Phono-Verstärker mit Vor-Vorstufe am Plattenspieler-Headshell

Durch (neuartige) Verteilung eines alten Schaltungs-Prinzips ergeben sich verbesserte Eigenschaften

Im Grunde hat es mich schon lange geärgert, welcher "Hype" um Kabel gemacht wird. Unstrittig finde ich, dass es durchaus unterschiedliche Eigenschaften und Qualitäten bei verschiedenen Strippen gibt und dass die je nach Anwendung auch wahrnehmbare Unterschiede bei Audio-Anwendungen machen. Und dass "Schrott" nicht wirklich gut funktioniert, das ist bei Kabeln genau wie in anderen Lebensbereichen. Ob man wiederum für einen Meter Kabel zwischen 15 und 50€ oder das 10- , gar das 100-fache ausgeben muss, ob der Hifi-Hobbyist dabei vor allem ein gutes Preis-Nutzen-Verhältnis bekommt, da hatte ich häufig Zweifel. Manchmal wird ja das Kabel schon zum Nadelöhr und das teuerste der Auswahl stellt sich als der "Abschluss-Stein" heraus - o.k., dann greift man zurecht in die Tasche. Häufiger allerdings ist der Kauf solchen Zubehörs nur rein psychologisch zu begründen.

Gerade beim Plattenspieler kann man nun im Bereich geringster Spannungen und Ströme ganz besonders viel in die Verkablung investieren und der Zubehör-Handel liefert gerne und oft auch sehr teuer und/oder sehr gut. Doch beruht die Notwendigkeit einer optimalen Verkablung hier auch ganz besonders auf der Empfindlichkeit der Angelegenheit, könnte man also im Übertragungsweg ab der elektrischen Quelle des Signals oder ganz knapp danach mehr Signal-Leistung ins Spiel bringen, dann wäre die Notwendigkeit eines noch teureren Kabels für ein besseres Ergebnis vielleicht deutlich verringert. Denn stärkere Signale leiden weniger unter gleich stark gebliebenen negativen Einflüssen.

Es existieren ja bereits einige Ansätze, man hat z.B. Operationsverstärker an den Tonarm gebaut, es gibt sogar Headshell-Platinen, die einen kompletten Phono-Vorverstärker samt Digitalwandler besitzen und nur noch mit Spannung versorgt werden müssen, um ein hochauflösendes Stereo-Digital-Signal zu liefern. Für Operationsverstärker muss man entweder mindestens eine zusätzliche Versorgungsleitung zum Abnehmer legen (wenn man nicht durch das Opfern einer Masse-Ader die Kanaltrennung verschlechtern will), oder ein aufwändiges Phantom-Speise-System mit Netzteil-Komponenten im Headshell-Bereich konstruieren. So oder so wahnsinnig aufwändig, vor allem wenn man "nur" einen vorhandenen Plattenspieler nachrüsten möchte. Mit den vorhandenen Kabeln ist es immerhin einfacher, die digitale Lösung ohne Kompromisse  zu versorgen, u.a. weil man beide Kanäle per digitalem Multiplex durch nur eine einzelne Ader senden kann. Dem Analog-Fan wird sich dabei aber schon Prinzip-bedingt einiges sträuben, zudem ist auch das nicht einfach nachzurüsten und sicherlich ist auch eine "Billig-Variante" kaum sinnvoll machbar. Beide oben genannten Systeme bewegen sich (neu, komplett mit Versorgung und Weiter-Verarbeitung zum entzerrten Stereo-Hochpegel/Digtal-Signal) preislich bereits ca. im 5-stelligen €-Bereich.

Nun gibt es seit ca. 80 Jahren ein Bauelement, mit dessen Hilfe man eigentlich die erste Stufe eines "stinknormalen" Vor-Verstärkers ohne großen Aufwand "ganz nach vorne" verlagern kann. Das ist der Sperrschicht-Feldeffekt-Transistor (Junction-FET oder JFET), der durch seine selbstleitende Grundeigenschaft und das Röhren-Trioden-ähnliche-Verhalten einfachste Vor-Vor-Stufen ermöglicht. Dazu wird er in Kondensator-Mikrofonen auch schon lange verwendet, nahezu alle käuflichen Elektret-Mikrofon-Kapseln enthalten einen solchen Transistor bereits. Hier wird allerdings üblicher Weise die Source-Schaltung angewandt, so dass man am Ausgang der Mikrofonkapsel ein vorverstärktes Spannungs-Signal erhält.

