Vollverstärker

Revox A78 MK II ca. 1975

Verkauft 2014 für 598,-€

Revision

mindestens:

  • Erneuerung aller Elkos und Trimmer
  • Abgleich

Eigenschaften:

  • Klangregel-Schalter für beide Kanäle immer auf einer Achse - vorne und hinten
  • Phono MM
  • zwei Line-Eingänge (Tuner/AUX), 1x DIN, 1xCinch(RCA)
  • eine Tape-Schleife mit Tape-Record-Umschalter
  • Mikrophon-Eingang
  • 2 Kopfhörer-Ausgänge, 6,3mm Klinke
  • Mode-Schalter
  • 3 Filter-Schalter
  • Gehäuse mit wenig Gebrauchsspuren, das Gehäuse ist in einer Schreinerei komplett überarbeitet. Die Front ist in fast perfektem Zustand was sie Lackierung und den Aufdruck betrifft, die Drehknöpfe sind leider etwas verkratzt.
  • Vor-Pegel-Steller und Lautsprecher-Schalter unter Frontklappe (oben)

 

Diesen hübschen MK2 habe ich auch wieder bei ebay erworben, das Äußere war am Deckel ein klein wenig ramponiert, die Front ist dafür aber nahezu perfekt erhalten und das Gerät war ansonsten komplett, sauber und unverbastelt.
Der Deckel war dann bei meinem Möbelschreiner, das Furnier ist komplett überarbeitet. Der Aufwand kostet mich natürlich auch etwas - insofern fällt der Endpreis etwas teurer als sonst aus.

Draufsicht nach der Überarbeitung.
Die Module sind jetzt allesamt überarbeitet und neu abgeglichen.

Das Gerät hat nicht nur den Schreiner, sondern auch mich viele Stunden gekostet. Eingeflossen sind bereits viele Erfahrungen dazu, was man an den Geräten sinnvoller Weise tut oder eben auch besser lässt.

Wichtig ist z.B., ohne Zögern alle Elektrolyt- und Tantal-Kondensatoren zu entfernen und mit 1A-Neuware zu ersetzen. Da darf in keiner Ecke einer verbleiben, nach 40 Jahren sind die durchgehend fällig. Die Elkos laufen je nach Bauart aus und/oder haben Kapazitätsverlust, die Tantal-Typen werden dann besonders unzuverlässig, wenn sie sich in langen Perioden der Nicht-Benutzung de-formatiert haben. Das führt besonders bei der Inbetriebnahme oder kurz danach zu Prasseln oder Kurzschlüssen.

Bei den Trimmpotentiometern der Endstufen und des Netzteils besteht ein ähnlich dringender Handlungsbedarf: die "Schleifer", also die eigentliche Kontaktzunge der Einstell-Regler wird weich und verliert den Kontakt, ja bricht oft ab - das ist insbesondere beim Ruhestrom-Regler oft tödlich für die Endstufen-Transistoren, denn damit herrscht plötzlich der maximal einstellbare Ruhestrom, sie schmelzen dahin...

Neue F&T-Elkos (anderes Gerät). Hinten die neuen Einsteller für Offset und Ruhestrom

Vorstufenmodule vorn, linkes Endstufen-Modul hinten (anderes Gerät)

Die Endtransistoren unter den Isolier-Abdeckungen sind noch alle die Original RCA-Typen.

Ebenso dringend ist auch beispielsweise der Sicherungshalter des Vorstufen-Netzteils fällig, zumindest in einigen Fällen fällt auch der tief gebräunt halb auseinander.

Und manches macht man besser nur sauber...

Ohne Not mache ich an den Schaltern, Buchsen und Potentiometern NICHTS in dem Gerät - die sind für sich genommen meist auch höchstens verstaubt, weder die (selbstschmierenden und nicht allzu Gang-genauen) Piher-Potentiometer für Lautstärke und Balance, noch die Vorpegel-Steller unter der Klappe oder gar die Revox-selbstgeschnitzten, vergoldeten Klangregel-Schalter brauchen in der Regel mehr als eine kleine Wäsche mit komplett verdunstendem Tuner-Spray. Wo immer Regler in so einem Gerät kratzen oder gar beschädigt werden, gibt es meist eine externe Ursache: in der Regel kommt das von defekten Koppel-Kondensatoren - die ich aber vor dem ersten Test immer längst erneuert habe. Hierzu zählen übrigens auch die 2,2µF-Eingangs-Koppel-Folienkondenstoren auf den (untersten) Phono-Modulen, die ich meist durch 63V-MKS2-Typen ersetze (siehe oben, Foto Vorstufen-Module, rechts und links in rot). Nach der Kur kracht auch kein Regler mehr - mit einer ganz normalen Ausnahme: direkt nach dem Einschalten. Das kommt daher, dass Regler eben immer krachen, wenn bzw. solange sie zusätzlich zum Signal von Gleichstrom durchflossen werden. Und da der A78 nur eine einzelne (unsymmetrische) Versorgungsspannung hat, die sich zudem relativ langsam auf- und ab-baut, dabei natürlich auch langsame Ausgleichsvorgänge durch Auf/Entladung der Koppelkondensatoren hervorruft, kratzt z.B. der Lautstärkeregler in den ersten Sekunden nach dem Einschalten, wenn man ihn während dieser Zeit betätigt. Das machen ALLE A78er mehr oder weniger stark.

