Vollverstärker

Musical Fidelity A1-X

Verkauft für 429,- €

  • Gehäuse gut erhalten mit wenig Gebrauchsspuren - gebürstete schwarze Front mit blau aufgedrucktem Schriftzug
  • Phono MM/MC umschaltbar
  • 3 Line Eingänge Tape Schleife
  • 2x 20W bei 75W konstanter Leistungsaufnahme - hoher Class-A-Bereich
  • Potentiometer und beide Druckschalter neu, Quellwahlschalter ultraschallgereinigt und versiegelt
  • Line Vorstufe Topologie geändert, Konstruktionsmängel beseitigt - siehe Text

Beschreibung

Ein Schmuckstück für Liebhaber dieser Gattung:
die Konstruktion geht recht ungewöhnliche Wege, so besteht das Gerät im Prinzip aus zwei komplett symmetrischen Verstärkerhälften, die nur an Ein- und Ausgang verkoppelt sind, Es gibt sogar zwei Gegenkopplungszweige. Ein winziger, künstlicher Offset-Strom in den Gegenkopplungsanschluß der bipolaren Eingangstransistoren wird hier zur Festlegung des Ruhestroms verwendet. Den entstehenden Gleichspannungs-Offset am Ausgang kompensiert die andere Schaltungshälfte. Geniale Idee.
Das Gerät arbeitet mit sehr geringer Gegenkopplung - viel ist auch nicht nötig, da ein großer Teil der Verzerrungen sich in der symmetrischen Schaltung ohnehin auslöscht und durch den gewählten hohen Ruhestrom von vorn herein gering ausfällt.
Paradox an dem Gerät (wie an allen Verstärkern mit hohem Ruhestrom Class A oder AB): je lauter man hört, desto kälter wird die Kühlrippe. Es wird dann eben nur Leistung zum Lautsprecher umgeleitet, die sonst in der Endstufe selber in Wärme aufgeht. Der ganze Gehäusedeckel ist massiver Aluminium-Strangguss und dient der Wärmeabfuhr, das Gerät wird oben je nach Außentemparatur 40-50°C heiß - also bitte nicht abdecken (siehe Handbuch).

Erste Änderungen

Wegen der hohen Wärementwicklung verschleißen Elektrolytkondensatoren in einem solchen Gerät um einiges schneller als in "kalten" Geräten.
Daher wurden

  • die meisten kleinen Elektrolytkondensatoren gegen neue 105°C-Typen ausgetauscht. Die dabei verwendete Panasonic FC/FM/FK-Serie ist auch klanglich hervorragend. Die kleinsten Werte konnte ich sogar gegen Wima-MKS-Folienkondensatoren tauschen, da diese inzwischen in passender Baugröße zu bekommen sind, hier ist in diesem Anwendungsbereich verglichen mit beliebigen Elkos von einem Vielfachen an Lebensdauer auszugehen.
  • die Lade/Sieb-Kondensatoren des Haupt-Netzteils wurden gegen 105°C-Panasonic-Typen getauscht.
  • der Quell-Umschalter wurde mit Spezialreiniger behandelt.

Erstes Ergebnis Ein Gerät für Freunde des Röhren-Klangs. Mit seinem warmen Klirrspektrum und seiner Vorliebe, einem völlig unbekannte Details aus der Mitte des Geschehens ganz locker zu übermitteln, macht sein Charakter Lust, damit die Plattensammlung neu durchzuhören.
Sehr empfehlenswert: lassen Sie ihn erst mal richtig warm werden, im Kalt-Zustand ist er nicht halb so gut wie angewärmt.

So stand das Gerät zunächst für 329€ zum Verkauf. lesen Sie, wie's weiter ging.

Erste Kundenerfahrung

im beschriebenen überholten Originalzustand interessierte sich dann ein Kunde für das Gerät und hatte es auch zur Ansicht. Leider bekam ich eine negative Rückmeldung - und das Gerät zurück: ein Kanal würde verzerren. Was war geschehen?
Schon bei der ersten Fehlerbeschreibung per E-Mail machte ich mich auf die Suche nach mehr Information. Ich konnte mir einfach keinen regelrechten Ausfall an dem sorgfältig überarbeiteten A1-X vorstellen. Und ich wurde auf einer englischen Seite fündig, die ich bereits kannte. Leider hatte ich mir den Text vor der Überarbeitung nicht durchgelesen, das steht nämlich, dass nichts weniger erstrebenswert ist, als der komplette Originalzustand.
Warum?
Weil da ein paar "kleine" konstruktive Fehlgriffe drin sind, die zwangsläufig immer wieder Ärger machen.

Nicht gemeint ist hier der hohe Class-A-Bereich. Außer der relativ hohen Luft-Temperatur im Gerät schadet das ungewöhnlich wenig, man hat nämlich die Lötstellen der Endtransistoren, die sich sonst bei der ständigen Wärme-Verschiebung im Gerät während des Aufheizen/Abkühlens locker arbeiten würden, kurzerhand mit Anschlusskabeln entkoppelt. Die Endtransistoren hängen auf einem Profil am Deckel und können nicht an der Platine zerren. Dementsprechend wird da auch kaum je etwas locker.

