Vollverstärker

Musical Fidelity A100-X

Verkauft für 638,- €

Eigenschaften:

  • Gehäuse mit ein paar Gebrauchsspuren - gebürstete schwarze Front mit blau aufgedrucktem Schriftzug, optisch akzeptabler Zustand
  • Phono MM/MC umschaltbar
  • 3 Line Eingänge Tape Schleife
  • 2x 50W bei ca.150W konstanter Leistungsaufnahme - hoher Class-A-Bereich
  • Potentiometer und beide Druckschalter neu, Quellwahlschalter gereinigt und versiegelt
  • Line Vorstufe Topologie geändert, Konstruktionsmängel beseitigt - siehe Text

Vorstufe neuester (issue 3) Generation mit unabhängiger, doppelt gepufferter Versorgung durch rauscharme Parallel-Stabilisierung

Beschreibung

Ein Kunde hat mir den Link zur Ebay-Auktion dieses Geräts geschickt, der Zustand war außen besser und innen schlechter als anhand der Beschreibung erwartet. Man muß hier zu dem Modell zweierlei bemerken: erstens handelt es sich beim A100(-X) um eine vergrößerte Version des A1(-X), eine Sache, die wie jedes "upsize" an technisch kritischen Punkten problematischer ist, als ein Abspecken (downsize) von einem größeren zu einem kleineren Modell. Zweitens ist Musical Fidelity auch tatsächlich in einigen Details in die selbst gestellte Falle getappt und hat hier, wie auch in den MA50-Monos vergessen, die Schaltung an die vergrößerten Gegebenheiten anzupassen. Für die genannten Monos gilt daher das gleiche wie hier: in der Originalfassung fallen sie häufig aus.Insbesonders sticht bei fast jedem A100, MA50(-X) und diesen A100-X  ins Auge, dass man im Fertigungslabor zu faul war, ein paar Kleinigkeiten nach zu rechnen. So sind im A1 und seinen Nachfolgern z.B. 12V-Zenerdioden im Eingangsbereich der Endstufen zur Stabilisierung der Versorgung eingesetzt - mit entsprechend richtig berechneten Vorwiderständen, die Vollverstärker laufen alle mit ca. +/-24V, die Zenerspannung und der benötigte Gesamtstrom der Schaltung sind bekannt und so hat man die Vorwiderstände mit 680Ohm und 2W Belastbarkeit für  etwa 18mA zugeführtem Strom ausgelegt - der Widerstand ist etwa 10fach überdimensioniert und bleibt bei 0,2W genauso kühl wie die Zenerdiode, die noch weniger zu leisten hat. Beim der A100/A120/A200-Serie allerdings wird die Endstufe mit 10V mehr gespeist, die stabilisierte Spannung bleibt nahezu gleich - insofern muß bei dieser Beinahe-Verdopplung der Spannung am Vorwiderstand mit mehr als der dreifachen Leistung  gerechnet werden - was mit den Betriebsstunden dann auch ganz schön das Material und die Lötstellen angreift. Beim A120/A200 (Avalon) hat man dem Rechnung getragen und die Widerstände erhöht, doch beim A100(-X) und den MA50(-X) wurden einfach weiter die Werte des A1(-X) bestückt. Und darum gehen die Geräte auch alle kaputt. Wenn man sie schon auf dem Tisch hat, dann sollte man die vier Vorwiderstände IMMER von 680 Ohm auf belastbarere 1,2KOhm erhöhen, dann stimmt der Strom wieder mit dem korrekt errechneten der ursprünglichen A1-Schaltung überein. Auch dieser A100-X zeigt die typischen Verschleißspuren, die ihn langsam seinem vorzeitigen Ende zugeführt haben, doch war die Platine noch nicht allzu verbrannt, nur im Zenerdioden-Bereich leicht gebräunt.