Mein Ansatz im Bereich Phono ist dagegen neu und aus dem Bereich der I-U-Umsetzung bei DAC-ICs mit Stromausgang entnommen:

Könnte man die Tonabnehmer-Spannung direkt in eine reine Widerstands/Strom-Änderung (Transkonduktanz-Stufe, siehe deutsche Wiki / englische Wiki) umsetzen und in einen Folge-Verstärker-Eingang mit konstanter Spannung einspeisen (Transimpedanz-Stufe, siehe deutsche Wiki / englische Wiki), wie eben bei älteren CD-Spielern intern nach dem Wandler-Stromausgang üblich, dann wäre erstens keine zusätzliche Versorgungsspannung nötig, zweitens wäre auf dem Kabel theoretisch nur noch Gleichspannung, womit die Höhen-raubende Kabelkapazität eliminiert würde. Die vorhandene Verkablung eines Plattenspielers könnte bei Umrüstung komplett erhalten bleiben, am Headshell müsste im Grunde nur ein einziger JFET-Transistor mit seinem Source-Widerstand (und natürlich die vom Hersteller empfohlene Tonabnehmer-Anpassung) montiert werden. In SMD-Bauweise wäre Größe, Gewicht und Einbau-Aufwand am Tonarm äußerst gering.

erster Eigen-Entwurf für Mikrofon oder Phono, ohne Entzerr-Stufe, Vergrößern: Rechtsklick, Grafik anzeigen

Alles in allem eine ideale, leicht anzuwendende Nachrüst-Option für viele vorhandene Plattenspieler, wobei die am Headshell montierte Vor-Vorstufe natürlich nur mit dem passenden Rest-Vorverstärker zusammen arbeitet.

Rechtslage

Ich hatte auch lange erfolglos versucht heraus zu finden, ob mein selber erdachtes Prinzip weltweit schon mal benutzt oder gar geschützt worden war, ob es vielleicht längst "Stand der Technik" sei, oder ein noch aktives Patent bestehen könnte. Letztlich hat sich dann in der Google-Bildersuche heraus gestellt, dass, nachdem alle Zutaten eigentlich seit ca. 80 Jahren vorhanden sind, nur kurze Zeit vor meinem Einfall ein US-Amerikaner 2004 die exakt selbe Idee zum Patent angemeldet hatte. Allerdings musste er 8 Jahre um die Patent-Erteilung kämpfen, weil der Prüfer das elegant Neuartige gar nicht verstanden hatte und erst die Petitionsstelle die eigentliche Funktion zu würdigen wusste.

Das US-Patent wurde allerdings nicht auf Europa ausgeweitet und somit darf ich hierzulande mit meiner Idee ungehindert machen, was ich will - das wichtigste aber ist: durch das US-Patent, das nur noch bis Januar 2024 läuft, sind keinerlei andere Schutzrechte auf die Sache mehr möglich, keine europäische Firma kann jetzt noch gegen-patentieren und dann damit die Anwendung in irgendeiner Form verbieten. Solange man nur an dem Thema forscht und darüber kommuniziert, höchstens Versuchs-Aufbauten macht, wäre dafür ja selbst ein deutsches Patent kein Problem - Patente können nur die kommerzielle Nutzung auf den Patentinhaber und seine Lizenznehmer beschränken, Erörterungen oder Heimanwendungen aber nicht verhindern. Würde sich die Möglichkeit einer kommerziellen Nutzung abzeichnen, würde ich mich wohl bereits im Vorfeld mit dem US-Rechte-Inhaber in Verbindung setzen, wahrscheinlich sogar schon bei einem wie immer gearteten Gang auf den europäischen Markt (z.B. DIY, open source...). Für die verbleibenden 6 1/2 Jahre bei Bedarf eine Einigung zum US-Markt zu finden, sehe ich auch als reine Verhandlungssache (so mein Wissensstand bis Oktober 2017 A.d.R., siehe unten).

Zerlegte Kaskode

Das oben beschriebene Prinzip ist in einfachster Form in der sogenannten Kaskode-Schaltung zusammen gefasst. Unter deren Einsatz gibt es bereits jede Menge Schaltpläne für Phono- und Mikrofon-Vorverstärker im Internet, allerdings sind bei fast allen die beiden Hälften der Kaskode räumlich benachbart aufgebaut, nur die US-Patentschrift macht da natürlich eine Ausnahme. Ich hatte bereits einen Schaltplan entwickelt, als ich auf die anderen Entwürfe gestoßen bin, so dass jetzt eine große Auswahl an möglichen Varianten besteht.

