Vollverstärker

Harman Kardon PM645

Revision:

Nach Bedarf, z.B.:

  • Reinigen und Versiegeln aller Bedienelemente
  • Austausch aller (kleinen) Elektrolstkondensatoren
  • Nachlöten der Platinen

Eigenschaften:

  • schwarzes Gehäuse mit gebürsteter, eloxierter Aluminium Strangguß-Front
  • Phono MM
  • 2 Line Eingänge
  • 2 Tape Schleifen
  • Klangregelung
  • 2 Lautsprecherschalter
  • Kopfhörerausgang
  • Balance-Regler
  • bass contour
  • subsonic
  • high cut
  • tape copy
  • Stereo/Mono/Reverse-Schalter

Das Gerät war ursprünglich als Kunden-Reparaturauftrag angekommen, die Kundin hat allerdings nach einem längeren Telefongespräch den Auftrag in den Kauf eines HK6800 mit Inzahlunggabe gewandelt und der sorgfältig fix und fertig überarbeitete PM645 war damit bei mir übrig, hier jetzt als Einsteigergerät mit Klasse im Angebot.

Was hat er bekommen?

in dieser Preisklasse beschränke ich mich üblicherweise auf volle und nachhaltige Wiederherstellung der Funktion. Einen quasi-Neubau durch kompletten Wechsel sämtlicher Elektrolytkondensatoren mache ich bei solchen Einsteiger-Geräten eher selten, jedenfalls nicht ohne Not oder Kunden-Auftrag, eine Frage der Verhältnismäßigkeit und auch nicht bei jedem Gerät wirklich den Aufwand wert. Dieser PM645 ist allerdings in Sachen Elkos noch gut erhalten und wird dem Käufer auch ohne "recapping" noch jahrelang Freude bereiten. Er kam mit defekter Endstufe - das passiert, denn die Lötstellen im Treiberbereich lockern sich öfters mal. Die Endstufen-Reparatur (umfassendes Nachlöten der Platinen inklusive) ist für mich aber nur Nebensache - der gefährliche Verschleiß ist mit den Zinn-Arbeiten ja weg, der unangenehme Verschleiß dagegen bleibt erst mal:
aussetzende Schalter und Regler zeigen diese Geräte mehr oder weniger alle, nach 25 Jahren nagt nicht nur bei Harman der Zahn der Zeit bereits spürbar an sämtlichen elektromechanischen Bedienelementen. Hier ist das Hauptproblem wiederum das Silber bzw. versilberte Kontaktoberflächen. Unter denen sind die wenigsten noch blank, manche schwarz (das ist nicht so schlimm, Silber-Oxide auf den Oberflächen verhalten sich zahm, machen wenig Probleme), manche braun. Und braun bedeutet Silber-Sulfat, hier ist im Laufe der Jahre aus Quellen wie Küche, Zigarettenrauch oder Gummi-Weichmachern Schwefel in der Oberfläche eingebaut worden. Und so was setzt aus, typisch sind Kanalaussetzer mit plötzlich wiederkehrender Lautstärke an Potis und Umschaltern, aber auch Verzerrungen - ich konnte an solchen Schaltern schon regelrecht S-förmige Kennlinien am Komponententester darstellen, ein typischer VDR (spannungsabhängiger Widerstand). Das erzeugt ein Verzerrungs-Spektrum wie bei einer B-Endstufe im empfindlichen Nulldurchgang, macht quadratische Verzerrungen bei höheren Pegeln.
Mit so einem Schalter irgendwo im Signalweg erübrigt sich jedenfalls jede Kabel-Diskussion und Geräte wie das angebotene haben mehrere solche Bedienelemente im Signalpfad. Sind diese Schalter intakt, gibt es wiederum kaum irgendwelche besseren Signal-Übergänge im analogen Bedienelemente-Bereich, auch der hochwertigste elektronische Schalter/Regler hat damit verglichen etliche Pferdefüße.

Ist also an sich alles gut bei dem PM645, solange die Silberflächen sauber sind. Und hier sehen Sie die geleistete Hauptarbeit ansatzweise:
Alle Bedienelemente raus, zerlegen, Silber polieren, zusammensetzen und mit Schutzöl (ich verwende das hauchdünne, harzfreie Cramolin "Schutz") gegen Lufteinfluß sichern.

Das ist die Hauptarbeit, die in diesem Gerät steckt, das dauert stundenlang, es darf ja auch nichts dabei beschädigt werden. Vernietete Potentiometer landen ausgebaut im Ultraschallbad mit Silber-Reiniger, nur kurz, aber wirkungsvoll, die sonstige Behandlung ist wie bei den Schaltern. Eine Besonderheit gab es bei diesem Gerät noch: ich habe nach Service-Manual natürlich den Ruhestrom neu abgeglichen, der PM645 besitzt im Gegensatz zu seinen größeren Geschwistern keinen Offset-Feinregler um den Lautsprecherausgang auf exakt 0V Gleichspannung einzustellen (frei nach Henry Ford: Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputt gehen). Nach dem Manual darf die Offset-Spannung maximal 50mV erreichen, das Gerät hatte auf einem Kanal über 20mV - macht beim Einschalten einem kleinen, einseitigen "Plopp" - da ich ihn ohnehin schon offen hatte, habe ich ihm zwei Sätze neue Eingangs-Transistoren verpasst, so dass jetzt beide Ausgänge im niedrigen, einstelligen Millivolt-Bereich liegen und kein Einschalt-Geräusch mehr zu hören ist.

Und? Brauchbar?

Das Gerät hatte ich inzwischen zwei Mal während Reparaturen an lokale Kunden ausgeliehen - der eine wollte fast gegen seinen einen Blaupunkt-Hitachi tauschen, der andere hatte großes Lob für diesen "kleinen Harman", als er seinen großen wieder geholt hat.

Das kann ich nur bestätigen, meinen Kenwood-Angeboten (KA-4040/5040R) ist er "über" - nicht in der Maximal-Leistung, aber im Feinsinn. Wer also meinetwegen eine Zweitanlage preiswert bestücken möchte und Schrott-Geräte dafür dennoch ablehnt: hiermit kommt er weit für's Geld.