Vollverstärker

Rega Elex Dual Mono

zuletzt verkauft für 579,- €

Revision:

  • Erneuerung aller Elektrolytkondensatoren
  • Erneuerung aller Leuchtdioden
  • Schalter und Regler zerlegt, gereinigt und versiegelt

Eigenschaften:

  • Gehäuse aus zwei Leichtmetall-Halbschalen (vermutlich Magnesium, pulverbeschichtet)
  • 4 Line Eingänge
  • davon 1x Tape
  • Tape Ausgang
  • Phono MM
  • gemessene 2x 45W Sinus / 8Ohm
  • Quellwahlschalter
  • 4mm-Lautsprecher-Anschlüsse

Nicht oft zu haben - warum wird hier klar:

Kurze Zeit hatte ich das schönste dieser Geräte nochmals im Kundenauftrag (Kommission) im Angebot. Doch nach folgender Mail musste ich das Angebot wieder zurück ziehen:

"Hallo Herr Kühne, 

der Röhrenverstärker hatte vergangene Woche Kanalausfälle (Kleinigkeit, die Potis waren locker an der Front). Daher hatte ich den Rega wieder drangesteckt während der „Reparatur“. Noch bisschen mit der Aufstellung rumgespielt und nach wie vor für richtig gut befunden!
Als ich fertig war konnte die Röhre nicht nicht mehr an allen Fronten überzeugen. Da hilft auch kein Schönreden oder Wunschdenken. Er ist mit Sicherheit der Dynamischere und Pushendere (was ein Wort!), eventuell etwas mehr Auflösung, aber in meinem bevorzugteren Bereich, Mitten/Stimme ist er klar etwas kehlkopfig. Das macht der Rega nicht nur eindeutig besser, sondern absolut mit Substanz. Habe nun den gesamten gestrigen Tag damit verbracht das festzustellen, und dann heute die Entscheidung getroffen doch den Rega zu behalten und die Röhre zu veräussern.
Ich hoffe, dass Sie mir gerade nicht virtuell den Kopf abreißen wegen den Umständen, etwas Kopfschütteln akzeptiert. Selber schuld, wenn Sie so gute Arbeit leisten. Sie werden verstehen, dass ich den Rega nun nicht wieder weggeben kann. Ehrlich gesagt wüste ich momentan auch keine Alternative."

Das Gerät

zu meinem Planet-CD-Spieler im gleichen Gehäuse hatte ich mir bereits einen "Brio" ersteigert und mühevoll wieder aufgebaut - der Brio ist die kleinste Version dieser Serie, der Elicit der größte. Beim Brio handelte es sich in dieser Generation um eine ganz geschickte Konstruktion, der beruhte im Prinzip auf einem Standard-Operationsverstärker TL071 mit nachgeschalteter Leistungsstufe. Der Aufwand und die Signalverteilung war damit klein, die Präzision bereits beachtlich, wenn man mal mit anderen Konzepten auf Leistungs-IC-Basis oder mit Hybrid-Bausteinen vergleicht. Den hat mir aber mein Plattenhändler beim Wohnungswechsel abgenommen - zur gleichen Zeit hatte ich einen Elex im Kundenauftrag zu reparieren. Und von diesem Elex war ich total begeistert. Also musste zu meinen Planet ein Elex her.
Bei dem Kunden-Elex hatte ich gesehen: von Einsparung wie beim Brio ist da nichts mehr zu merken, alles diskret und durchdacht. Das Ganze aber auch in genau der Art, wie ich das selber bevorzugt auch machen würde, wenn ich in einer Eigenkonstruktion Effizienz und Stabilität des Klangbilds unter einen Hut bringen wollte:
Die Endstufen sind bis zur VAS (Spannungsverstärkerstufe) sind geregelt. Und zwar nicht irgendwie mit Standard-Spannungsreglern, sondern hoch-präzise mit Operationsverstärkern - wieder TL071, doch diesmal gleich vier und nicht im Signalweg, sondern nur zur Steuerung der Regeltransistoren. DAS ist aufwändig - und gut...