Skizze Headshell-Platine, wirklich notwendig:(R1,C1,)Q3,R3

Die Tonabnehmer-Stufe wird dabei immer aus einem oder (für MC) mehreren JFET-Transistoren bestehen, die Empfänger- und Entzerr-Schaltung allerdings lässt sich aus verschiedensten Zutaten erstellen. Mein eigener Erstentwurf arbeitet mit Operationsverstärkern, doch auch Röhren, diskrete Bipolar- und FET-Transistoren sowie jede Kombination aus diesen Elementen sind als Hybrid-Konstruktion denkbar. Man könnte auch die "Xono"-Schaltung der Pass-Laboratories entsprechend verwenden. Das Andersartige besteht also nicht in einer völlig neuen Schaltung, sondern nur in deren verteilter Anordnung, wobei die Anbindung des Eingangs-Bereichs eben nur über zwei Leitungen erfolgt, auf denen nahezu ausschließlich Gleichspannung zu messen ist. Der Signalstrom ruft natürlich einen dem Drahtwiderstand proportionalen Spannungsfall hervor, so dass man in Headshell-Nähe durchaus ein wenig Signalspannung finden könnte, dort werden andererseits auch die geringsten Kabel-Kapazitäten vorliegen (symmetrische Einzeladern-Tonarm-Verkablung), jedenfalls wirkt fast nur noch die Kabel-Induktivität, die bei verdrillten Adern und Cinch-Koax-Kabeln üblicher Weise recht gering ausfällt. Und so kann man mit bestehenden Marken-Verkablungen sogar bei etwas längerer Cinch-Leitung unter Umständen ein besseres Ergebnis erzielen, als mit einer rein passiven Anbindung und erheblich teureren Kabeln.

Erste Probe-Fassung

Um herauszufinden, ob so was überhaupt funktioniert, musste eine Versuchs-Platine her - und da das ganze Prinzip im Rundfunkmuseum als Vortrag und Workshop Interessierten präsentiert werden soll, bestand nach der Ankündigung auch ein kleiner Erfolgsdruck - wobei mir an sich klar war, dass auch der erste Versuch kaum auf Probleme stoßen würde, auch wenn ich von der Patentlage z.B. noch nichts wusste (woraus man ja hätte schließen können, dass es jenseits des Teichs bereits geklappt hatte). Der Entwurf setzte erst mal auf ein erprobtes Netzteil, dem eine Batterie bekannt guter Elkos nachgeschaltet wurde, um eine Akku-artige Versorgungsbasis sicher zu stellen. Da es um eine Stereo-Version an einer einzelnen, geregelten Dual-Versorgung ging und man Brummschleifen und Verkopplungen nicht haben will, wurden aus diesem "Pool" mit gemeinsamem, Stern-Massepunkt zwei Unterversorgungen über Entkoppel-Widerstände abgeleitet, jede Unterversorgung mit eigenem Sternpunkt und für sich "nur" ungeregelt mit jeweils zwei 1000µF-Elkos gestützt, aber in dieser Form eben bestens entkoppelt und entstört.

Platinen-Erst-Entwurf, zu Vergrößern: Rechtsklick, Grafik anzeigen

Verwendet wurde zu dem Test erst mal ein Quad-Operartionsverstärker, ein BurrBrown OPA4134. Zwei der OPs arbeiten als Transimpedanz-Stufe mit DC-Servo, sie liefern ein linear vorverstärktes Nadelsignal ab. Die beiden anderen hatte ich zuerst als zweistufige Aktiv-Passiv-Entzerrung nach RIAA vorgesehen, vorne die Bass-Anhebung, danach die Höhen-Absenkung. Dies erwies ich allerdings im Zusammenhang mit dem ohnehin in den ersten Stufen bereits vorverstärkten Signal als ungünstig, da Transienten leicht zu Übersteuerung führten - so habe ich die Höhen-Absenkung vorverlegt und gehe aus dem dritten Operationsverstärker nach der Bassanhebung direkt zum Ausgang - die Entzerr-Stufe ähnelt in der Anordnung z.B. sehr der bei Exposure verwendeten Topologie, nur dass hier von mir der Einfachheit halber (erst mal noch) keine einzelnen Transistoren verwendet wurden.

