Musical Fidelity - die A-Serie

heiße Briten

Die Musical Fidelity A-Geräte sind wohl bisher die häufigsten, die in der Freien Ton- und Bildwerkstatt bearbeitet wurden. Angefangen hat das ganze eher mit einem Misserfolg an meinem ersten A1-X, mit den Geräten und den Jahren ist ein Konzept entstanden, nach dem die Geräte aufwändig auf einen ganz neuen Stand gebracht werden. Das ist notwendig, weniger weil die Konstruktion schlecht ist, sondern weil eine unsorgfältige Fertigung und eine Menge Verschleiß über Jahrzehnte inzwischen bei so gut wie keinem Exemplar dieser Gattung noch einen optimalen Betrieb zulassen. Und nach jüngeren Berechnungen habe ich mit diesen aufwändigen Neu-Aufbauten der Geräte auch Jahre lang kräftig drauf gelegt, seit 2014 gibt es jetzt einen dem Aufwand angemessenen Preis. Damit erwarte ich sowohl einen Rückgang der Aufträge, als auch einen Abbau der unerträglich langen Warteliste.

Wenn Sie Ihren eigenen Musical Fidelity A-Verstärker wieder fit machen lassen wollen, lesen Sie darüber Genaues in meinen Artikel zur Fixpreis-Revision.

Im Moment brauche ich für die Revision der am schnellsten zu bearbeitenden Geräte A1, A1-X oder David1 in Einzelfällen (wenn zufällig alle Bedingungen optimal sind) nur noch etwa 6 Stunden bis zur Endmontage. Bei ungünstiger Bestückung, großem Verschleiß, schweren Defekten und vor allem bei verbastelten oder verölten Geräten kann sich das allerdings leicht verdoppeln.

100 Geräte - und noch keine zwei baugleichen gefunden...

Dass es bei der Bearbeitungszeit eine derartige Streuung gibt, liegt unter anderem an der unsäglichen Fertigung bei Musical Fidelity in den 80er und 90er Jahren. Wo ich den Entwurf und die eigentliche Konstruktion in großen Teilen nur ausdrücklich loben kann, da sieht es mit der Fertigungs -Qualität und -Toleranz ganz anders aus. Mit über hundert Revisionen (Anfang 2014) habe ich es dennoch noch nie erlebt, dass zwei Geräte genau gleich bestückt gewesen wären. Es gibt von so gut wie jedem Detail Varianten, drei bis vier unterschiedliche Lautsprecher-Buchsen, zwei Sorten Cinch-Buchsen, 3 Sorten Quellwahl-Schalter, mindestens ein halbes Dutzend verschiedener Elektrolyt-Kondensator-Varianten für jede beliebige Position und jeden verwendeten Wert, das Gleiche für die anderen Sorten Kondensatoren. Die Ruhestrom-Einstellung ist mit wenigstens 3 Varianten vertreten, die Kollektor-Widerstände der Endstufe haben zwei unterschiedliche Werte und etliche Hersteller. Bei den Halbleitern gibt es in Sachen Zulieferer offensichtlich keinerlei Regel, die OEM-End-Transistoren sind zwar alle 2N3055/MJ2955-Derivate, doch von sehr unterschiedlicher Qualität, am dauerhaftesten haben sich die offensichtlich von Motorola/ON-Semi gefertigten A1(/2/3) N(/P)-Typen erwiesen. Die Treiber sind zwar von unterschiedlichen Herstellern gekauft, aber immerhin nahezu immer der gleiche Typ, die Eingangs- und Vortreiber-Transistoren dagegen haben sowohl wechselnde Verstärkungsgrade ("B" oder "C") als auch Typen (BC550/560, BC414/416, BC546/556), in Bezug auf Hersteller (und oft sogar den Typ) in der jeweils gleichen Position der beiden gegenläufigen Schaltungs-Hälften unterschiedlich...

Diese Fertigungs-Toleranz ist sogar deutlich größer, als die Unterschiede zwischen einigen Typen-Bezeichnungen. So unterscheiden sich vor allem die Geräte A1, A1-X und David1 jeweils gleicher Fertigungs-Zeit technisch und klanglich deutlich weniger voneinander, als zu unterschiedlichen Zeiten gefertigte Geräte mit eigentlich gleicher Bezeichnung. Das gilt gleichermaßen z.B. auch für den A100 und den A100-X sowie für A200 und Avalon.

