Vollverstärker

Naim Nait 1

Herbst 2016 im Kundenauftrag für ca. 600€ komplett revidiert verkauft

Eigenschaften:

  • Schuhschachtel-Gehäuse Alu Strangguß mit schwarzer Stuktur-Oberfläche und angeschliffener Vorderkante, eingeschobene Blech-Bodenwanne, Front aufgeklebter, bedruckter Kunststoff.
  • Phono MM mit RCA/Cinch-Eingangsbuchsen
  • 2 Line-Eingänge DIN (Empfindlichkeit 75mV), davon 1x Tuner, 1x Tape-Schleife
  • Balance-Regler
  • Sehr guter Allgemeinzustand, allerdings fehlt der originale Knopf des Lautstärke-Reglers, der ist durch einen ähnlich großen ersetzt, ebenso ist die Masse-Rändelschraube m.E. nicht original

Revision

  • Erneuerung aller Elektrolyt-Kondensatoren und Trimmer
  • Reinigung/Ersatz von Lautstärke- und Balance-Regler

Front und Deckel

Ein weiterer alter Bekannter

Diesen Nait hatte ich vor zig Jahren gekauft, in völlig zerbasteltem Zustand. So nahe wie möglich am Original bleibend habe ich ihn damals neu aufgebaut, worauf er an die Freundin eines alten Freundes ging, dort jedoch nicht intensiv genutzt wurde. Und so wollte er ihn im Frühjahr 2016 wieder unter's Volk bringen.
Mir fehlte in den Beschreibungen ein halbwegs aktueller Artikel zum Nait 1 - und daher schlug ich einen Verkauf in Kommission vor, natürlich nur nach nochmaliger, gründlicher Durchsicht und Ergänzung.

Inzwischen war das neu revidierte Gerät auch mal ausgeliehen, hat auch hervorragende Kritiken bekommen, doch der Stammkunde, bei dem der Test gemacht wurde, musste für einen optimalen Betrieb dann doch die Lautsprecher des Nachbarn leihen, seine BBC-Monitore wie auch seine großen Harbeth harmonierten einfach weniger, als diese geliehenen kleinen Harbeth. Da er im Budget gerade nicht beides vorgesehen hatte, steht der Nait 1 nun wieder zum Verkauf, eine stimmig optimierte Kette soll es dann ja doch sein. Den genauen Lautsprecher-Typ des "Kombinations-Testsiegers" kann ich für den Käufer gerne in Erfahrung bringen.

vorne - wenig Bedienelemente, Ersatzknopf, der Balance-Regler regelt die Verstärkung in der Line-Stufe, und zwar nur einen Kanal

Erste Revision

Soweit ich das noch erinnern kann, hatten vor allem mechanische Teile gefehlt, der Reglerknopf vorn, die Rändelschraube hinten und die Transistor-Halter innen. So habe ich vor allem repariert und den Ruhestrom kalibriert - im Grunde ist er dann aber jahrelang fast original weiter gelaufen. Für den jetzigen Verkauf haben wir (die Bearbeitung hat mein Kollege gemacht) etwas tiefer in die Neuteile-Kiste gegriffen, denn eine gewisse Nachhaltigkeit ist Pflicht und viele Teile sind erst nach der ersten Überarbeitung an ihre Altersgrenze geraten.

hinten - bei Naim war man stets von den Masse-armen DIN-Steckern überzeugt, nur der Plattenspieler-Anschluss hält sich an die Vorgaben von RCA und RIAA. Die Masse-Rändelschraube könnte von meiner ersten Revision stammen, die hatte m.E. genauso gefehlt, wie der Lautstärkeregler-Knopf.

Zweite Überarbeitung

Die erneute Revision hat nun sämtliche Nass-Elektrolyt-Kondensatoren durch eine optimierte Neu-Auswahl ersetzt, wobei die Signalstufen bevorzugt mit Panasonic FC bestückt wurden, das Hauptnetzteil Nichicon GUs bekommen hat und dem axial bestückten Vorstufen-Netzteil ein super-longlife Evox-Rifa-Typ (inzwischen Kemet) verpasst wurde.

die Phonostufe

Die Bedienelemente wurden gereinigt und versiegelt, die Ruhestromtrimmer durch langlebig gekapselte 25-Umdehung-Bourns-Typen ersetzt und dann der Ruhestrom neu abgeglichen, die Lautsprecher-Buchsen wurden gereinigt.

frisch geputzte Buchsen vor neu eingestellter Endstufe

Line-Vorverstärker

Gesamtübersicht

Wozu ein Nait 1?

