Vollverstärker

ION Obelisk 2 - 1988

Revision:

  • Alle Elektrolytkondensatoren erneuern
  • Endstufen neue Einstell-Trimmer und neuer Abgleich
  • Bedienelemente reinigen und versiegeln

Eigenschaften:

  • Phono-MM-Eingang Chinch
  • Alle Line-Pegel-Eingänge Chinch
  • Eine Tape-Schleife,
  • CD- und Tuner- Eingang
  • Gehäuse Stahl/Aluminium, Struktur-Lack.

Die Herstellergarantie wurde ganz offensichlich durch Unterlassung verletzt - bei mir gibt's dafür neue...

Zu den britischen "Schuhkarton-" Verstärkern aus der Hifi-Kleinindustrie-Phase der 80er und 90er Jahre ist der ION Obelisk neben z.B. Naim (Nait 1&2), Onix (OA20/21/22) und Mission Cyrus (1/2/ff.) ein weiteres Beispiel, an das ich aber erst recht spät geraten bin, dieser hier ist mein erster Anlauf mit einem Obelisken.
Die Entwicklungssereie ist ja offensichtlich unter verschiedenen Fahnen in den heutigen, im Verhältnis zu damals recht teuren Heed Obelisk übergegangen - zu dem weiß ich wenig - doch dieser Obelisk 2 hier weist ein sehr interessantes Merkmal auf, das ihn eher in eine Verwandschaft mit Sugden, Quad, Creek und Audio Innovations stellt: die asymmetrische, sprich einspurige Versorgung, wie sie  eher in Zeiten der Röhrentechnik gängig war. Hier wird natürlich kein Ausgangstrafo verwendet, das ist mit niederohmigen Transistoren nicht nötig, doch die gleichspannungsfreie Ankopplung der Lautsprecher erfordert einen (relativ großen) Koppelkondensator im Lautsprecher-Kreis.
So ist zwar alles "einfacher" zu versorgen, aber man muß auch jede Stufe zwingend galvanisch entkoppeln - bis hin zum Ausgang, sonst fliegen einem die Lautsprecher um die Ohren.

Immer wieder das Gleiche - und was anders ist...

Typisch für so einen kleinen, nominal schwachen Briten ist die mächtige Versorgung, das sticht bei diesem Obelisken genauso ins Auge wie bei allen direkten Mitbewerbern. Ebenfalls typisch ist die anscheinend recht klein geratene Kühlung, Japaner werden da stets mächtiger ausgestattet - doch haben die Briten das eine unsichtbare Gemeinsamkeit: sie benutzen stets das Gehäuse zur Wärmeabfuhr mit und haben damit große Vorteile gegenüber den thermisch isoliert montierten Fernost-Kühl-Konzepten, denn sie brauchen so auch keine Lüftungsschlitze. Dioe Gehäuse sind geschlossen, bleiben i.d.R. innen sauber und schützen die Bedienelemente weit  besser vor Umwelteinflüssen wie Staub und anderen Luftbelastungen, so auch hier.
Doch es gibt auch ein paar Alleinstellungsmerkmale, der ION hier hat eine Druckschalter-Signalwahl, die mit Kombinationen funktioniert, binär sozusagen - und eben die Elko-Ankopplung der Lautsprecher trotz doppelt ausgeführtem Netzteil, heir hat man wohl lieber jede logische Signalstufe separat versorgt, als nur in zwei Halbwellen zu trennen.
Die Schaltung ist wiederum eher konventionell, alles diskret mit einzelnen Transistoren aufgebaut, der Kühlkörper ist flächig am Bodenblech verschraubt und wärmt so das ganze Gerät mit, es gibt wie so oft in dieser Sparte wahlweise über die Kopfhörerbuchse geführte Lautsprecherausgänge, die schalten ab, sowie ein Klinkenstecker eingeführt wird ("switched"), die anderen Terminals sind für den direkten Anschluss ohne möglicherweise klangmindernde Schaltkontakte im Signalweg.