Verschleiß, Konstruktionsschwächen und Verbesserungen

Bei den "A"-Modellen sind Schaltplan und Aufbau größtenteils identisch, die Revisions-Maßnahmen mit wenigen Abweichungen ebenfalls. Die etwas leistungsfähigeren Modelle haben allerdings größere Trafos und Netzteil Lade/Siebkondensatoren, deren Ersatz entsprechend teurer ist.

Auf seiner A1-Seite setzt sich Marc Hennessy mit dem Grundkonzept der A-Serie eingehend auseinander. Die Schaltung wird beschrieben, übliche Fehlerbilder und deren Ursachen werden erörtert. Leider habe ich mir die von Erfahrung geprägte Seite erst nach der unzureichenden Überholung eines A1-X und dessen prompter Rückkehr vom Käufer genau durchgelesen. Warum die berechtigte Reklamation eintrat, stand dort ja bereits vorher beschrieben. Ich hatte an dem Gerät bereits alles angewandt, was die eigene Erfahrung nahe legte, vor allem sind das gerade bei sehr warmen Geräten immer wieder die austrocknenden Elektrolytkondensatoren und gelockerte Lötstellen. Da in den Musical Fidelities hohe Temperaturen herrschen, hatte ich ihn an diesen Punkten natürlich sorgfältig überarbeitet.
Trotzdem ich den Eingangswahlschalter (unzerlegt) im Ultraschallbad hatte, das Signal setzte trotzdem wieder aus und verzerrte. Und die Erklärung wird durch den Schaltplan und die Datenblätter der Schalter und des Lautstärke-Reglers geliefert:
Der Schaltplan bindet Lautstärke-Regler und Umschaltung so an, dass Gleichstrom hindurch fließen kann (und bei der geringsten Toleranzabweichung des ICs auch wird), die Datenblätter verbieten das: "nur für Wechselstrom". Es kommt am Kontakt-Übergang vermehrt zu elektrolytischen Effekten, extrem beschleunigter Kontaktverschleiß, Aussetzer und Verzerrungen sind die Folgen.

Die Vorstufenschaltung entspricht einer 80er-Jahre Billig-Mischpult-Vorstufe - unter Einsparung möglichst vieler Koppel-Kondensatoren hatte man hier vermutlich mit voller Absicht deren Sound kopiert, man hat damit vor allem jungen Käufern bewusst das geboten, was ein paar Jahre zuvor ihr Klangempfinden geprägt hatte: die typischen Unsauberkeiten dieser Schaltungsweise. Ein geschickter Schachzug, ich merke an der aktuellen Revisions-Nachfrage, dass diese Modelle anscheinend sehr häufig verkauft wurden - nicht zuletzt wegen genau diesem "Sound".

Wie alle Fernseh-Hersteller ihre Geräte damals mit voll aufgedrehtem Kontrast in den Handel geschickt haben, um ja in keinem Vorführwand-Vergleich das Nachsehen zu haben, wie die ersten Pop-CDs mit unnatürlicher Schärfe abgemischt waren, so setzte man hier eben auch dezent auf auf Effekt.

...ich will die Geräte jetzt hier nicht schlecht machen, nur erläutern - wir sind, seit dem der A1 auf den Markt kam, alle erwachsener geworden... Man hat sich vielleicht etwas an den Effekt gewöhnt, inzwischen würde mancher Besitzer aber keinen Wert mehr darauf legen, wohl aber auf die wirklichen Qualitäten des Geräts. Die werden selbstredend auch noch erläutert...

Den Nebeneffekt des erhöhten Verschleißes wird man auch gekannt und billigend in Kauf genommen haben, man wollte ja schließlich ein heißes Einstiegsmodell und keine Dauereinrichtung verkaufen. Die Endstufen-Konstruktion musste dabei irgendwie schon besonders gut sein, hier konnte man es mit dem Effekt nicht weit treiben, sonst hätte die Stabilität gelitten. Robust genug trotz des (angeblichen) "Class-A"-Betriebs musste der Ausgang schon sein. Das ist tatsächlich vorbildlich gelungen, an der Endstufe gibt es nichts auszusetzen, welche "Class" auch immer.