Was ich zwar aus technischen Erwägungen für legitim halte, was ich aber innerhalb meiner Philosophie selbst nicht anwenden würde, schon gar nicht ohne genaue Nach-Entwicklung/Einzel-Konzeption:
Vergrößerung der Nennwerte einzelner Bauteile, beispielsweise die Netzteil-Ladekondensatoren von 4700µF auf 10000µF zu erhöhen - man muss dazu wissen, dass es immer zwei Seiten einer solchen Änderung gibt, auch wenn die Außen-Maße eines heutigen 10000µF nahezu exakt einem alten 4700µF entsprechen und so der Einbau am bequemsten ist. Man glättet zwar die Spannung, aber man verschärft auch die Ladestrom-Spitzen, zudem hat die Endstufe durch ihren schwebenden Masseanschluß ein Sicherheits-Konzept für die Lautsprecher, das mit zunehmender Kapazität immer weniger schützt.
Auch Bypass-Folien-Kondensatoren an jedem Elektrolyt-Kondensator halte ich für ungeeignet in diesem Gerät, deren resultierender Impedanz-Übergang liegt häufig mitten im Hörbereich und damit überwiegt der Schaden oft den Nutzen - ich denke da an einen Punkt der Design-Erklärungen bei Nene Valley Audio, ungefähr: "never use two parts where one can do..."
Man kann so was alles machen, zumindest wenn man es richtig anwendet, das Gerät dafür eben auch sorgfältig nach-entwickelt. Ich will aber nicht jedem Gerät aufwändig meinen Stempel aufdrücken, schon aus Respekt vor den ursprünglichen Entwicklern - ich will es nur optimal laufen lassen. Wer immer das alles besser weiß, soll doch sein eigenes Gerät so bauen, wie er denkt...

Wie klingt er denn nun?

Tatsächlich ist und bleibt der A78(MK2) mein Favorit unter den Revox-Verstärkern. Nachfolgemodelle mögen alle möglichen Einzelheiten besser im Griff haben, doch dieses Gerät ist noch ein Universalist, ein Vermittler zwischen weit mehr Aspekten, als nur Klirrfaktor, Ausgangsleistung und Störspannungsabstand. Er spielt authentisch wie es das nur bei den handgebauten Briten noch gibt. Zudem hat er eine Wahnsinns-Dynamik, eine gute Räumlichkeit, die wirklich auch in die Tiefe spielt (da hapert's z.B. beim B750) und kann einem sogar heftig das Zwerchfell massieren. Was er im Moment noch nicht kann, ist der deutlich hörbare obere Bassbereich, man fühlt ihn mehr, als man ihn hört, doch das kommt noch mit dem Einspielen. Was er nicht kann und auch nie können wird: locker und flockig über die obere Grenze des Hörpektrums hinaus zu zeigen, z.B. gibt es Geräte, die können Triangel-Anschläge nahezu unverfälscht locker übertragen - dazu fehlt hier einfach die gewaltige Leistungsbandbreite moderner Konstruktionen. Das bedeutet aber ganz und gar nicht, dass das Gerät "lahm" wäre - rhytmisch schnell ist er durchaus, Schlagzeug im Allgemeinen bildet er sogar ganz hervorragend ab.

Ich habe das Gerät inzwischen etlichen Gästen vorgeführt, wie Sie denn den Klang des A78MK2 so fänden. Darunter waren ein Hifi-Hersteller und Schlagzeuger, ein ehemaliger Musikalienhändler und (E-)Gitarrist und einem alten Freund und Gitarrist. Also alle überaus erfahrene Hörer und praktizierende Musiker. Mit einer guten Quelle an meinen Bluesline "BEAT"-Lautsprechern hat das Gerät stets ungläubiges Staunen hervor gerufen. Das so was möglich ist, führe ich unter anderem darauf zurück, dass seit Entstehung des Geräts an sich auch keine grundlegenden Erfindungen mehr gemacht wurden in der analogen Verstärker-Technik, und der A78 durchaus in vieler Hinsicht schon den jetzigen Stand der Technik repräsentiert, und das noch bei nach heutigen Maßstäben überragender Fertigungs-Qualität.

Also: wer immer das Gerät kauft, sollte wissen, dass er viel davon erwarten kann - beste Verarbeitungsqualität, eine nachhaltige Revision mit vielen Jahren neuer Lebenserwartung, eine in den End-Sechzigern entwickelte klangliche und technische Ausrichtung, die Ihrer Zeit um wenigstens ein Jahrzehnt voraus war und sich in vielen Aspekten auch von allerneusten Konstruktionen nicht überbieten lässt. Was man bekommt, ist ein nahezu unverändertes Sammlerstück, bei dem sämtliche Überarbeitungsschritte einzig der Zuverlässigkeit und effektiven Verschleiß-Beseitigung gedient haben, ohne Verschlimmbesserungen.
Man bekommt allerdings kein stromlinienförmiges Allerwelts-Hifi, der Klang hat gewaltige Vorteile in seiner ungekünstelten Direktheit, ist aber durchaus mit Haken und Ösen versehen, die ich nicht ändern will, da ich sie ohne Eingriff in die Originalität des Konzepts auch nicht ändern kann. Wer schon einen A78 gehabt hat und in etwa weiß, was ihn hier erwartet, der wird an diesem Gerät seine helle Freude haben.

Einen passenden Tuner A76 MKII hätte ich momentan auch und würde die Geräte auch gerne zusammen verkaufen.