Bei dem Gerät war eigentlich nur ein Zufallsfehler in der Einschaltverzögerung, Neben dessen Beseitigung habe ich wie immer auch die kompletten Elektrolytkondensatoren erneuert (Sie fahren auch nicht gerne auf 20-jährigen Reifen...) und mir das angehört - und eben einen Kandidaten gefunden, der es zumindest in einigen Belangen mit meinem Preis-Leistungs-Schreck Exposure XV aufnehmen konnte. Das war nach dem Augenschein auch zu erwarten, denn es handelt sich um ein durchdachtes "no nonsense"-Gerät vom Feinsten:

  • schnelle, diskret angesteuerte Japan-Transistoren von Sanken, Transitfrequenz 60 bzw. 70MHz (das gehört zum schnellsten, was es im Audiobereich gibt)
  • extrem kurze Wege
  • ausgefeilte Masseführung
  • Spannungsversorgung auf höchstem Niveau
  • Diskrete MM-Phono-Stufe mit einem riesigen Potential

oben: Die Phono-Stufe
unten: Ein-und Ausgänge mit Schaltelementen

Was mir im Gerät sofort auffiel: das Gehäuse-Konzept war modular, identisch auch mit dem Brio, es waren z.B. zwei Trafo-Verschraubungen vorgesehen

und die Platine wies hier nun auch eine Leiterbahnführung und Bohrung auf, die im Netzteil offenbar nur halb genutzt wurden. In der Korrespondenz mit dem Besitzer stellte sich dann eben heraus, dass es noch "größere" Varianten gab, die Recherche nach dem Elicit ergab, dass der nochmals die doppelte Nennleistung aufwies, aber dadurch anscheinend auch öfters mal zur Überhitzung neigte.

Sofort war die Idee geboren, dem Gerät die positiven Eigenschaften der Dual-Mono-Variante ohne deren Nachteile beizubringen.
Alles was es dazu brauchte, war die Vervollständigung der Bestückung - natürlich unter Beseitigung der Verteil-Brücken des Einfach-Netzteils.
Und er wichtigste Punkt dabei: der zweite Netztransformator.
Unschwer versteht man, dass hier mindestens die Original-Qualität gefragt ist, wenn der Schuß nicht nach hinten los gehen soll, doch da habe ich mit der Firma Müller-Rondo schon des öfteren beste Erfahrungen gemacht - auch den Trafo des Planet hatte Herr Müller mir schon in überragender Qualität nachgebaut - und auch diesmal war ich nicht enttäuscht, seine Trafo-"Kopie" nennt man sicher besser Trafo-Weiter-Entwicklung. Maße und Spannungen - alles genau passend, die Strom-Belastbarkeit der Kopie eher deutlich über dem Original - aber passt wie angegossen ins Gehäuse. Man muß dazu bemerken: ich habe gleich vier der Trafos bestellt, da ich inzwischen auch vier Elex-Exemplare ankaufen konnte - davon werden jetzt zwei mit zwei Müller-Rondo-Trafos und zwei weitere mit je zwei Originaltrafos bestückt. Bislang habe ich aber nur das eine Exemplar mit den neuen Trafos fertig - parallel werde ich dann demnächst den ersten Dual-Mono-Elex mit Originaltrafos anbieten, ich bin mal gespannt, ob und wie stark sich ein Unterschied zwischen den Trafos ausmachen lässt. Wenn, dann tippe ich mal schwer drauf, dass die neuen das Rennen machen.

Und nun frisch ans Werk...

Auf dem Übersichtsbild oben sehen Sie ja schon ein paar neue Gleichrichter hinter dem Gerät liegen. Die mussten zuerst mal ins Gerät (lauter gleiche, die ausgebauten Originale kommen in ein Gerät mit Originaltrafos), auch die Entstör-Folienkondensatoren und Lötsicherungen sowie ein paar Brücken mussten bestückt werden, die braunen Litzen raus.