Aber einen Sound produzieren, den die Leute für "röhrenartig" halten (in Wirklichkeit ist eher die Abwesenheit solcher Verzerrungen in der Endstufe und das Dynamikverhalten sehr röhrenähnlich), dabei noch Geld in der Produktion sparen und die Lebensdauer auf einen definierten Punkt nach der Garantiezeit begrenzen - das war betriebswirtschaftlich sicher nicht unwillkommen. Auch die kostengünstigere Bestückung mit 85°C-Standard-Elkos läßt sich so erklären - wobei hier Detail-Auswahl und Feinabstimmung durchaus sichtbar sind.

Kurzum: die Geräte sind in ihrer Verkaufs-Fassung nicht einfach zufällig einem Ahnungslosen so gut geraten. Schon gar nicht sind sie aus einem Minimal-Entwurf durch Verbesserungen zu einer gewissen Güte entwickelt worden. Sie sind im Gegenteil das kommerziell abgespeckte Ergebnis eines absolut gekonnten Entwurfs der erst nachträglich bewusst mit Schwächen gespickt wurde. Hätte man beispielsweise Koppel-Kondensatoren im Bereich der Vorstufe eingesetzt, dann hätte man dafür zusätzlich entweder teure, zuverlässige Folien, oder billige und Verschleiß steigernde Elkos wählen können, in einem Fall widersprechen die Kosten, im anderen die Beherrschbarkeit des Verschleißes bei größerer Drift der Signalweg-Eigenschaften. Dass man Schalter und Poti durchaus auch Gleichstrom-frei halten kann, beweisen die "B"-Geräte, hier macht die Endstufe ja genug eigenen Effekt, da hat man eine Gleichstrom-freie Standard-Topologie gewählt, entsprechend läuft ein 2fach-IC der gleichen Typenklasse dort vor allem langfristig betrachtet weit Verzerrungs- und Störungs-freier.

Den ganzen eingebauten Schwächen der A-Serie kann man natürlich relativ leicht entgegen wirken, zunächst kann man mal dauerhaftere Beiteile einsetzen, insbesondere langlebige, gut klingende Elkos und Folienkondensatoren. Ich verbaue als Ersatztypen meine gewohnten Panasonic 105°C-Typen, im Netzteil Serie HA, für die 10uF-Elkos Serie FC, für Werte über 10uF FM und für die 1uF-Koppelkondensatoren (die vom Austrocknen am meisten und wirkungsvollsten betroffen sind) WIMA MKS2-Folien. Bei den Koppel-Kondensatoren mag der Einsatz von Elkos vielleicht einen Tick besser zur Abstimmung passen, die Folien sind weniger rund im Klangbild - allerdings sind die Folien dafür absolut dauer-stabil und nach dem (viel geringeren und länger dauernden) Einspielvorgang durchaus nur mit besten Elkos zu toppen. Die WIMAs sind sozusagen nach zwei Jahren auf der Höhe und bleiben da, ein 1uF-Elko ist dagegen bei den hohen Temperaturen im Gerät nach zwei Jahren schon wieder auf dem absteigenden Ast...

Genauso wichtig wie neue Kondensatoren ist das Aufräumen im Kleinsignal-Weg. Alle Umschalter müssen wieder 100%ig Kontakt geben und vor Gleichströmen (zumindest aus dem Gerät selber) geschützt werden, das vervielfacht deren Lebensdauer. Schalter mit korrodierten Kontakten haben nicht mehr den beabsichtigten, relativ linearen Übergangswiderstand von wenigen Milliohm, sie werden zu (sogar am "grobmotorischen" Hameg-Komponententester sichtbaren) nichtlinearen, spannungsabhängigen Widerständen, weisen eine S-förmige Kennlinie auf und verzerren spannungsabhängig kubisch. Übelster Klirrfaktor ähnlich Übernahmeverzerrungen, Aussetzer und Prasseln sind die Folge. Für den Tape-und Phono-Umschaltung ist der erste Teil der Lösung ganz einfach: die Schalter kann man noch kaufen, also  baue ich neue ein.

