Vollverstärker

Harman Kardon HK 6900 schwarz

Verkauft im Herbst 2016 komplett komplett revidiert, Preis 969,- €

Revision:

  • Erneuerung aller Elkos
  • aufwendige Reinigung und Versiegelung aller Bedienelemente
  • Nachlöten aller Lötstellen
  • Austausch der alten Abgleich-Trimmer gegen neue hochwertige Bourns-25-Gang-Spindeltrimmer
  • präziser Abgleich nach mehrstündigem Lauf
  • incl. orig. Bedienungsanleitung (deutsch+mehrsprachig)

Der HK 6900 ist nach dem HK 6950R "nur" die Nummer zwei dieser Harman-Serie, nennenswerte Unterschiede zwischen beiden gibt es jedoch lediglich auf der Ausstattungsseite, im Grunde schenken sich beide fast nichts. Zu erwähnen wären höchstens die geringfügig verschiedenen Nenn-Daten und das etwas ältere Platinen-Layout des HK6800/6900, das wurde nämlich beim HK6950R zusammen mit der PA2200-Endstufe in Details überarbeitet. Der Unterschied "nach unten" zum HK6800 dagegen ist deutlicher, denn der kleine Bruder hat "nur" einen M-Kern-Trafo und eine "abgespeckte" Endstufe mit nur je zwei Paaren Leistungs-Transistoren/Kanal an einem halb so hohen Kühlkörper (Ringkern, je 3 Paare Leistungs-Transistoren, volle Kühlkörper-Höhe beim HK6900/6950R).

Wer also auf eine Fernbedienung und eine auftrennbare Vor-Endstufe verzichten kann, der greife getrost zum HK 6900.

So ein Harman...

...macht mitunter viel Arbeit. Zumindest, wenn man, wie wir, bis in die hinterste Ecke vordringt. Letzten Endes wird man mit einem hervorragenden Vollverstärker belohnt, der einen immer wieder mit seiner detailreichen Spielfreude verblüfft, die einen die unheimlich Kraft, die dahinter steckt,  kaum erahnen lässt. Der Harman ist im besten Sinne ein Wolf im Schafspelz.

Was beim Konzept des HK6800/6900/6950R/PA2200 wohl sehr zu dem legendären Klang beiträgt, ist die komplette Abwesenheit bestimmter Endstufen-Verzerrungen. Ich erinnere mich gut, wie es bei Industrie-Verstärkern Vorführungen in den 90ern stets hieß: wenn Sie einen weicheren Klang wollen, dann eher den Harman. Inzwischen weiß ich: das lag/liegt nicht am Fehlen von Höhen, sondern am Fehlen von "Schmutz". Denn wie z.B. bei den Musical Fidelity A-Geräten, den meisten Röhren-Push-Pull-Konzepten und explizit bei den Geräten nach der Abacus-Rieder-Konzeption arbeiten vor allem die hier genannten Harmans völlig ohne lokale Strom-Gegenkopplung in der Ausgangs-Stufe. Das führt im Datenblatt ganz beiläufig zu der Anmerkung, die TIM-Verzerrungen seien nicht messbar - Hintergrund ist, dass bei diesem Schaltplan bereits ihre Entstehung im Ausgangs-Kreis nahezu unmöglich ist.   

Von vorn bis hinten

Die großen Harmän(n)er schenken dem Bearbeitungfreudigen zunächst mal nichts, wenn man sie wieder in Bestform bringen möchte. Es ist alles derart verbaut, dass am Ende der Demontage, die viel Zeit verschlingt, ein großes Puzzel vor einem ausgebreitet liegt. Weiß man hier um die richtige Reihenfolge, so ist dies natürlich von großem Vorteil. Erst dann beginnt die eigentliche Arbeit.

Neben dem Austausch sämtlicher Elkos (bis auf die großen Lade-Elkos des Netzteils) steht das Nachlöten aller Lötstellen an, Platine für Platine. Bei dem Preamp-Board und dem der Treiber-Platine gestaltet sich das noch relativ einfach, da diese noch am einfachsten zugänglich sind, da mir "relativ" wenigen Griffen ausbaubar. Der Rest ist Geduldssache.

Dass wir es allerdings so aufwendig treiben, hat einen einfachen Grund. Ließe man etwas aus, beispielsweise den Switch der Videoein- und -ausgänge, die in Zeiten von HDMI und 4k eingentlich niemand mehr ernsthaft benutzt (ganz im Sinne von "braucht man eh nicht mehr"), und käme es hier zu einem Fehler, defekter/ausgelaufener Elko etc, würde das den Harman lahmlegen und das ganze ginge wieder von vorne los. Daher diese Gründlichkeit.

High-Fidelity at it´s best

Am Ende der Prozedur ist der Harman natürlich noch nicht ganz fertig. Da alle Elkos neu sind, muss er erst einmal durch eine längere Einspielphase. Dann aber...

...lässt der Harman eigentlich keinen Wunsch mehr offen. Man hat die Qual der Wahl: mit Klangregelung, ohne Klangregelung via Preamp, oder ohne den Preamp direkt von der Quelle nur über das Lautstärkepoti in die Endstufe, selbst Puristen vermag er dann zu befriedigen. Doch so gering sind die Unterschiede hier gar nicht. Während beim Betrieb nur über die Endstufe der Klang eher in Richtung seidig weich anmutet, ohne dabei zu verfärben oder gar zu verwaschen, packt der Preamp noch eins an Direktheit und Analytik oben drauf. Der Klang bekommt dann so richtig "Biss", ganz im positiven Sinne. Das einzige mir bekannte Gerät im selben Format ist der AU-X 1von Sansui, der das dann noch weiter toppt. Nur spielen dann die weiteren verwendeten Komponenten eine zunehmende Rolle, positiv ausgedrückt ist der Harman keine solche arge Diva.

Einerlei, an dieser Stelle bemerkt man die Durchdachtheit und Weiterentwicklung bekannter und bewährter Konzepte. Der Harman als "Stangengerät" verhält sich unnatürlich spielfreudig, eben ganz anders, als man es von einem Gerät vom Fließband erwarten würde. Er strahlt durch seine Kraft eine rundum unaufdringliche Souveränität aus, so dass ich fast geneigt bin, ihm Understatement zu unterstellen. Von den Abmessungen her ist er auch nicht größer als andere Fabrikgeräte wie z.B. der weit verbreitete Kenwood KA 5040 oder dergleichen, die jedoch keine vergleichbaren inneren Werte liefern. Und auf die kommt es ja letztendlich an.