Nein, die Vorstufen-Topologie ist der böse Finger! Die Grundschaltung ist Meilen vom Optimum entfernt, es scheint dass der Konstrukteur noch eine Badewanne von TL084-Quad-OPs zu verbauen hatte und die Vorstufen Schaltung dann um dieses IC herum "geschludert" hat. Vielleicht wollte er auch absichtlich irgendeinen bestimmten Effekt erzielen - wer weiß...
Der TL084 ist schon unter den billigen OP-Amps für diese Anwendung nur die zweite Wahl. Der größte Fehler aber ist hier sein Einsatz als rein DC-beschaltete Vorstufe - und dass auch noch mit dem Lautstärkeregler im Gegenkopplungspfad. Ein absolutes No-Go.
Aussetzer des Potis lassen die Verstärkung kurz auf Maximum schnellen, das Rauschen des Potis wir zudem maximal verstärkt, der OP-Amp hat überhaupt keinen klar definierten Arbeitsbereich, weder in Sachen Verstärkungsfaktor, noch in Sachen DC-Arbeitspunkt.
Der Eingangs-Offset ruft einen ständigen Gleichstrom durch die Eingangs-Umschaltung (Tape-Schalter, Quellwahlschalter) hervor, die so beschaltet zwangsläufig frühzeitig und unnötig aussetzen. Ein ständiger Störteppich geht von der Vorstufe aus. Und wo die Schalter noch nicht kaputt sind, werden sie durch den Gleichstromfluss zu ständiger Nichtlinearität (=Verzerrung) gezwungen. Das ist und bleibt alles unvermeidlich, macht immer wieder Schwierigkeiten, man kann Schalter putzen so viel man will - so lange die Vorstufe original belassen wird.

Fertigstellung

Der A1-X stand nach der Rückkehr erst einmal ein Weilchen, es gab anderes zu tun. Dazu kam aber dann ein ganz ähnliches Reparaturgerät, ein A100. Und da wollte ich die Erfahrung und die Information von der o.g. Website ebenfalls anwenden, also habe ich die folgenden Maßnahmen gleich bei zwei Geräten eingebaut, zuerst beim A100.
Der Anleitung folgend wurde der TL084-Operationverstärker in der Line-Vorstufe entfernt und eine Ersatz-Vorstufe direkt auf eine kleine Streifenraster-Platine am Potentiomter gebaut. Diese ist mit kurzen, verdrilleten Voll-Kupfer-Innenadern einens Gigabit-Lankabels angeschlossen. Das Potentiometer wurde gegen ein niederohmigeres getauscht, sein Schleifer mit einem hochwertigen Koppel-Kondensator vom Eingang des Burr-Brown OPs getrennt. Eingangsimpedanz der Line-Eingänge ist daher jetzt 11,1kOhm, das Rauschen nimmt dadurch ab. Der Eingangswahlschalter (der den Ärger im Endeffekt dann komplett gemacht und ausgesetzt hatte) wurde  zerlegt und Ultraschall-gereinigt, danach mit Cramolin "Schutz" versiegelt. Die beiden ALPS-Umschalter "MM/MC" und "Tape" wurden durch neue ersetzt.
Schluss mit Aussetzern.
Aber noch was - die Hompage mit der Umbauanleitung enthält bereits einige Kommentare von Lesern, die das Konzept nachgebaut hatten, alle überwältigend positiv. Ich muss jetzt sagen: der Fortschritt ist kaum zu toppen.
Der A100 war zuerst fertig (beim A1-X verhielt es sich analog), er spielte auf Anhieb in einer anderen Liga, eigentlich ein Aufstieg in die dopplte Preisklasse.
Beim Einschalten fiel bereits auf: das Gerät brummt und rauscht so gut wie gar nicht mehr, man muss das Ohr an die 95dB/W/m-Breitbänder legen, sonst kann man es nicht hören.
Dann der Potentiomter-Gleichlauf: Der Umbauvorschlag verlegt den Regelbereich, man muss weiter aufdrehen. Das und die bessere Grundbeschaltung lässt die beiden Kanäle in allen Lautstärke-Bereichen subjektiv völlig synchron laufen, ich schätze, da wird sich auch messtechnisch einiges verbessert haben.
Aber überrascht war ich dann von der unerwarteten Klarheit. Der Verstärker zieht jetzt nicht mehr den leicht samtigen, leicht nervigen Verzerrungs-Vorhang vor die Lautsprecher, Stimmen sind einfach da! Hätte nie geglaubt, dass das so eindeutig nur aus der Billig-Vorstufe rührt, die Endstufe ist in Wirklichkeit total sauber und dynamisch. In meiner Achtung sind die beiden Geräte um zwei Klassen gestiegen, es macht jetzt einfach riesig Spass jetzt damit zu hören. Bessere Räumlichkeit, viel besseres Timing, schneller, breitbandiger und vor allem der klare Gesang. Man kann es jetzt stundenlang vor dem weit aufgedrehten Gerät aushalten, nichts nervt mehr, es kommt Freude auf.

Herzlichen Dank an Mark Hennessy!