im britischen Stil und muss sich bei seinem Preis weder klanglich noch technisch vor irgendeinem Konkurrenten fürchten - doch weiß das jemand zu schätzen?

"schlicht" - die Endstufe mit gerade mal 11 Transistoren pro Kanal - samt Strombegrenzung(!)

Zumal die Ausstattung schon eher japanisch ist, jeden Rotel oder NAD der Zeit in allen Punkten erreicht oder übertrifft. Was ihn von seinen kleinen Alpha-Kollegen abhebt, ist vor allem die abschaltbare Klangregelung und die unabhängige Aufnahme-Quellwahl, aber auch, dass das zweite, hochwertige Buchsenpaar sich manuell schalten lässt.
Das Netzteil ist kräftiger, der Trafo entsprechend schwerer, die gewählten Leistungstransistoren sind Strom-stärker als bei den kleinen Kollegen, hier geht dadurch auch richtig "Dampf".

Natürlich geht die bessere Ausstattung auch innen weiter, der MC-Vor-Vorverstärker ist diskret und steckbar aufgebaut, jeder Kanal hat ein eigenes Relais. Und es ist auch mehr Kühlung an Rückseite und Kühlkörper vorgesehen.

ohne die Ausgangs-Relais würde man das Gerät beim Einschalten immer ploppen hören:
die schlichte Endstufe muss vom Servo-IC erst auf 0V geregelt werden, der durchaus Klang-schädliche DC-Offset am Lautsprecher ist dadurch dann deutlich geringer, als bei den meisten symmetrischen Designs.

Die MC-Ergänzung des üppig ausgestatteten Geräts ist gesteckt

Links die innen polierten Signalwahl-Dreh-Schiebeschalter, links vor den Cinch-Buchsen Phono

Innen und klanglich hui

Und für den Artikel war eine eigene akustische Beurteilung natürlich auch nötig, also mal rein hören, wo liegen die Stärken und Schwächen?

Nun, nichts wirklich unerwartetes, die Tendenz ist tatsächlich, der "bessere Alpha" zu sein und alles zielt klar darauf ab, so was wie Creek 4040, 4140, Cambridge, Rotel und NAD durch sorgfältigere Ausführung desselben Themas zu übertreffen. Und das ist in vielerlei Hinsicht auch gelungen, ganz klar arbeitet dieser Arcam im Vergleich zum "kleinen Bruder" stabiler in Sachen Abbildung und mit selbstverständlichem Aufbau natürlichen "Drucks". Mir sticht im jetzigen Restaurations-Zustand die etwas rundere, lockerere Grundton-Darstellung im Vergleich mit dem Alpha ins Ohr und dass er eben nochmal einen drauf legt, wenn er "auf den Tisch haut". Das Ganze gepaart damit, dass im Tiefbass mehr los ist - oder besser: mehr fest - mehr Kontrolle, tiefere Töne verglichen mit den "kleineren" Briten, dabei aber für eine Emitterfolger-Endstufe mit ihren bekannten Vor- und Nachteilen doch erstaunlich arm an Leistungs-Transistor-Schalt-Problemen. Das rührt wohl von zweierlei:
Erstens eben nicht so über-schnelle End-Transistoren wie bei vielen Fernost-Konstruktionen, die ein Schaltereignis mit einer längeren Fahne kurzer "Ausrutscher" beantworten könnten. Europäische und amerikanische Audio-Leistungstransistoren haben oft eine Dekade weniger Bandberite-Verstärkungs-Produkt, doch auch ein weit gutmütigeres Verhalten von Komplementär-Typen im AB-Übernahme-Bereich, weniger Schalt-Artefakte, bessere Summern-Kennlinien-Linearität bei präziser Ruhestrom-Einstellung (nicht zu niedrig, aber auch keinesfalls zu hoch - es gibt da stets ein Optimum, bei dieser Schaltungsweise und diesem Transistor-Typ regelmäßig in m Bereich von ca. 20-25mA).
Und zweitens, dazu passend: extrem kurze Laufzeit durch sehr wenig verzweigte Vorwärts-Stufen und nur ein einziger-Eingangs-Transistor als Vergleicher. Dabei bevorzugt hohe Vorwärts-Linearität kombiniert mit insgesamt nur mäßiger Leerlauf-Verstärkung. So etwas regelt am Ausgang entstehende und in die Gegenkopplung eingespeiste Schalt-Probleme schlicht schneller aus und nimmt dem Geschehen so die "künstliche Schärfe".

Denn was das Gerät getreu verbreiteter britischer Klang-Philosophie tatsächlich nicht macht, ist seinen "Sound" mit scharfen, falsch-disharmonischen Höhen zu würzen, die japanische Konstruktionen zwar gerne mal "heller" klingen lassen, doch eigentlich nur dem positiv auffallen werden, der seine Ohren schon so lange an diese Artefakte gewöhnt hat, dass die Lüge für ihn zur Wahrheit mutiert ist. Dasselbe gilt übrigens auch für digitale Quellen, die mit ihren disharmonischen Jitter-Störungen für viele Hörer längst zur Referenz für korrekt betonte obere Register geworden sind, weil dieses "künstliche Aroma" dem reinen Konservenhörer ja gar nicht mehr auffällt.

Dieser Delta-90 jedenfalls kommt schlicht, geradeaus, in knackigen-AB-Betrieb und mit einem Minimum an vermeidbaren Verzerrungen daher und ist so ein Kamerad für langes entspanntes Hören.