Die kleinen Gleichrichter arbeiten jetzt auch zu viert - auf vier Panasonic FM-Elkos vom feinsten. Jetzt fehlt im Netzteil nur noch der Anschluß der beiden Trafos.
Warum übrigens gleich acht Gleichrichter? Wer sich etwas auskennt, wird sagen, dass das auch mit vier Stück geht - stimmt! Die Verluste sind sogar größer, wenn man jede (Teil-)Wicklung der Trafos mit je einem eigenen Brückengleichrichter versieht. Diese "Doppelwellen-Gleichrichtung" (wie es z.B. Rolf Gemein bei Symphonic Line nennt) hat aber den Vorteil der besten Unabhängigkeit bei den Masse-Strömen, es treten in diesem Konzept eben die geringsten Verkopplungen auf, wenn man es richtig macht (wie hier). Und das schlägt sich 1 zu 1 in der räumlichen Abbildung nieder - zumindest, wenn man den Vorteil nicht woanders wieder vernichtet...
Man erkennt auch: der Bestückungsaufdruck ist an den Elex angepasst - Leiterbahnen und Bohrungen aber lassen mehr zu.

Nun wurden aber auch noch die üblichen Revisionsarbeiten fällig: alle kleinen Elkos kamen ebenfalls neu ins Gerät, alle in Panasonic FM/FC - und da ich schon einige sehr müde leuchtende LEDs in einem anderen Exemplar gesehen hatte, auch ein Satz neue Leuchtdioden.
Der Wahlschalter wurde abgelötet, die versilberten und dunkel angelaufenen Kontaktflächen auf Hochglanz poliert und nach Ultraschall-Wäsche mit Cramolin TOP-PIN versiegelt. Das Relais hatte ich schon in der Hand, doch handelt es sich hier um ein Hochleistungs-Finder-Exemplar mit vergoldeten Silberkontakten - die nicht die geringsten Spuren von Verschleiß zeigten - also habe ich das bei diesem Gerät wieder eingebaut.
Eine Besonderheit hatte das Gerät auch im Bereich der Einschaltverzögerung: es wurde eine Gleichspannungserkennung nachgerüstet, die im Fehlerfall das Relais trennt. Sinnvoll eigentlich, wenn man schon ein Relais hat, die Platine war mit Spiegelklebeband an der Position des einen unbestückten Endstufen-Elkos befestigt - die ist nun an die Kunststoff-Rückwand gewandert und mit Heißkleber bombenfest fixiert.
Auch die Isolierscheiben der Endtransistoren habe ich erneuert, die waren etwas durch gedrückt. Unter der Abdeckung des Netzschalters saß zudem noch der Sicherungshalter für den einen Trafo - in gleicher Art zwei dort einzubauen war nicht möglich - dennoch ist eine Einzel-Absicherung der beiden Trafos technisch am sinnvollsten. Ich habe in die Abdeckung dann zwei Schraub-Halter eingesetzt, beide jeweils mit den für den vorigen Trafo vorgesehenen 1,6A(träge) bestückt. Und so lief das Gerät auch auf Anhieb - völlig klaglos, ohne jede Komplikation.
Die LEDs wieder richtig hell, die sind jetzt auch RoHS-konform und werden entsprechend eher besser halten als die Originale (was giftig war, hat früher auch viel Verschleiß gemacht...)

