Vollverstärker

Musical Fidelity B200

Verkauft für 429,- €

Eigenschaften:

  • Gehäuse gut erhalten mit wenig Gebrauchsspuren - schwarze Front mit blau aufgedrucktem Schriftzug
  • Phono MM/MC umschaltbar
  • 3 Line Eingänge Tape Schleife
  • 2x 60W AB-Betrieb, MOSFET-Endstufe mit den berühmten Hitachi 2SJ50/2SK135
  • Quellwahlschalter UIltraschall-gereinigt, beide Druckschalter neu

Beschreibung

Vom Gehäuse her siegt der B200 aus wie ein Gerät der MF A-Serie:
Die Phono-Stufe samt Ihrer Versorgung ist ebenfalls identisch mit der in den MF-A-Typen, z.B. dem A1-X.
Hier enden dann aber auch die Ähnlichkeiten, der B200 hat prinzipiell NICHT die Probleme der A-Geräte in der Line-Vorstufe, die gibt es hier nämlich gar nicht.
Die Umschaltung liefert das Signal der Line-Cinch-Buchsen oder der Phono-Stufe direkt an den Lautstärkeregler, der wiederum hat am Schleifer nichts als einen Folien-Koppelkondensator auf dem direkten Weg in die Endstufe. Die benutzt einen LM318-Operations-Verstärker als exakten Vergleicher und den größten Teil der Spannungsverstärkung, es folgen noch zwei Pärchen Transistoren für ein klein wenig mehr Spannungshub und die niederohmige Anbindung der Lautsprecher. Die Hitachi-MOSFETs sind hierbei die Arbeitspferde, die in ungewohnter Weise mit den Drains an den Ausgang geschaltet sind. Das entkoppelt besser als in der üblichen Source-Folgerschaltung die Ansteuereung von den nagativen Rückwirkungen der Lautsprecher-Ströme und ist vom Prinzip denm Konzept der A-Geräte recht ähnlich. Hier wurde aber noch etwas hinzugefügt, was zur gezielten, linearisierten Entdämpfung der Lautsprecher beiträgt: der Ausgang hängt an zwei parallelen 0,22Ohm-Widerständen, der Dämpfungsfaktor wird damit auf höchstens ca. 70 reduziert und breitbandiger gemacht, um das dynamisch matte, überanalytische Klangbild der "viel Dämpfungsfaktor hilft viel"-Geräte zu vermeiden. Außerdem stabilisiert diese Maßnahme die Schaltung hochfrequenzmäßig und wirkt im Defektfall sogar noch als Lautsprecher-Sicherung.

Großes Aufräumen

Wie inzwischen bei nahezu allen meinen Revisionen hat der B200 neue Elkos bekommen. Nicht irgendwo irgendwelche, sondern schlicht alle. Jetzt wird der natürlich nicht so warm wie die "A-Klasse", doch nach etwa 25 Jahren kann man schon mal neue Reifen aufziehen - bildlich gesprochen. Wegen der vermuteten Tendenz mit dem konventionellen Netzteil bei ziemlich kleiner Trafo-Ausstattung einen Tick zu wenig "Biss" zu entwickeln, hat er Evox-Rifa-Elkos ins Netzteil bekommen, teure Long-Life-Typen mit der dreifachen Lebensdauer meiner sonst verwendeten Panasonic HA-Typen und mit deutlich geringerem ESR. Natürlichbrauchen die extrem lange zum Einspielen, aber sei's drum, man verzichtet am Anfang gerne noch auf etwas Fülle und Bass, wenn nur nach der Einspielphase alles richtig gut funktioniert.
Und dynamisch reicht diesen Teilen schon gleich nach Inbetriebnahme kein anderer Typ das Wasser.

Innenansicht

Die Endstufe ist nicht so warm und sanft zu Stimmen, wie die der A-Geräte, auch merkt man der Konstruktion ihre (übrigens äußerst robusten) Feldeffekt-Transistoren ein klein wenig an. MOSFETs sind ja auf den ersten Blick absolut ideale Leistungs-Elemente, super linear in der Kennlinie, gutmütig, spannungsgesteuert - nur haben sie im AB-Betrieb bei Standard-Beschaltung eine durchaus unangenehmere Tendenz zu Übernahmeverzerrungen sehr hoher und damit disharmonischer Ordnung. Die Schaltung "auf dem Kopf", die hier verwendnet wird, kompensiert diese Eigenschaft zum größten Teil, sie klingt gut, besser vielleicht als die bipolaren B-Konzepte, an Klangreinheit können Sie aber die "A"s nicht erreichen. Dafür arbeitet der Verstärker sowohl weit effizienter, als auch schlicht lauter, die Maximal-Leistung ist bei weit geringerer Ruhestrom-Aufnahme gegenüber dem A1 verdreifacht, also schon deutlich spürbar.