Für den Lorlin- (bzw. Alps-) Eingangswahl-Drehschalter sieht die Sache zum Teil ähnlich aus, je nach verbautem Raster gibt es auch hier noch (bzw. wieder) Ersatz, man kann die ganze Schalter-Ebene erneuern, damit ist alles im Signalweg blank.

Ersatz der Problem-Vorstufe

Damit allerdings nicht weiter die "Offset-Elektrolyse" an den Kontakten nagt, wird die komplette Vorstufe Gleichstrom-frei gemacht, und zwar mit einigen Verbesserungen - die Topologie des Marc-Hennessy-Vorschlags ähnelt sehr der B1-Vorstufe, ist aber an sich noch weit besser in der Material-Auswahl.
Das ursprüngliche Vorstufen-IC wird entfernt und dessen Aufgabe von der verbesserten Vorverstärker-Schaltung auf einer Platine am Lautstärke-Regler ersetzt, die Spannungsversorgung wird dabei an die Versorgungs-Pin-Leiterbahnen des Original-ICs angeschlossen. Der Schleifer des ALPS-Potentiometers (Sie können wahlweise auch andere Typen haben) ist über einen Folien-Kondensator vom IC getrennt, der ganze Eingangszweig bis zu den Buchsen ist damit nicht mehr Gleichstrom-gekoppelt.

Die Vorstufe nach dem Plan von Marc Hennessy
- wie in seinem Bauvorschlag noch mühevoll komplett Hand-gefertigt

die erste gedruckte Version der Vorstufen-Platine ohne Poti (Unterseite)
- der Schaltplan ist immer noch exakt der Hennessy-Entwurf

Durch die Auswahl des Potentiometer-Rasters und die Möglichkeit, die eine Anschlussreihe vorne um die Kante zu befestigen ist man mit der Wahl des Potentiometer-Typs kaum gebunden.

die Oberseite zeigt die Widerstände und den Burr-Brown-Operationsverstärker, die Kondensatoren sind wegen ihrer größeren Bauhöhe auf der Unterseite montiert, die Platine sitzt im Gerät ca. 10mm unter dem Deckel.

Herr Hennessy hat auch ganz richtig gemessen und gerechnet, man braucht, vor allem im CD-Betrieb bei weitem nicht die Vorstufen-Verstärkung der Original-Schaltung. Der neue Vorverstärker hat nur noch ca. 3fache Line-Verstärkung und reicht so trotzdem selbst bei recht leisen Quellen (z.B. 500mV Tuner) leicht zur Vollaussteuerung. Dazu dreht man allerdings viel weiter als vorher den Regler auf.
Folge: der mangelhafte Gleichlauf nahezu jeden Poti-Typs am Linksanschlag spielt gar keine Rolle mehr, leise hören findet bei 9:00Uhr Regler-Stellung statt (da ist jedes Poti schon längst im Gleichlauf-Bereich), laut hören bei bei bis zu 3:00Uhr, aber immer sind die Kanäle (gehört wie gemessen) gleich laut verstärkt, ein wesentlicher Vorteil zur Original-Vorstufe. Der verwendete Burr-Brown Doppel-OP ist zwar nicht der aller-aller-teuerste, aber auch schon das fünf- bis zehnfache Preisniveau des Original-ICs - und das merkt man, hier herrscht eine ganz andere Präzision der Sinalverarbeitung. Die beiden Einzel-OPs sind im IC in Dual-Mono-Schaltung verdrahtet, einzige Berührungspunkte sind die gut gedämpften Betriebsspannungen. Das Übersprechen ist daher vergleichbar mit dem großflächigen Aufbau mit 2 ICs, im Doppel-OP sind aber die beiden Kanäle von vornherein extrem gut "gematcht", gleicher kann man zwei Stereo-Signale in dieser Preisklasse gar nicht behandeln.
Die Stufe hat auch eine Ergänzung im Eingang, die sehr zur Sauberkeit des Ergebnis beiträgt: es gibt ein Ultrasonic-Filter, eine Anstiegsbegrenzung. Jeder Verstärker hat ja eine maximale Anstiegs-Geschwindigkeit, Signale geringerer Steilheit kommen immer gut durch, denn der Verstärker kann noch folgen. Lässt man allerdings zu steile Signale an den Eingang, dann kommt es zu ganz ekelhaften, unharmonischen Verzerrungen, besonders leicht passiert das bei der Kombination hoher Pegel und hoher Frequenzen. Der Effekt von Flanken- (Transienten-)Verzerrungen  ist ähnlich unangenehm und ähnlich erklärbar wie der Aliasing-Effekt, es entstehen hier u.U. sogar mitten im Hörbereich Mischprodukte mit Signal-unabhängigen Komponenten (=disharmonisch).
Durch das kleine Filter im Poti-Eingang bekommt der ganze Verstärker keine zu schnellen Signale mehr, was jetzt noch an den Vorverstärker-Eingang gelangt, kommt auch heil bis zum Ausgang der Endstufe - in jeder Lebenslage, auch bis zur Vollaussteuerung. Es fehlt dadurch trotzdem nichts im Signal, was das Gerät nicht ohnehin gar nicht hätte verarbeiten können. Es kostet halt nur ein paar Bauteile mehr...