...es gibt doch inzwischen Supernaits, den Nait 5 Si, es wird doch alles immer besser... (!?)

Sehe ich völlig anders, bessere Naim-Verstärker als die ersten beiden Naits hat es in meinen Ohren bisher nicht gegeben. Wenn es um die Universalität geht, den Dämpfungs- oder Klirrfaktor, die Leistung oder sonst was für Werte - o.k., alles besser geworden, will ich gar nicht dran zweifeln. Und im Grunde ist der Gebrauchtpreis-treibende Hype gemessen am Verstärker-Gewicht und dem enthaltenen Teile-Aufwand auch völlig übertrieben, warum ein halbwegs erhaltener Nait 1 nun fast das doppelte kostet wie z.B. der weniger bekannte Onix OA20 ist nicht wirklich logisch zu erklären.

Dennoch haben Nait 1 und Nait 2 sich ihren Ruf redlich verdient, wo man diese Simpel-Zwerge nämlich perfekt mit einem angemessenen Wandler kombiniert, da ist ein Farben-Feuerwerk in 3D angesagt. Die BD911/912-Endstufen mögen mit ihrem Klirrspektrum ein wenig dick auftragen, doch wie man es dreht und wendet, sie "singen". Ein Nait 1 macht den Hörer auf Dinge aufmerksam, die sonst vor aller Ohren versteckt und verdeckt blieben, in mancherlei Hinsicht wie kein anderer, da hat er ein paar sehr individuelle Vorzüge, die ihm keiner nachmacht. Ob das alles 100%ig korrekt ist, kann man sonstwo diskutieren, doch erstens macht die Entdeckungsreise hiermit Spaß, zweitens nervt das Gerät in seiner Einfachheit kein bisschen.

Für mich besteht der Unterschied zwischen Allerwelts-Elektronik und gutem Hifi darin, dass bei ersterem mit dem Essen kein Appetit mehr kommt und man für dieses "hab-ich-aber-interessiert-mich-nicht-Hifi" allerhöchsten noch anhand von Presse-empfohlenen Test-Scheiben immer wieder Beweis seiner Güte antritt, um den Preis zu rechtfertigen. Eigentlich hat man aber noch was anderes vor und lässt die Anlage ganz schnell wieder links liegen. Bei einer guten Anlage ist das alles anders, deren Preis ist genauso zweitrangig, wie deren Messwerte oder Pressekritiken. Ich merke, dass ich eine solche Kette vor mir habe, wenn ich nach Stunden davor feststelle, dass ich eigentlich etwas ganz anderes vor hatte und das Zuhören zu schön und zu (ent)spannend war um wieder aufzustehen.

Genau das kann dieser Nait 1, beim Probelauf ist mir das wieder passiert. Und da kommt kein aktueller Nachfolger hinterher, die jetzigen Modelle mögen technisch nahezu perfekt sein und alle möglichen, herausfordernden Wandler toll im Griff haben, für mich hören sich die akuten Modelle verschiedener Hersteller immer ähnlicher, immer glatter und an sich auch immer lebloser an, da machen die neueren Naits keine Ausnahme.

Also: der Nait 1 hat wenig Leistung und wenig Dämpfungsfaktor und mag daher keine Wirkungsgrad-schwachen, schwer kontrollierbaren Stromfresser-Boxen. Auch ist die Empfindlichkeit von nur 75mV problematisch, CD-Spieler mit 2V Ausgangsspannung bringen die Line-Vorstufe in den obersten Bereich ihres Aussteuerungs-Bereichs, ein passend gedämpfter Pegel kann da sowohl den Verzerrungsgrad, als auch den Regelbereich für die Lautstärke wesentlich verbessern.
Eine Bedien- und Umschalt-Orgie wird es mit diesem Kästchen sowieso nicht geben. Immerhin ist von den wenigen Ausstattungsmerkmalen die MM-Phono-Stufe ein mehr als brauchbares. Wer also z.B. einen hergerichteten, alten LP12, einen Hand-verlesenen CD-Player und meinetwegen ein Streaming-Gerät per Dämpfungskabel als Quellen verwendet und dazu beispielsweise die oben erwähnten Harbeth-Boxen an diesem Kästchen betreibt, der kann damit durchaus alt werden und viel Freude an seiner Sammlung haben bzw. gewinnen. Nach einer solchen Anschaffung steckt der Hobbyist dann weiteres Geld lieber in seine Musiksammlung, als in ständiges weiter-wechseln seiner Komponenten.