das Netzteil wendet Strombegrenzung und Filterung an, um Ladestromspitzen und HF-Störungen zu verringern

Teile-Auswahl

Neben der bekannten Bestückung des Netzteils gab es um die bekannt "sanft" klingenden OPA4134-Operationsverstärker herum natürlich Details zu beachten. Insbesondere die MKT-Kondensatoren des Entzerr-Netzwerks wurden teuer mit 1% Toleranz angeschafft, alles bis auf die Folien-Kondensatoren und Stütz-Elkos wurde in SMD-Technik auf der Oberseite montiert. Vorläufig sind für die Ein- und Ausgänge Pfosten-Stecker montiert.

Erste Inbetriebnahme

Für die vorgelagerte Stufe war für erste Tests unerheblich, wie nah man sie am Eingang montiert. So wurden erst mal statt Headshell-Platinchen "frei fliegende" Adapter mit bedrahteten 2SK170 JFETs eingesetzt. Das geschah noch auf dem Arbeitstisch, bessere Arbeitspunkt-Festlegungen folgten, auch die Verlegung der Höhen-Zeitkonstante vor die aktive Bassanhebung (ein OP pro Kanal bleibt seit dem ungenutzt).

Headshell-Stufe probehalber an der "kurzen Leine"

Danach wurde ein fliegender Aufbau am Plattenspieler getestet, nicht um das Leitungs-Prinzip, sondern die allgemeine Stör-Armut, den Entzerrer sowie das Pegel- und Dynamik-Verhalten akustisch zu prüfen, als "ganz normaler" Kaskode-Vorverstärker an meinem Project Genie 1.3 (MM).

Ergebnis:

  • wenn bei Pegeln über Zimmerlautstärke den Tonarm-Lift anhebt: selbst bei dem fliegendem Aufbau ohne Gehäuse nahezu brummfrei, Rauschen ebenfalls sehr niedrig, beides ist nur sehr nah am Lautsprecher wahrnehmbar.
  • tonal korrekt, sehr farbig auch räumlich tief, der dymamische "Kick" hat wie erwartet noch Luft nach oben, doch der hängt mit dem gewählten OP, der gewählten Versorgung und dem nicht weiter gepufferten Ausgang zusammen.

fliegender Aufbau mit Erfolg, bei neuen Teleskopen sagt man: "das erste Licht"

Hörsitzung mit Wechsel-Headshells

Zu einer Test-Sitzung brachte Mathias Thurau (Lauschgoldengel) einen Lenco-Plattenspieler mit zwei gleichen Headshells mit, von denen wir eines mit einer "frei fliegenden" Vor-Vorstufe bestückt haben.

Tatsächlich bestätigte sich die Machbarkeit, alles was in der Vorprüfung schon gut funktioniert hatte, ging jetzt erst recht - Brumm-Störungen trotz fehlendem Gehäuse nach wie vor nahezu unauffindbar, Rauschen wie gehabt extrem niedrig.

Und die vorgelagerte Stufe arbeitet einwandfrei, noch ohne dass man durch Feldversuche und Hörtests noch einen optimalen Transistor oder gar den idealen Arbeitspunkt gefunden hätte. Leider sind die Kombination "Lenco mit Headshell-Amp und ohne", sowie "Project - Lenko" aufgrund lauter (noch) unterschiedlicher Abnehmer und Nadel-Zuständen in unseren Vorversuchen noch nicht wirklich vergleichbar. Das werden wir mit mehr Publikum/Mit-Testern im Rundfunk-Museum noch ausführlich unter besseren Voraussetzungen testen, um heraus zu finden, wie sich insbesondere die Vor-Verlegung der ersten Stufe unter sonst absolut gleichen Gegebenheiten auswirkt.

Headshell-Platinchen

Es existiert bereits ein 5x8mm-Entwurf für die SMD-Platinen am Tonabnehmer.

hier etwa doppelte Größe, zum weiteren Vergrößern: Rechtsklick, Grafik anzeigen...