Aktuelle Version

Seit diesen ersten Revisions-Exemplaren ist noch einiges an Erfahrung dazu gekommen. So hat mich bei der originalen Marc Hennssy -Variante der Vorstufe immer gestört, dass die Versorgung nach wie vor aus der Parallel-Stabilisierung eines Kanals entnommen wurde, dieser hatte entsprechend etwas kleinere Werte für den Vorwiderstand der Zener-Diode (um den zusätzlichen Strom des Vorstufen-ICs liefern zu können). Nun hat Herr Hennessy dieser Spannung ja auf der Platine noch einen zusätzlichen Puffer-Elko mit deutlich mehr Puffer-Kapazität spendiert, als die Stabilisierung von sich aus besitzt. Die Folge ist, dass der eine Endstufen-Kanal natürlich von der Ersatz-Vorstufe mit gepuffert wird, der andere dagegen nicht - was man unter anderem daran merkt, dass beim Abschalten mit Signal der eine Kanal schnell, der andere langsam in der Verzerrung verschwindet, durch den unterschiedlichen Abbau der Versorgungs-Spannung.

Nun war das halt wie es war, ich wollte aber weiter gehen und die lokale Pufferung auch nicht mehr mit einem Elko von Plus nach Minus, sondern mit Bezug auf die lokale Masse des ICs für jede Versorgungs-Spannung einzeln ausführen. Das ging schon auf der Platine einen Schritt weiter. Der sinnvolle Einbau erfordert meines Erachtens zusätzliche Maßnahmen, die im Bereich des ausgebauten Vorstufen-ICs auf die Haupt-Platine montiert werden - eine komplette zusätzliche +/-12V-Versorgung nur für die Vorstufe alleine. Dazu wird seit dieser Variante nicht nur das originale 4fach-OP-IC (TL084) entfernt, sondern auch dessen gesamte Außen-Beschaltung, die Leiterbahnen werden dann um-benutzt. Und um die saubere Masseführung auf die Spitze zu treiben, habe ich eine Variante ersonnen, bei der sogar die Zener-Dioden genau und völlig unabhängig auf den gleichen Stern-Punkt bezogen werden, wie die Puffer-Kondensatoren und der Rest der Vorstufen-Schaltung. Daher werden bei dieser Variante stets drei grüne Masse-Kabel angebracht, eins für das Bezugs-Potential und je eines für den Masse-Anschluss der Zener-Dioden.

hier die aktuelle Variante: der eine Stütz-Kondensator wurde durch je einen pro Betriebsspannung ersetzt, die Versorgung dazu wird jetzt an Stelle des ausgebauten Vorverstärkers montiert und macht die Vorstufe unabhängig von der Versorgung der vorderen Endstufe.

Die Styroflex-Typen neben dem Potentiometer sind inzwischen WIMA FKPs gewichen.

Drei Masse-Kabel werden jetzt verwendet, um die Zener-Dioden-Stabilisierung auf der Haupt-Platine auf den Sternpunkt der Vorstufe zu beziehen.