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Regler, Kopfhörerbuchse, Signal-Umschaltung, Netzschalter

Alles frisch - mal angehört

Wo würde man den Obelisk 2 einordnen?
Er funktioniert nach dem Prinzip des ersten CAS4040 oder einer QUAD303, man merkt ihm an, dass er definitiv nicht dafür gedacht war über einen relativ kleinen Koppel-Kondensator Berge zu versetzen. Diese Schaltungsart schänkt ihn ein wenig auf 8-Ohm-Lautsprecher in kleineren Räumen ein, dann wird nämlich von einem Defizit im Bass überhaupt nichts spürbar, da spielt er seine Karten bestens aus. Wie auch bei den Mitbewerbern gleichen Formats legt der Obelisk vor allem Wert darauf, das für ihn Machbare richtig im Griff zu haben, sich auf auf das Wesentliche zu konzentrieren. Also zeigt er erwartungsgemäß keine extreme Breitbandigkeit, sondern griffige Dynamik, gute räumliche Darstellung und vor allem eine natürliche Darstellung des Stimmbereichs, farbig und verdeckungsarm.
Abgesehen davon, dass das Grundkonzept eine heutzutage seltene untere Begrenzung aufweist, reiht er sich bei einer Gesamtbetrachtung seiner Eigenschaften mitten zwischen den anderen "Kästchen" ein. Mal abgesehen von den Cyrus-Geräten, die in dieser Klasse die "japanischste" Charakteristik haben, liegen Onix, Naim und ION doch nahe beieinander. Sie sind artverwandte Konstruktionen, typisch in ihrer Grundabstimmung. Und meiner Meinung nach ist der Obelisk tatsächlich sogar ein gelungener Kompromiss zwischen Onix und Naim, in Sachen Klangfarben und Dynamik jeweils zwischen den beiden anzusiedeln - natürlich wiederum mit noch anderen Schwerpunkten.
Und obwohl dies mein erster Obelisk ist, muss ich zugeben: man kann ihn als Sammler tatsächlich nicht ignorieren, beim Kombinieren einer kleinen, britischen Kette ist der ION einfach in der ersten Wahl, je nach den anderen Komponenten sicher oft mal sogar die beste...

Anmerkung Sommer 2016

Die Ruhestrom-Einstellung des Obelisken erwies sich bei später bearbeitetem Obelisk 3 mit X-Pack als durchaus heikel, inzwischen weiß ich auch, dass je nach verwendeten Leistungs-Transistoren, Isolierscheiben und Emitter-Widerständen die Ruhestrom-Einstellung umzurechnen, eventuell auch zu erproben und anzupassen ist. Was in dem einen im Netz zugänglichen Schaltplan steht, ist also mit äußerster Vorsicht zu genießen, wenn nicht gar als falsch zu bezeichnen, der Wert ist für den Durchschnitts-Obelisken zu hoch. Was man mit Sicherheit behaupten kann: bei ca. 10mA pro Kanal bleibt alles immer thermisch stabil. Zwischen ca. 12mA und 20mA allerdings findet sich stets ein Punkt, bei dem das Gerät thermisch "kippen" kann. Lässt man es an einem Lastwiderstand heiß laufen und der Ruhestrom ist oberhalb dieser Grenze eingestellt, neigt er dazu sich mit der Erwärmung schlagartig aufzuschaukeln, die lokale Erwärmung steigert dann den Ruhestrom, dieser wiederum die Erwärmung - bis zu Zusammenbruch durch Überhitzung. Man sieht das, indem man eben die Stufe unter Beobachtung der Spannung an den Emitterwiderständen durch kurzes Aufdrehen unter Last "anheizt" und dann beobachtet, ob der durch Erwärmung erhöhte Ruhestrom bei Entlastung stets sofort wieder fällt. Tut er das nicht, besteht äußerste Ausfall-Gefahr, sofort abschalten und erst mit einer niedrigeren Einstellung wieder anfahren. Empirisch haben sich für das getestete Exemplar ca. 13mA optimaler, sicherer Ruhestrom ergeben. Mein Obelisk1-Eigengerät habe ich darauf hin nochmals demselben Test unterzogen - mit dem Ergebnis, dass der Ruhestrom dort bereits optimal lag.