Zu einer sinnvollen Fertigung wäre aber zweierlei nötig: wenig Gewicht und eine gewisse Mindestzahl. Konkret müsste man so etwas zweiseitig machen, um die beiden Mini-Boards rechts und links seitlich auf Headshell-Stecker passgenau für das jeweilige Sysrem löten zu können, so dass die SMD-Bestückung seitlich außen zugänglich ist. Hinten werden dann die Kabel angelötet. Und da gibt es entweder Flex-Boards, oder normales Platinen-Material mit Gold-Leiterbahnen, leider alles teuer und vor allem nur in größeren Mengen zu buchen - eine sinnvolle Bestellmenge liegt bei meinetwegen 16x10cm - schon hat man 400 Boards für 200 Plattenspieler noch bevor man den Entwurf testen konnte. Also wird erst mal noch mit bedrahteten Teilen experimentiert, wenn sich genug Interesse versammelt hat und der restliche Verstärker in die zweite Runde geht, wird es auch eine ordentliche Vor-Vorstufe geben.

Rundfunkmuseum Fürth

Am 8.10.2017 war es dann soweit, die Entwicklung wurde im Rahmen einer Veranstaltung der "Initiative für Hifi-Kultur" als letzter, aber auch durchaus einer der tragenden Agenda-Punkte vorgestellt. Ich war natürlich auch selbst äußerst gespannt, denn was wir dort vor hatten, war der Vergleich zwischen einerseits am Headshell und im Vorverstärker-Gehäuse montierter Vor-Vorstufe - wobei das wie auch die meisten anderen Parameter unerprobt war und hier vor Publikum zum ersten Mal verglichen werden sollten. Die Aufgaben hatten wir bis dahin auf die verschiedenen Teilnehmer verteilt und trafen uns jetzt, um unsere Ergebnisse "live" zu kombinieren. Die Vorstellung gliederte sich in zwei Teile, zunächst die genau hier an dieser Stelle größtenteils bereits veröffentlichte Theorie - wobei ich den Vortrag schlicht anhand der an die Wand gebeamten Webseite als Vorlage hielt - und dem praktischen Teil mit dem ersten Muster-Verstärker. Dessen Gehäuse war mit allen eventuell benötigten Merkmalen ausgestattet, das Netzteil üppig, für den Plattenspieler eine Erdungs-Buchse an Schutzleiter/Gehäuse und eine isoliert an Signalmasse, zwei Paare Eingangs-Buchsen, die oberen mit hinter der Buchse montierter Vor-Vorstufe, die darunter liegenden wahlweise steckbar mit direktem Anschluss zum Phonokabel für die Verbindung mit der dem Kabel vorgelagerten Stufe.

Den Rest der Anlage stellte mein eigener Exposure XV Vollverstärker mit meinen Epos ES14 Boxen an Exposure Lautsprecher-Kabeln dar, eine klassisch-historische Kombination und durchaus bewährt. Hein-Peter Völkel (Audiovideum) hatte dazu ein Rack mitgebracht und Mathias Thurau (Lauschgoldengel) hatte für Michael Munk (Fränkischer Lautsprecher-Vertrieb) einen Lenco-Plattenspieler hergerichtet, den dieser hier zur Verfügung gestellt hatte - ein Gerät, bei dem man bereits beim Hinsehen Appetit bekam.

Mathias Thurau hatte für diesen Spieler zwei Headshells mit baugleichen, gleich neuen Ortofon-MM-Abtastern ausgestattet, bei einem gleich meine "frei fliegende" Vorab-Version (aus dem letzten gemeinsamen Test) der Vor-Vorstufe montiert und das Headshell mit dem anderen Abnehmer entsprechend per Ausgleichsmasse auf exakt gleiches Gewicht gebracht - so dass man sich eine Korrektur des Auflage-Gewichts beim Wechsel schenken konnte.

Beim Aufbau hatte alles auf Anhieb geklappt, keine Störgeräusche, keine Probleme, nun wurde erstmals konzentriert vorgeführt. Zuerst die Fassung mit "normaler Verkablung" und "normalem Headshell" - gefiel mir ausnehmend gut, vor allem hätte ich den Plattenspieler am liebsten gleich für mich selber eingepackt.