Und was immer die Nachteile gegenüber eines von mir modifizierten A-Gerätes sind: gegenüber der Originalfassung z.B. eines A1-X kann sich der B200 durchaus behaupten, denn er mag in der Endstufe etwas gewollte Schärfe hinzufügen, dafür hat er ja die leicht nervige Vorstufe der A-Geräte wiederum nicht - so ist die Gesamttendenz wiederum fast identisch abgestimmt, nur dass ich das hier eben nicht ändern kann und mag (viel mehr Ruhestrom könnte helfen - bitte nicht probieren...)

Ein Endstufenkanal mit dem dreipolig angschlossenen Potentiometer. Neben dem Thermo-Notschalter kann man einen der Hitachi-MOSFETs erkennen - möglicherweise lassen sich diese vier Transistoren bereits für sehr viel Geld verkaufen, die sind für sich schon gesuchte Sammlerstücke. Der B200 hat ab Werk einige Anzeichen von noch nicht zu Ende gedachten Konstruktionsdetails, so muss z.B. ein Elko an langen Beinen angelötet sein, weil er im Layout unter dem Potentiometer plaziert ist, die Masseführung wurde von Hand deutlich geändert - doch er funktioniert gut so.

Man sieht die Frontbedruckung ist fast komplett erhalten, einzig über dem Lautstärke-Regler etwas verwischt.

Revision

  • Alle (!) Elektrolytkondensatoren sind gegen neue 105°C-Typen ausgetauscht. Die dabei verwendeten Panasonic FC/FM-Serien ist auch klanglich hervorragend. Die kleinsten Werte konnte ich sogar gegen Wima-MKS-Folienkondensatoren tauschen, da diese inzwischen in passender Baugröße zu bekommen sind, hier ist in diesem Anwendungsbereich verglichen mit beliebigen Elkos von einem Vielfachen an Lebensdauer auszugehen.
  • der Quell-Umschalter wurde Ultraschall-gerinigt, die Druckschalter erneuert
  • die ungleichen Kondensatoren der Zobel-Glieder wurden durch zwei gleiche, neue Folien ersetzt

gereinigter Schalter

Die Stereo-Phono-Entzerrstufe mit Doppel-Spannungsregelung - alles mit einem einzigen 4fach-OP

und klingt wie?

...rockig, live-betont, offen. Schön abgestimmt und durchaus kräftig.

Preislich hätte ich das Gerät eigentlich unterhalb des A1-X ansetzen müssen, denn der klingt für mich besser -  Aber hier erhält man auf andere Weise mehr, der B200 ist robust, ja Party-tauglich und klingt immerhin weit besser als jeglicher Japaner, auch schöner als z.B. ein neuerer MOSFET-Creek. Und dann sind die Endtransistoren alleine schon kaum mehr mit Gold aufzuwiegen - in ebay finde ich im Moment kein einziges Original, flott umgelabelte Fälschungen mag man ja für 10€/Stück bekommen - aber Originale nicht...

PS: Auf den Fotos sind die Seitenteile gelocht. Das stimmt nicht mehr.
Da der Verstärker sich kaum erwärmt, habe ich die gelochten gegen geschlossene Seitenteile getauscht - so bleibt das Gerät innen staubfrei, die Luft-Zirkulation brauche ich viel dringender für einen gerade hier revidierten eigenen A1-X, bei dem vermindern die Löcher den Hitzestau.

Nachtrag 2017

Bei Mark Hennessy ist seit langem eine Entwurfs-mäßige Abschrift des B200-Schaltplans auf seiner A1-Technik-Seite zu finden, in der sich zurecht der Hinweis findet, das sie noch nicht korrekt den Schaltplan wiedergibt. Hier jetzt meine genauer recherchierte Fassung, die dürfte das Gerät besser beschreiben.

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Im Prinzip gilt der Plan auch wie einige Endverstärker und den "A1 final version", wobei bei letzterem der Ruhestrom-Regelbereich nicht korrekt angepasst wurde, man kann ohne Änderung nicht so weit aufdrehen, dass in etwa der Arbeitspunkt des bipolaren A1 erreicht wird. Auch gab es späte Varianten, bei denen der Operationsverstärker nicht mehr komplett genutzt wurde, sondern nur sein Eingangs-Differenzverstärker (long tail pair), der interne Spannungsverstärker des OP wurde dabei durch eine diskrete Transistor-Schaltung ersetzt.