Also ab zum Hörtest

für den nur revidierten "ungepimpten" Elex hatte ich schon gute Kritiken bekommen, der stand zum Vergleich bereit.
Was soll ich aber sagen? "Es war genau so wie erwartet..."? - war es, wenn nicht besser:
Im Original ist das Gerät schon räumlich, schnell, hoch auflösend, aber immer analog, nicht nervtötend plastikhaft, wie das viele "moderne", China-gefertigte Produkte jetzt anscheinend bevorzugen. Ein Elex geht da viel liebevoller mit dem Material um, auch in der Originalfassung. Und er versteht etwas von Raum und Tiefe, aber auch von Zusammenhängen.
In der Dual-Mono-Version ist dann aber sowohl mehr Luft, als auch mehr Dampf drin - es spielen jetzt insgesamt 360VA, 180VA pro Trafo an jeweils der Original-Netzteil-Kapazität - ohne jede Stromverkopplung nach dem Netzschalter. Und das ist eben auch ein ganz anderes Übersetzungsverhältnis als beim Elicit, der mit seinem zweiten Trafo ja auch die Maximalleistung verdoppelt - was Besitzer normaler Lautsprecher von ca. 90dB/W/m im Leben nie ausspielen, es sei denn Sie sind bereits taub oder zumindest ohne Nachbarn.
Der Dual-Mono Elex dagegen hat nominal nicht ein einziges Watt mehr gegenüber der 1-Trafo-Standard-Version. Er schaltet insofern eher einen Gang runter - und lässt beim doppelten Drehmoment seine Muskeln spielen - nein, so hört sich das nicht an, es ist eher viel entspannter, müheloser.
Was zuerst ins Ohr fällt ist: er klingt sauberer, unkomprimierter. Gleich darauf bemerkt man, dass Instrumente jetzt deutlicher am Boden stehen, wenn sie da hin gehören. Bassdrum samt Fußmaschine kommen von unten. Dabei geht auch alles mehr nach hinten und vorne auf - die Doppel-Trafo-Bestückung ist in sofern schon mal ein Volltreffer.

Eine Sache überlege ich noch zu testen: die untere Grenzfrequenz ist mit den verwendeten Koppelkondensatoren nicht wirklich tief für heutige Verhältnisse - man hat sich bei Rega mal wieder lieber auf das wichtigere und machbare konzentriert und entschieden, dass das Verpuffen von Energie für Subsonic-Bass-Hübe nicht dazu gehört. Nun korrespondiert aber auch die Phasenlage und ein wenig auch der hörbare Bassbereich mit dieser Abstimmung - an meinen Bluesline Beat stimmt das sehr gut, doch etwas mehr "Atmen" macht den Raum bei kräftigen Verstärkern auch realistischer - es kommen eben auch Ereignisse im Bereich "Trittschall" mit rüber.

An der Leerlauf-Rechteck-Wiedergabe im Mitteltonbereich sieht man bereits eine leichte "Dach-Neigung".
Daran ist eindeutig zu erkennen, dass es sich um keinen Gleichspannungs-Verstärker handelt. Ohne genau nachgemessen zu haben, tippe ich auf eine Festlegung der unteren Grenzfrequenz zwischen 10 und 20 Hz (wer es genau wissen will, mag die Herstellerangaben suchen und vergleichen). Was man hier weiter auf einen Blick erfassen kann, ist der nach oben extrem weite, lineare Frequenzgang, die Flanken sind steil (hohe Anstiegsgeschwindigkeit), zeigen aber nicht die geringste Überschwing-Neigung. Daraus abzuleiten: Die Endstufe zählt  zur schnellen Sorte, ist richtig kompensiert und regelt ohne viele Umläufe aus...

Mit der jetzt vorhandenen Netzteil-Leistung könnte man da vielleicht noch ein oder zwei Oktaven nach unten auf machen - entspräche aber nicht der Original-Abstimmung, die ich eigentlich auch in der Dual-Mono-Version nicht ohne Not aufgeben mag. Ich werde das mal testen, wer Kaufinteresse hat, kann sich dazu ja äußern - er steht zunächst nur in der Standard-Abstimmung zum Verkauf.

In jedem Fall ist dieses Quasi-Neugerät zu dem Preis, wie hier angeboten, schwer zu überbieten - natürlich ist die Kombination mit Quelle und Box sehr wohl ein wichtiger Faktor. Ob das Gerät in Ihrer Kette seine Trümpfe ausspielen kann, hängt nicht nur von ihm selbst ab.
Doch handelt es sich bei der Endstufen-Beschaltung um eine recht universell angepasste Variante, ein Standard-Emitter-Folger mit nicht zuviel Über-Alles Gegenkopplung, das funktioniert an der Mehrzahl aller in Frage kommenden Lautsprecher. Und wenn es harmoniert, dann müssen Sie ordentlich was drauf packen, wenn Sie dieses Gerät mit einem anderen Zweikanal-Vollverstärker übertreffen wollen - ob mit Neu- oder Gebrauchtware.