Die Gegenprobe mit vorgelagerter Vor-Vorstufe zeigte allerdings vordergründig wenig Veränderung, der Störabstand war ohnehin kaum zu verbessern, die Schaltung dieselbe - doch mein Eindruck war für diese zweite Fassung erst mal minimal schlechter, weniger präzise, irgendwie überschießend in den Höhen, etwas mehr zu Anstiegsverzerrungen neigend. Leider war die Zeit zu knapp, um rechtzeitig den Grund dafür zu erfassen, erst recht dafür, die Ursache zu beseitigen. Die meisten Zuhörer waren nach ca. einer halben Stunde ohnehin zum nächsten Tagesordnungspunkt "Live Musik" aus dem Vorführ-Raum im Erdgeschoss wieder in den Vortrags-Saal hinauf gegangen, um die Phono-Anlage waren nun nur noch hör-geübte Interessierte versammelt, deren sämtliche Aussagen zu ihren Eindrücken sich komplett mit meiner Wahrnehmung deckten, da musste also was dran sein. Als ich das Headshell mit den angelöteten Feldeffekt-Transistoren noch mal in die Hand nahm, fiel mir auch schlagartig auf, was der Grund sein musste:

Im Gegensatz zur mit 100pF abgeschlossenen Vor-Vorstufe im Phono-Entzerrer-Gehäuse fehlte hier die Abschluß-Kapazität für den Abnehmer. Es gab für diese Test-Variante also einerseits prinzipbedingt weder eine Kabel-Kapazität, noch den obligaten Kondensator, wie ihn die Hersteller der Tonabnehmer in ihren "Waschzetteln" stets vorschreiben.

Das hat theoretisch mehrere Auswirkungen. Erstens dämpft eine solche Kapazität eingestreute Hochfrequenz-Störungen. In diesem Fall ist dieser Effekt mangels räumlicher Ausdehnung eher untergeordnet. Zweitens beeinflusst die Abschuß-Kapazität die elektrische und indirekt auch ein wenig die mechanische Resonanz des Tonabnehmers - abhängig vom Modell. Man kann allerdings davon ausgehen, dass ein Tonabnehmer-Hersteller eine solche Kapazität, bestehend aus Kabel-Kapazität und Verstärker-Eingangs-Kondensator bei der Konstruktion voraussetzt und für ein optimales Verhalten einplant, so dass sich bei Weglassen keine optimalen Verhältnisse mehr ergeben. All das bewahrheitete sich hier jetzt akustisch. In unserem speziellen Fall kam noch dazu, dass die Schaltung ohnehin zu Transienten-Übersteuerung neigte - komplettes Weglassen eines Höhen- bzw. Anstiegs-dämpfenden Kondensators hatte hier also noch mal besonders ungünstige Auswirkungen.

Insofern kann ich zusammenfassen: der Testlauf war ein erfolgreicher Fehlversuch. Was dabei begrenzt schief ging, war dabei aber nicht auf das Prinzip zurück zu führen, sondern auf ein Versehen, das aus der Verteilung der Aufgaben für die Vorführung entstanden war. Zwischenzeitlich ist es mir gelungen, einen eigenen Vorführ-Plattenspieler mit Wechsel-Headshells aufzubauen, wodurch ich solche Versehen im Zukunft durch Vorab-Tests ausschließen kann. Insgesamt hat die Veranstaltung dennoch Lust auf mehr gemacht, im Rahmen der nächsten Veranstaltungen dieser Reihe werden wir versuchen, die Vorführung der nächste(n) Entwicklungs-Stufe(n) als "Nebengleis" fortzuführen.

Gut, dass wir darüber gesprochen haben...

Im Nachgang der Veranstaltung im Rundfunkmuseum Fürth bekam ich von Veranstaltungs-Teilnehmern und deren Umfeld noch mehr Information zu der bisherigen Anwendung der Idee. Was mir völlig neu und dem oben genannten US-Patentinhaber bzw. den am Patent Beteiligten wohl auch entgangen war: Zum Zeitpunkt der Patentvergabe war die Konstruktion längst veröffentlichter und als Serien-Gerät verkaufter Stand der Technik. Denn die Firma Yamaha hatte mit dem Phono-Vorverstärker HA-2 bereits 1979 exakt das beschriebene Prinzip verwendet (HFE-Registrierte können sich hier ein genauer bebildertes japanisches PDF-Dokument herunter laden), auch einen Nachfolger HA-3 gab es (1982).

Meiner Ansicht nach ist damit die Neuartigkeit meines eigenen Gedanken auch für die Anwendung dahin - doch ist damit auch das Patent in den USA obsolet, der Erfinder, Herr Gwinn, kann sich wohl allerhöchdstens vom schlecht recherchierenden US-Patentamt seine ca. 1200$ Gebühren zurück geben lassen, denn unter den gegebenen Umständen würde er meiner Ansicht nach jeden Patentstreit verlieren, das Prinzip darf damit einfach jeder überall ungehindert anwenden - auch gewerblich.