Als Besonderheit habe ich die Zener-Dioden dieses neuen Versorgungs-Teils noch ein wenig künstlich "verschlechtert", indem ich ihnen je einen 15-Ohm-Reihen-Widerstand spendiert habe. Damit nimmt deren Stabilisierungs-Eigenschaft zwar ab, doch die Spannungen sind ja für eine gut geglättete Qualität bereits mit hochwertigen Kondensatoren gut gepuffert.

Die neue Vorstufen-Versorgung in einem A1-X

Das Eigen-Rauschen und Prasseln der Zener-Dioden dagegen wird mit einem derartigen Widerstand zwischen Rauschquelle und Puffer-Kondensator vom diesem Kondensator wesentlich besser bedämpft, in etwa in dem Verhältnis Vor-Widerstand zum ESR des Kondensators - und da liegen wir dann vom Rausch-Pegel der Versorgung her im Hörbereich gleich so um die 30dB niedriger, entsprechend weniger muss sich das IC intern mit der Unterdrückung von Betriebsspannungs-Störungen beschäftigen - billiger, wirkungsvoller Trick.

In eigener Sache

Nachdem mich Anfang 2011 ein Anrufer darauf hingewiesen hat, dass meine Texte teils kontrovers in Foren diskutiert würden:

Natürlich war ich nicht während der Entwicklung dabei, natürlich spekuliere ich bei meinen Behauptungen - allerdings aus Erfahrung. Ich habe schon mit einigen Entwicklern gesprochen, aus etlichen kleinen Firmen ähnliche Details erfahren, möge jeder selber die Indizien bewerten.. Ich gehe einfach davon aus, dass der der A1-Entwickler durchaus erfahren und phantasiereich ist, dass er einen Schaltplan lesen kann und auch die Datenblätter der verwendeten Teile. Ich gehe davon aus, er kannte das "no go" für seine Vorstufen-Schaltung (dass man Signal-Kontaktzungen nicht in Gleichstrompfade schaltet habe ja nicht ich - und schon gar nicht erst heute - erfunden). Jede andere Annahme würde ihn ja zum technischen Analphabeten stempeln, also sind solche vermeidbaren, ungünstigen Konstruktiondetails zumindest billigend in Kauf genommen worden - aus welchen Gründen außer wirtschaftlichen tut das wohl ein Entwickler, der andererseits eine Endstufe mit absolut perfekt abgestimmten Eigenschaften zuwege bringt? Warum wurde das Vorstufen-Konzept über Jahre und verschiedene Modelle so beibehalten und vererbt?

Man nehme sich zum Vergleich mal die nach Ländern eingeteilten Ersatzteillisten japanischer Verstärker gleichen Alters vor. Ohne Zwang durch irgendwelche Vorschriften wurden z.B. Geräte für den britischen, den amerikanische und den deutschen Markt im Bereich der Frequenzkompensation unterschiedlich bestückt, genau wie auch Lautsprecherweichen nach nationalen Vorlieben angepasst werden... Wo ernsthaft Hifi verkauft werden soll, befassen sich Entwicklung und Produktmanagment durchaus mit solchen Fragen, warum soll der ausgefeilte A1 da eine Ausnahme sein? Ich kann ja mal versuchen den Herrn Michaelson oder besser noch de Paravicini zu erreichen und zur exakten Entwicklungsgeschichte zu fragen, wäre durchaus auf seine Begründung für den TL084 mit Poti in der Gegenkopplung neugierig, was ihm da zu wohl einfällt.