Seit langem ersetze ich z.B. in der Phonostufe die vorgeschalteteten Eingangstransistoren (bestückt im Original mit ZTX753, an sich ein Treiber-Typ) durch hochwertige, rauscharme Japan-Typen (2SA970). Mit den Jahren ist aber gerade bei den A100(-X)-Geräten einiges an Lehrgeld und Erfahrung dazu gekommen, verdächtige Styroflex-Kondensatoren werden turnusmäßig genauso erneuert wie Treiber, Zenerdioden, alle Zener-Vorwiderstände samt einigen weiteren belasteten Widerständen - oft bleibt auch im ganzen Endstufen-Berich kein einziger Transistor original erhalten. Auch diese Endstufen sind komplett neu bestückt und verkabelt, die Vorstufe ist wie beim A1-X beschrieben ausgetauscht.
Wie inzwischen gewohnt, habe ich auch in diesem Gerät die Drehzahl der offenen Papst-Lüfter auf ein unhörbares Niveau reduziert, man muß nur den eigentlichen Sinn des erzeugten Luft-Querstroms erfasst haben, um zu wissen, das hier ein hoher Durchsatz gar nicht nötig ist: in dem für  die Wärmeentwicklung recht knapp bemessenen Gehäuse wird nämlich nach wie vor die meiste Abwärme an der Deckeloberfläche abgegeben, der Innenlüfter ist einzig zur Vermeidung eines Hitzestaus im Inneren gedacht, zur Abkopplung der Bauteile auf der Platine  von der Deckelhitze - in der Art eines Luftstrom Kälte-Vorhangs, wie Kaufhäuser auf ähnliche Art einen Luftstrom-Wärmevorhang am Eingang besitzen.
Das Gerät hier hat übrigens unter den bisher bearbeiteten A100(X) nicht die leisesten Lüfter, doch das leichte Lagergeräusch (das sich nach Reinigung und Schmierung auch noch legen wird) ist bei der reduzierten Drehzahl auch nahezu unhörbar, man muss schon hineinschauen oder den Luftstrom erfühlen. Die Lüfter sind bei den Geräten an sich kein Schwachpunkt - wohl aber ein anderer Bereich, bei dem die Fertigung immer wieder Sprünge hin gelegt hat: die Ruhestrom-Festlegung.
Die meisten A100(-X) laufen so auf ca. 100W Dauer-Stromaufnahme aus ihrem 150VA-Trafo. Das ist mit den Lüftern im etwas höheren Gehäuse auch akzeptabel und hält für sich genommen auch richtig lange. Nun hat man wie bei der A1(-X)-Serie immer mal wieder variiert und teilweise 50% mehr Ruheleistung vor-eingestellt. Wobei überhaupt nicht klar wird, ob das jeweils Absicht war, oder gar wieder mal eine gelegentliche, versehentliche Fehlbestückung der entsprechenden Widerstände im Megaohm-Bereich - z.B. mit den Werten, die gerade mal beim A1(-X) angesagt waren. Hier wie dort gibt es unter allen Bezeichnungen zwei unterschiedliche Werte für die Endstufen-Ausgangs-Widerstände und so ein halbes Dutzend einfache oder kombinierte Widerstandswerte für die Ruhestrom-Einstellung - die Trafo-Spannungen und -Größen variieren dagegen nicht. Wo immer ich so einen "Heißläufer" erwische, wird er "auf normal runter gedreht".
Oft sind dann auch bereits die Endtransistoren mindestens angeschlagen (man sieht das u.U. an einer veränderten B-E-Kennlinie) und müssen auch erneuert werden. In diesem hier ist wie erwähnt alles auf "neu und richtig" umgebaut.

gereinigte Lüfter hinter den neuen Haupt-Netzteil-Elkos - am unteren Rand die Vorwiderstände im Lüfter-Stromkreis

Die aktuelle Vorstufenplatine, auch deren Versorgung auf höhere Widerstandswerte (links unten, 1,5k an Stelle sonst 820 Ohm) als im A1(-X) umgerechnet.

Rückansicht offen, der ergänzte Quellwahlschalter guckt kaum über den Rand, doch die neuen Endtransistoren sieht man.

Der größte Aufwand und sein Lohn

so hat die Platine direkt nach dem Ausbau ausgesehen. Braune Flecken im Bereich der Zenerdioden - wie immer, ein Folienkondensator in der Phonostufe abgebrochen, zerfledderter Eingans-Wahlschalter, angebrutzelte Netzteil-Entkoppelwiederstände, eine wilde Mischung von Treiber- und End-Transistoren aus vorangegangenen Reparaturen (besser: Versuchen)

der Aufwand des Neuaufbaus beläuft sich bei einem A1 - wenn es gut geht - auf ca. 6 Stunden. Bei diesem Gerät habe ich dann irgendwann lieber nicht mehr auf die Uhr gesehen, das Doppelte war es leicht.

man sieht auf den Bildern: neue Endtransistoren, Leistungswiderstände, Schalter - alles frisch, die Platine ist komplett gewaschen, die Lautsprecher sind innen mit LAPP LIYY 4x1,5mm2-Kabeln verbunden.
Und so ist er jetzt ordentlich, sauber und haltbar. Sogar ein Folienkondensator am Gleichrichter-Eingang ist wie beim A1-X hinzugekommen, das minimiert HF-Störungen von der Netz-Seite.

Über den

Klang

habe ich mich beim A1-X und beim A100 schon ausführlich geäußert, zu diesem A100-X hier kann ich nur sagen: zum Zeitpunkt der Seitenerstellung ist er auch nach einigen Avalons und MA50-Monos immer noch einer der schönsten, besten und wohlklingendsten Musical-Fidelity, den ich je angeboten habe. Er erreicht vielleicht in der Summe der Eigenschaften den Exposure XV nicht ganz, aber er hat auch eine andere Tendenz - und manchem mag das sogar besser gefallen. Könnte man die positiven Eigenschaften dieses A100-X mit denen des Exposure XV kreuzen, dann käme wohl ein viermal teureres Gerät heraus. Beide sind ihr Geld wert, in dieser Preisklasse muss allerdings noch der Geschmack entscheiden.

Auch zu diesem Gerät:
Herzlichen Dank an Mark Hennessy für seinen Vorschlag zum Vorstufen-Umbau!