Auf Hennessys Seite ist de Paravicini mit einer Erklärung zum angeblichen Class-A-Betrieb der A-Geräte zitiert. Er verteidigt hier das frech aufgedruckte "Class A" mit geschickten, aber unpassenden Argumenten. Er behauptet da, man dürfe die Ruhestrüme der Halbwellen addieren und noch zum Scheitelwert hoch multiplizieren, doch es gibt natürlich nur einen Ruhestrom pro Kanal und der ist gleichzeitig der Dachstrom des Class-A-Bereichs. Parallel geschaltet darf man sich höchstens die Impedanzen der beiden Verstärkerhälften vorstellen, die Analogie zu Röhrenverstärkern hinkt ohne Gegentakt-Ausgangsübertrager (siehe auch unten: Wirkungsgrad). Ein A1 mit 800mA Ruhestrom gibt nach meiner Rechnung ca. 2,5W Class-A-Sinusleistung an 8 Ohm ab:  (0,8A/Wurzel2)Quadrat x 8 Ohm, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das heißt, dass der A-Bereich erst etwa 8dB unterhalb der Vollaussteuerung verlassen wird, wahrnehmbare Übernahmeverzerrungen sind bei derart hohen Pegeln kaum vorstellbar. Dass de Paravicini für seine Endstufe einen maximalen Wirkungsgrad von 50% zugrunde legt ist natürlich auch nicht richtig (siehe Wikipedia, das geht nur durch halbierte Versorgungsspannung bei Trafokopplung), die Topologie der MF A-Geräte könnte bei vollem A-Betrieb maximal 25% Wirkungsgrad erzielen. Wüsste er das wirklich nicht besser, könnte natürlich auch die Vorstufe im guten Glauben konstruiert sein - aber davon gehe ich eigentlich nicht aus, das ist viel eher ein Versuch, die werbeträchtige Verstärker-Klassifikation zu verteidigen. Wozu eigentlich, die Stufe klingt auch als Class-AB-Stufe noch genauso gut... Naja, vielleicht weil es ein aktuelles Nachfolgegerät gibt, bei dem sind Ruhestrom und Kühlkörper vermutlich auch nicht größer, auf dem steht wieder klar lesbar "Class A" - offensichtlich kein geschützter Begriff.

Ergänzung/Präzisierung vom März 2011 - für interessierte Fachleute

Beim letzten Schwung A1-Revisionen hatte ich mir vorgenommen, den Class-A Behauptungen de Paravicinis mal genauer auf den Zahn zu fühlen - am halb offenen Gerät habe ich versucht bei verschiedenen Leistungen den Stromverlauf durch die einen der Endtransistoren zu messen. Eine einseitig gekappte Kurve bei größerer Leistung würde den anteiligen B-Betrieb beweisen, hier zeigt sich die Strom-Abschaltung der nicht aktiven Halbwelle, der Betrieb von Endtransistoren hinein in den Kennlinien-Knick - der Grund für mehr oder weniger wahrnehmbare Übernahme-Verzerrungen. Was auf jeden Fall zutrifft (zunächst zu meinem heftigen Erstaunen): im gesamten Leistungsbereich an realen 8Ohm Last bleibt bei dem gemessenen A1-X die Leistungsaufnahme konstant - bei 230V Netz-Wechselspannung fließen ca. 0,4A. Würde ja für einen reinen Class-A-Verstärker sprechen.... nur nimmt das Gerät für seine Maximalleistung eben viel zu wenig Ruhestrom auf, um als reiner A-Verstärker durch zu gehen, immerhin liefert es an der Überstreuerungsgrenze ca. 25W/Kanal an die genannte Last, die Ruhe-Aufnahme müsste für Class-A allerdings mindestens 200W sein, mehr als doppelt so viel wie gemessen.

Die Stromverlaufs-Messung ist mir mit meinen Mitteln leider nicht zufriedenstellend gelungen, bei 40V Spannungshub die Differenzsspannung an den Kollektorwiderständen sauber darzustellen lassen die Messverstärker meines Hameg offensichtlich nicht zu, die verzerren dabei selber (klar zu sehen, wenn man zum Vergleich mit beiden Tastköpfen zusammen am Ausgang misst). Also habe ich einfach mal mit meinem Digital-Multimeter vesucht, ich gehe jetzt mal davon aus, dass das Gerät im Gleich und Wechselbereich annähernd Effektiv-Werte anzeigt, solange Frequenz und Kurvenform nicht allzu exotisch ausfallen.
Gemessen habe ich an einem der Kollektorwiderstände im Ausgangskreis mit 8 Ohm Lastwiderstand, jeweils den Gleichspannungs- und den Wechselspannungs-Wert und zwar jeweils einmal ohne Aussteuerung und bei (unverzerrter) Vollaussteuerung 40Vss (25W). Der effektive Gleichspannungswert blieb bei jeder Aussteuerung bei konstanten 180mV, der Wechselspannungswert lag zwischen 0 und 200mV effektiv.
Das ist aussagekräftig genug.
Was heißt das?
Es bedeutet, dass der Arbeitspunkt sich dynamisch verschiebt.
Blick in den Schaltplan: Durch die Art und Weise, wie der Ruhestrom  festgelegt wird, erzwingt den Verstärker einen konstanten effektiven Gleichstom-Durchschnittswert an den Kollektorwiderständen, die Integration erfolgt über das RC-Glied Gegenkopplungswiderstand-Fußpunkt-Kondensator (1x je Schaltungshälfte).
Bei (langsamer) Erhöhung der Leistung wird damit auch der Ruhestrom entsprechend erhöht, bei der Vollaussteuerung liegt er so bei den notwendigen mehr als 2A.
Bei Messungen mit statischen Signalen an 8 Ohm kann man daher auch nie etwas vom B-Betrieb sehen, das Gerät regelt immer wieder in den A-Betrieb nach. Ein immer gleicher DC-Effektivwert an den Kollektorwiderständen erklärt auch 100%ig die konstante Leistungsaufnahme.
Der Ruhestrom wurde nun entsprechend so gewählt, dass bei Vollaussteuerung der effektive DC-Durchschnitt einen gerade eben nicht von der Nulllinie begrenzten Kurven-Verlauf zulässt, für 8 Ohm Last und  180mV pro 0,22 Ohm-Widerstand  (entspricht - auch in Ruhe - effektiven 800mA) trifft das zu. Wer Integrale rechnen kann, mag das so voraus errechnen - vermutlich wurde der Wert aber eher empirisch ermittelt, mit der falschen Schaltungserklärung wäre eine richtige Berechnung denn auch eher Zufall.

Lassen wir nun allerdings mal Musik durch den Verstärker, dann sieht die Lage völlig anders aus, als mit konstanten Generator-Signalen. Bei Transienten kann die Ruhestrom-Regelung nämlich nicht schnell genug folgen, hier verhält sich das Gerät dann meist wie ein gewöhnliches AB-Design.
Messen wird man das mit Bursts können, ein kurzes Sinus-Paket sollte das ganz normale AB-Verhalten messbar machen - habe ich leider keinen Generator dafür, aber Herr Hennessy wird meine These überprüfen, sowie er dafür Zeit findet, dann gibt's mehr Infomationen und ev. Bilder dazu.

Jedenfalls hat Herr de Paravicini hier eine sehr elegante Schaltung erfunden - und eine völlig falsche Erklärung dazu.

Hervorragend an dem Gesamtverhalten ist die resultierende Quasi-Parallelstabilisierung des Netzteils (das ja im Prinzip langsamer ist, als die Ruhestrom-Korrektur), der differentielle Innenwiderstand ist dadurch gleichmäßig gering, in Transienten noch geringer, das wiegt Übernahmeverzerrungen (stets erst im Watt-Bereich, siehe oben!) mehr als auf.
Unangenehm gegenüber "normalen" A-Verstärkern ist dagegen allerdings das Verhalten an einer nicht vorgesehenen, größeren Last (kleineren Impedanz). An 4 Ohm z.B. sieht man im Oszillogramm knapp unterhalb der Clipping-Grenze deutliche Übernahme-Verzerrungen, was für einem Standard-Design ungewöhnlich wäre. Bei einem fest eingestelltem Arbeitspunkt zeigt sich ein Last-bedingter B-Übergang weit weniger deutlich.

Nachtrag 6.3.2011

....das hatte ich auf Hennessy's Seite noch gar nicht gesehen, ist die Zeile in dem Zitat-Kästchen unter "Line preamp" neu? de Paravicini  hat auf die Frage nach der Vorstufe nämlich geantwortet: "The 'Active Volume control' was dictated to me as part of the brief. Cheap pots and other parts let it down.". Zu Deutsch: Die Topologie mit dem "aktiven Potentiometer" hat er so gar nicht haben wollen, das sei Vorgabe gewesen...
AHA - dann habe ich den Nagel ja wohl auf den Kopf getroffen - noch irgendwelche Fragen?